Herausforderungen für die ASG 2005

Thesen zur neuen Linkspartei von Christine Buchholz.

Mit der Gründung der Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit – die Wahlalternative (ASG) am 22.1. 2005 in Göttingen, hat der Aufbau einer wählbaren Alternative zu den etablierten Parteien eine wichtige Hürde genommen. Kein Jahr ist es her, dass sich mit der Gründung des Vereins “WASG” ehemalige Sozialdemokraten, Gewerkschafter und verschiedene Aktive aus der globalisierungskritischen Bewegung und der politischen Linken zusammengetan haben, um die rot-grüne Regierung unter Schröder auch auf der Wahlebene herauszufordern.
Bis spätestens zur Bundestagswahl im Herbst 2006 muss sich die ASG als Wahlalternative in den Bezirken aufgestellt haben, um ihr Ziel zu erfüllen, den Millionen Menschen eine Stimme zu geben, die sich von den Parteien und speziell der SPD nicht mehr vertreten fühlen. Aber wie kann sie diese Herausforderung meistern?
Folgende Thesen versuchen eine Einschätzung der politischen Situation und der Aufgaben für die ASG zu geben. Sie sind als Diskussionsangebot an alle Interessierten in- und außerhalb der ASG gerichtet.

1. Die Offenheit für die ASG ist da – wenn sie ihre Alternative offensiv in die Öffentlichkeit trägt.
Die ASG hat die wichtigsten Alternativen zur neoliberalen Politik auf den Punkt gebracht: Sie steht für die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums und Investitionen in öffentliche Dienste, sie steht für die Demokratisierung der Wirtschaft und eine Unterwerfung der Wirtschaft unter die Bedürfnisse der Menschen. Die ASG hat in ihrem Gründungsprogramm und in verschiedenen Stellungnahmen Alternativen zur neoliberalen Politik aufgezeigt. Das Publikum für diese Ideen ist riesig – es liegt an uns, diese Alternativen bekannt zu machen.
Im krassen Gegensatz hierzu steht die Bilanz der rot-grünen Regierung: Die Politik der letzten 7 Jahre war durch den größten Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik gekennzeichnet. Sie hat einen Wandel der sozialen Sicherungssysteme herbeigeführt, der katastrophale Folgen für die Armutsentwicklung auf der einen und das Absinken der Löhne auf der anderen Seite haben wird.
Die rot-grüne Regierung versucht sich derzeit sozial zu geben: Franz Müntefering versucht zu beschwören, die Zumutungen seien jetzt vorbei. Die NRW-SPD begibt sich offensiv in die Nähe des DGB, um den Ruch der kalten neoliberalen Partei loszuwerden. Sie muss das tun, wenn sie Wähler gewinnen will. Die politische Kultur in Deutschland ist immer noch das, was der Politikwissenschaftler Gerd Mielke als „wohlfahrtsstaatlich und damit linkslastig“ bezeichnet. 44,3 % der Bevölkerung ordnen sich dementsprechend „links von der Mitte“, nur 26,4 % rechts von der Mitte ein.
Die Bundesregierung hat ihre Ziele nicht erreicht. Dem neuesten Armutsbericht zufolge hat sich die Kluft zwischen Arm und Reich unter Rot-Grün weiter aufgetan. Hartz IV hat keine Jobs geschaffen. Die mit 5.037 Millionen angegebenen Rekordarbeitslosenzahlen vom Februar sind ein Beispiel für das Scheitern der Schröderregierung. Stattdessen zeichnet sich ab, dass die Arbeitsmarktreform vor allem dazu dient, den Billiglohnsektor auszuweiten.
Die Agenda 2010 ist ein neoliberaler Dammbruch. Obwohl die dreißig DAX-Unternehmen 2004 ihre Profite um 60 % steigern konnten, schlägt Wirtschaftsminister Clement weitere Steuerentlastungen für die Unternehmer vor.
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Einführung von Studiengebühren im Erststudium zeichnet sich ein weiterer sozialer Konflikt an, der die Regierung unter Druck setzt. Denn obwohl sie für ein Verbot von Studiengebühren ist, so lassen Minister von rot-grünen Länderregierungen bereits jetzt durchscheinen, dass auch sie sich dem Sog nicht entziehen werden können.
Der leichte Aufwind, den die SPD im Winter in Umfragen hatte, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die CDU nicht in der Lage ist, eine glaubwürdige Alternative zu präsentieren. Aber auch darauf, dass die ASG es noch nicht geschafft hat, sich als Alternative zu positionieren.

2. Der Aufbau einer politischen Alternative ist ein wichtiger Beitrag, um die Bewegung gegen Sozialabbau wieder in die Offensive zu bringen.
Die ersten Jahre der rot-grünen Bundesregierung nach 1998 waren noch von der Hoffnung geprägt, sie würde bald soziale Politik machen. Der Widerstand gegen die ersten Angriffe der Regierung fiel sehr verhalten aus.
Mit der Gründung von Attac und der sich entwickelnden Bewegung gegen Krieg, Sozialabbau und die neoliberale Globalisierung, bekamen die Kräfte im gewerkschaftlich-sozialdemokratischen Lager Auftrieb, die bereit waren für die Verteidigung des Sozialstaates zu kämpfen – auch gegen Rot-Grün. 100.000 Menschen demonstrierten am 1.11. 2003, organisiert von Attac, linken Gewerkschaftern, Erwerbslosenverbänden und linken Gruppen, gegen die Agenda 2010. Eine halbe Million beteiligte sich am 3.4. 2004 bundesweit in drei Städten am europäischen Aktionstag gegen Sozialabbau – diesmal hatte der DGB mitmobilisiert.
Die Bewegung hat vielen Menschen Mut gemacht. Aber diese Bewegung hatte keine politische Repräsentanz. Viele Aktive aus der Bewegung gegen den Sozialabbau engagierten sich deshalb nach dem 3.4. in der Wahlalternative, um diesen Mangel zu beheben. Sie wuchs in Windeseile auf gut 6000 Mitglieder bis Ende des Jahres 2004.
Das Ausbleiben jeglicher Zugeständnisse von Rot-Grün spitzte die Konflikte in den Gewerkschaften wieder zu. Wichtige Strömungen des DGB suchten die Annäherung an die SPD. Sie sahen keine Alternative zur rot-grünen Regierung und dem befürchteten größeren Übel der schwarz-gelben Opposition. Den Protesten am 3.4. folgte keine Protesteskalation, die Bewegung gegen Sozialabbau flaute ab. Überdeckt wurde diese Veränderung durch die Dynamik der Montagsdemonstrationen, die aber auch daran scheiterte, dass die gewerkschaftliche Unterstützung gerade im Westen zu gering war.
Das Erpressungsargument der SPD – „Zu uns gibt es keine Alternative“ – wirkt umso besser, solange es quasi den Tatsachen entspricht. Deshalb ist der Aufbau einer ernsthaften Alternative so wichtig, um die Logik des kleineren Übels auszuhebeln.
Mit ihrem politischen Aktionsprogramm und der Formulierung gesellschaftlicher Alternativen kann die ASG einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Alternativlosigkeit zu durchbrechen. Sie kann helfen, die Blockaden in den Köpfen vieler Aktivisten und in wichtigen Teilen der Gewerkschaftsapparate zu überwinden und die Bewegungen gegen den Sozialabbau wieder in die Offensive bringen.

3. Durch die Politik der Bundesregierung ist ein Vakuum entstanden. Aber Politik kennt auf Dauer kein Vakuum. Wenn die ASG es nicht füllt, tun es andere.
Das Zeitfenster für den ASG-Aufbau hat sich geöffnet. Es ist wichtig, jetzt den Aufbau einer breiten Front gegen den Neoliberalismus voranzubringen. Tun wir das nicht, kann der Erfolg von zwei Seiten her gefährdet werden:
Es ist durchaus möglich, dass ein Teil der Bewegungen angesichts einer zu schwachen Alternative zurück in den Schoß der SPD kehrt. Genau das ist im vergangenen Jahr mit einem Teil der Gewerkschaftsbewegung geschehen – auch wenn dieser Prozess nicht ohne Widersprüche geschehen und nicht unumkehrbar ist. Für viele – und zwar nicht nur in der Führung, sondern in allen Ebenen der Gewerkschaften – ist die SPD trotz allem das kleinere Übel.
Die größte Gefahr ist, dass Naziparteien, vor allem die NPD, das Vakuum von rechts füllen. Der Einzug in den Sächsischen und Brandenburger Landtag muss uns eine Warnung sein. Die extreme Rechte kann von der Verzweiflung der Menschen profitieren.

4. Die ASG macht bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen ihren ersten Testlauf. Sie braucht die finanzielle und personelle Unterstützung der ganzen ASG und ihrer Sympathisanten.
Die vordringlichste Aufgabe der ASG ist es, soziale Alternativen aufzuzeigen. Für die Millionen Menschen, die nicht wissen was sie wählen sollen, ist es entscheidend, Zuversicht und Argumente zu verbreiten, dass eine andere Politik möglich ist. Das Gründungsprogramm der ASG benennt die etablierten Parteien und die Wirtschaft als die Verantwortlichen für die Politik des Sozialabbaus und leistet damit einen wichtigen Beitrag, die Sündenbockhetze von NPD und anderen Rechten zu untergraben. Deshalb kommt dem Parteiaufbau eine zentrale Rolle zu. Jedes Mitglied erhöht das Gewicht der ASG und ihre Handlungsfähigkeit.
Insbesondere der Landtagswahlkampf in NRW wird zum Dreh- und Angelpunkt, denn es wird eine wichtige Wahl für Schröder. Das Potential für die ASG ist groß im ehemaligen Kernland der Sozialdemokratie.
Ob wir ein beachtliches Ergebnis erreichen oder gegebenenfalls sogar in den Landtag einziehen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die ASG sollte aber alles tun, um den Wahlkampf zu unterstützen: mit Finanzen und mit Wahlkampfhelfern, die die Kollegen in NRW unterstützen.
So können wir nicht nur die ASG in NRW aufbauen, sondern das Projekt über den NRW-Wahlkampf auch in der gesamten Bundesrepublik bekannt machen.

5. Die sozialen Bewegungen und damit auch die ASG stehen vor der Herausforderung, der Standortkonkurrenz einen neuen Internationalismus entgegenzusetzen.
In Deutschland war die Tradition der Sozialpartnerschaft lange Zeit prägend. Und immer noch ist es die Auffassung von vielen in den Gewerkschaften, dass es ihre Aufgabe sei, einen Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit zu finden.
Dabei hat der andere Sozialpartner, das Kapital, unter den geänderten ökonomischen Bedingungen den Nachkriegskonsens aufgekündigt und ist zum offenen Klassenkampf zurückgekehrt.
Es ist der Versuch der Unternehmer in Zeiten wirtschaftlicher Krise und verschärfter Konkurrenz ihre Profite auf dem Rücken der Beschäftigten zu sichern. Als bewusste Strategie werden neue Spaltungen produziert. Belegschaften werden in Konkurrenz zu Belegschaften in anderen Werken und anderen Ländern gesetzt, junge Arbeitnehmer gegen alte, Kernbelegschaften gegen prekär Beschäftigte, Deutsche gegen Migranten.
Für die Gewerkschaften und sozialen Bewegungen ist es entscheidend, sich gegen die Standortlogik zu wenden und stattdessen auf die internationale Gegenwehr zu orientieren, um auf dieser Grundlage eine neue, alle soziale Gruppen einbeziehende Solidarität aufzubauen.
Mit der Beteiligung am europäischen Aktionstag am 19.3. in Brüssel gegen Neoliberalismus, Rassismus und Krieg leistet die ASG einen praktischen Beitrag dazu.
Um Anschluss an die Debatten der globalisierungskritischen Bewegung zu bekommen, wäre eine möglichst große Beteiligung von Aktiven und Sympathisanten der ASG am Sozialforum in Deutschland, das im Juli 2005 in Erfurt stattfindet, sinnvoll.

6. Das Erstarken der NPD ist eine Herausforderung für die ASG. Wir sollten mit anderen den Widerstand gegen die NPD organisieren und gleichzeitig die Debatte über die sozialen Ursachen des Erstarkens von Naziparteien führen.
Die soziale Krise und das Fehlen einer glaubwürdigen, bundesweiten linken Alternative hat den Neonazis Raum gegeben, aufzubauen.
Die NPD fungiert als Sammelbecken von gewaltbereiten, freien Kameradschaften bis hin zu den Biedermännern. Der ehemalige Republikaner-Chef Schönhuber ist inzwischen zum “europapolitischen Sprecher” der NPD geworden.
Die NPD präsentiert sich als soziale Alternative. Sowohl in Sachsen als auch in Schleswig-Holstein hat sie die Regierung vor allem über Hartz IV angegriffen. In Wirklichkeit möchte die NPD eine neue faschistische Massenbewegung aufbauen. Mit dem Einzug in den Bundestag 2006 beabsichtigt sie, ihre rassistische, den Nationalsozialismus verherrlichende Propaganda noch breiter zu streuen und die Menschen zu spalten. Mit ihren Ausfällen zum 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz im sächsischen Landtag hat sie ihr wahres Gesicht gezeigt.
Um den 8. Mai herum spitzt sich die Lage noch einmal zu. Die NPD will am Tag der Befreiung vom Faschismus am Brandenburger Tor „gegen die Befreiungslüge“ aufmarschieren und somit Nazideutschland glorifizieren. DGB und SPD sowie ein breites Bündnis haben bereits zur Gegendemo aufgerufen. Wir sollten dies aufgreifen und uns an einem neuen “Aufstand der Anständigen” beteiligen. Dabei wird es wichtig sein, dafür zu argumentieren, dass versucht wird, die NPD tatsächlich mit einem breiten, aber entschlossenen Bündnis direkt daran zu hindern, zu marschieren.
Zugleich brauchen wir eine sichtbare Präsenz der ASG als linke, soziale Alternative und eine Debatte über die Politik, die der NPD den Boden bereitet hat. Denn nicht ein Verbot wird die NPD stoppen, sondern die entschlossene Konfrontation mit der größtmöglichen Anzahl von Menschen auf der Straße und die Existenz einer Alternative, die den Menschen ihre Würde und eine soziale Perspektive zurückgibt.
Die Beteiligung an dieser Bewegung kann exemplarisch zeigen, wie die ASG über eine enge Verbindung mit außerparlamentarischen Bewegungen diese stärken und zugleich selbst wachsen kann. Sie beteiligt sich am Aufbau der Bewegung und bekommt so eine Glaubwürdigkeit. Sie wirkt in ihr, indem sie die drängenden politischen Fragen aufwirft und versucht, Menschen zu organisieren.

7. Eine bundesweite anti-neoliberale Linke wäre nötig, um die Kräfte zu bündeln. Darum ist eine Klärung des Verhältnisses der ASG zur PDS nötig.
Das Wählerpotential für eine neue Linkspartei liegt bei 10-15 %. Nun gibt es links von der SPD mit der PDS eine weitere politische Kraft. Wie stellt sich die ASG zur PDS?
Der PDS ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, das linke Wählerpotential in Westdeutschland zu erreichen. Sie ist eine Ost-Partei geblieben und ist für wichtige Teile des ehemals sozialdemokratischen Wählerspektrums wegen ihrer Vergangenheit und ihrer Regierungspolitik in Berlin nicht wählbar. Bei einer eigenständigen Kandidatur wird die PDS wohl kaum über 5% kommen.
Die Gefahr besteht, dass sich PDS und ASG in gewissem Umfang Stimmen abnehmen. Es wäre daher sinnvoll zu kooperieren, um den anti-neoliberalen Block zu stärken und sich nicht dem Vorwurf der Spaltung der Linken auszusetzen.
In der Praxis versucht die PDS momentan der ASG das Wasser abzugraben. Mit 350.000 Euro und Unterstützung aus dem Bundesgebiet will der PDS-Bundesverband der NRW-PDS im Wahlkampf unter die Arme greifen und die ASG marginalisieren.
In NRW wird die ASG ihre Eigenständigkeit unter Beweis stellen müssen. Darüber hinaus wäre es ein gutes Signal der ASG, die PDS zu einer Debatte über eine mögliche Zusammenarbeit aufzufordern.
Ein Teil in der PDS hat das verstanden und ist demgegenüber aufgeschlossen. So spricht der Europaabgeordnete André Brie davon, dass die PDS sich anderen Kräften gegenüber öffnen sollte, die bereit sind, der Ablehnung des neoliberalen Gesellschaftsumbaus eine Stimme zu geben.
Das bundesdeutsche Wahlrecht erlaubt es nicht, Listenverbindungen zu bilden. Deshalb ist eine gemeinsame Kandidatur nur über den Verzicht einer Partei oder die Fusionierung der Kräfte möglich. Eine Kandidatur über eine offene Liste der PDS ist aus Perspektive der ASG auch nicht machbar, da man nur die Probleme der PDS auf die ASG übertragen würde. Dieses Problem betrifft vor allem die Beteiligung an Regierungen wie dem rot-roten Sparsenat in Berlin oder der Koalition in Mecklenburg-Vorpommern. Die neoliberale Politik der PDS in den besagten Regierungen ist das größte Hindernis für die Bildung einer anti-neoliberalen Linken.
Gemeinsame Gespräche sollten ohne Vorbedingungen beginnen. Klar muss allerdings auch sein, dass ein Zusammengehen mit einer PDS, die im Verbund mit der SPD Sozialabbau betreibt oder dies toleriert, nicht vorstellbar ist.
Eine gemeinsame Kandidatur würde nur Sinn machen als ein gesamtdeutscher Neubeginn, der es sich zur Aufgabe macht, die Stimme gegen Neoliberalismus zu erheben und den außerparlamentarischen Widerstand zu stärken.

8. Die geschilderten Aufgaben kann die ASG nur bewältigen, wenn sie ihre politische Breite erhält und ausbaut sowie gleichzeitig eine Diskussionskultur entwickelt, in der die verschiedenen Strömungen ihre Positionen austauschen können, ohne den gemeinsamen anti-neoliberalen Grundkonsens in Frage zu stellen.
Die ASG ist eine Sammlungsbewegung von Gegnern neoliberaler Politik aus einem breiten politischen Spektrum. Die Zusammenarbeit von ehemaligen SPDlern, Gewerkschaftsfunktionären, Anhängern von christlichen Basisgruppen, sozialistischer Organisationen, kurz: Menschen aus ganz unterschiedlichen Traditionen und Generationen, kann nur funktionieren, wenn ein konsensfähiges Reformprogramm die gemeinsame Grundlage aller Mitglieder der ASG ist.
Konflikte, die aus verschiedenen Ansichten oder Traditionen entstehen, sind unvermeidbar. Sie müssen politisch gelöst werden.
Das bedeutet auch, dass die ASG sich selbst überflüssig macht, wenn sie sich ein sozialistisches Programm gäbe, weil sie so einen Großteil der für die ASG gewinnbaren Menschen ausschließen würde.
Ebenfalls falsch ist es, aus der ASG einfach nur eine „neue SPD“ machen zu wollen. Die SPD als SOZIALdemokratische Partei ist an der Stagnationskrise des Kapitalismus und dem Druck internationaler Konkurrenz gescheitert.
Deshalb müssen wir uns die Frage stellen, ob und wie wir unsere Konzepte umsetzen können.
Um nur einige Erfahrungen zu nennen: Erstens haben die Zentralen Investitionsprogramme der Bundesregierung 1979-81 oder auch die Investitionsprogramme in Japan im letzten Jahrzehnt die wirtschaftlichen Krisentendenzen nur herausgezögert. Dauerhaft und nachhaltig wurden die wirtschaftlichen und sozialen Probleme nirgendwo gelöst. Zweitens müssen wir uns im Klaren darüber sein, dass wir mit unseren Forderungen die Eliten angreifen und auf Widerstand stoßen werden. Schon Lafontaine bekam als Finanzminister die volle Breitseite der Wirtschaftslobby zu spüren – dabei waren seine Vorschläge längst nicht so weitgehend wie das, was in unserem Gründungsprogramm steht.
Das heißt in letzter Konsequenz, dass wir uns nicht vor der Diskussion drücken können, ob die von uns geforderten Reformen im Kapitalismus umsetzbar sind.
Es gibt die verschiedensten Antworten auf diese Frage. Niemand kann sich anmaßen, die einzig richtige zu kennen. Wir sollten diese Positionen kontrovers diskutieren, ohne die Einheit in der Praxis in Frage zu stellen.
Nur so können wir eine lebendige Partei werden, die viele Menschen aus der allgemein verbreiteten politischen Apathie reißt.

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