Aufstehen gegen Sozialabbau

Kanzler Schröder kämpft mit dem größten Widerstand in SPD und Gewerkschaften seit seinem Amtsantritt vor fünf Jahren.


Die DGB-Demonstrationen am 1. Mai werden sich gegen Sozialabbau richten. Vom 12. bis 17. Mai ruft die IG Metall dann zu Aktionen in 170 Städten auf. Für den 17. Mai ruft ver.di zur Großdemonstration gegen Sozialabbau in Berlin auf. Treffpunkt ist um fünf vor zwölf am Potsdamer Platz, Abschluss um 14.00 Uhr am Großen Stern. (Infos: verdi.de)

Am 14. März, kurz bevor US-Präsident Bush tonnenweise Bomben auf den Irak abwerfen ließ, trat Kanzler Schröder vor den Bundestag, um dem Sozialstaat den Krieg zu erklären. Arbeiter, Arbeitslose, Kranke, Rentner – Schröders Plan zum Sozialabbau "Agenda 2010" trifft jeden, der nicht reich oder Unternehmer ist.
Die Regierung hatte gehofft, ihre Attacke während Bushs Krieg unbemerkt führen zu können. Doch obwohl CDU, FDP und Bosse den Kanzler unterstützen, ist sein Plan nicht aufgegangen. Gewerkschafter und SPD-Mitglieder führen einen Aufstand gegen die Agenda 2010.
Linke Mitglieder der SPD-Fraktion haben ein Mitgliederbegehren gegen Schröders Pläne gestartet – das erste Mal in der Geschichte der Partei. Der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Tönnes wurde beim Landesparteitag abgewählt, weil er Schröders Kürzungen verteidigte. Nach seiner Abschiedsrede klatschte niemand.
Die Unruhe an der SPD-Basis ist so groß, dass Schröder gezwungen war, einen Sonderparteitag am 1. Juni zuzulassen, den er wochenlang verhindern wollte. Der Kanzler und sein Fraktionschef Müntefering waren vom Widerstand überrascht. Generalsekretär Scholz beschwerte sich über angebliche "konspirative Treffen". Offenbar haben die hohen Herren der SPD keine Ahnung mehr, was normale Menschen denken. Denn schon seit fünf Jahren macht Schröder dieselbe Kürzungspolitik wie sein CDU-Vorgänger Kohl.
Schröder machte eine Steuerreform, die Städte zugunsten von Konzernen in die Pleite treibt. Er machte auch eine Rentenreform, die Arbeitern nach Jahrzehnten im Beruf weniger Rente einbringt, obwohl sie mehr einzahlen mussten.
Fünf Jahre lang haben SPD-treue Gewerkschaftsführer wie der IG Metall-Vorsitzende Zwickel die Unzufriedenheit ihrer Mitglieder niedergehalten oder in Diskussionsveranstaltungen abgelenkt. Während die Gewerkschaften gegen Kohls Kürzungen hunderttausende auf die Straße mobilisiert haben, tun sie bisher nichts gegen Schröders unsoziale Politik.
Zwickel behauptet: "Wir haben zu dieser Regierung keine politische Alternative – deshalb kann totale Konfrontation nicht unser Kurs sein." Tatsächlich ist es jedoch gerade der rot-grüne Sozialabbau, der die CDU stärkt. Die Rechten gewinnen Wahlen, ohne dass sie mehr Stimmen bekommen, weil Millionen frühere SPD-Wähler enttäuscht zu Hause bleiben.
Immer mehr Menschen wollen die Politik der Regierung nicht mehr hinnehmen. In der IG Metall wurde der kämpferischere Jürgen Peters gegen den Willen Zwickels als dessen Nachfolger nominiert. Zwickel wollte ursprünglich den Schröder-Anhänger Huber durchsetzen.
Unter dem Druck der Basis haben die Führungen von IG Metall und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auch schon Proteste gegen Schröders Reformpläne angekündigt. Am 1. Mai sollen zahlreiche Demonstrationen gegen Sozialabbau organisiert werden.
Vom 12. bis 17. Mai ruft die IG Metall zu Aktionen in 170 Städten auf. ver.di veranstaltet in Berlin eine Großdemonstration gegen Sozialabbau.
Die Zukunft des Sozialstaats hängt davon ab, ob wir diese Proteste ausweiten können. Die Gewerkschaften haben die Kraft, den Angriff Schröders zurückzuschlagen. 1997 scheiterte Kohl beim Versuch, die 100-prozentige Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu kippen. Streiks bei Daimler verhinderten den Plan.
Auch in Frankreich, Spanien und Italien haben Gewerkschaften in den vergangenen Monaten riesige Proteste bis zum Generalstreik gegen Sozialabbau organisiert. Eine solche Bewegung in Deutschland könnte die Reformpläne Schröders stoppen.

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