Mixa, von der Leyen und die Linke

Die Diskussion über Familienministerin von der Leyens Vorstoß, 500.000 zusätzliche Kindergrippenplätze zu schaffen, ist voll entbrannt. Im Moment ist bei Talkrunden, wie bei Christiansen augenfällig, dass im wesentlichen aus der Perspektive bürgerlicher Frauen diskutiert wird – über die Vereinbarkeit von „Karriere“ und Kind. Für die Mehrheit der Erwerbstätigen Frauen steht nicht die berufliche „Karriere“ auf der Tagesordnung, sondern die Frage, wie die Kinderbetreuung finanziert werden kann. Deswegen ist neben der ideologischen Auseinandersetzung um die gesellschaftliche Rolle der Frau auch die Frage der Finanzierung umstritten.

Der Augsburger Bischof Mixa wirft von der Leyen vor, Frauen nur noch als „Gebährmaschinen“ zu begreifen, die ansonsten den Markt mit billigen Arbeitskräften überschwemmen. Damit knüpft Mixa implizit an einer Position an, die im vorvergangenen Jahrhundert von einer sozialistischen Strömung, den Lassaleanern, vertreten wurde: dass die Erwerbstätigkeit von Frauen im Kapitalismus zu Lasten der Arbeiterklasse ginge, weil die Männer durch die weibliche Billiglohnkonkurrenz unter Druck gesetzt würden (die Lassaleaner gingen allerdings im Gegensatz zu Mixa davon aus, dass Frauenerwerbstätigkeit im Sozialismus selbstverständlich sein würde). Clara Zetkin hatte dagegen die Position vertreten, dass die Frauenerwerbstätigkeit bereits im Kapitalismus ein unerlässliches Ziel für Sozialisten sein müsse, weil durch die eigenständige Lohnarbeit der Frau die materielle Unabhängigkeit vom Manne gewährleistet und ein gleichberechtigtes Miteinander im Klassenkampf erst ermöglicht würde. Die Geschlechterkonkurrenz kann nur so überwunden werden – nicht indem die Frauen vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden.

Wir begrüßen den Vorschlag der Familienministerin nach Ausbau des Betreuungsangebotes, weil er Frauen mit Kind real den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert. Allerdings ist die Finanzierungsfrage noch nicht geklärt. Der Ausbau würde 3 Milliarden Euro kosten. Die SPD schlägt vor, die anstehende Erhöhung des Kindergeldes einzufrieren, was fast 2 Milliarden einbrächte und will den Rest über Kürzungen beim Ehegattensplitting reinholen. Die erste Maßnahme ist unsozial, weil sie vor allem die Bedürftigen Familien trifft. Die zweite Maßnahme würde hingegen tatsächlich die Besserverdiener (ab 150.000 € /Jahr) treffen, wird deswegen allerdings von der CDU abgelehnt. Von der Leyen will den Ausbau von Ländern und Kommunen finanzieren lassen – offen ist, wie, denn die kommunalen Kassen wurden durch die neoliberale Steuerpolitik der vergangenen Jahre bereits enorm geschröpft. Es ist entscheidend, dass die Linke für die unentgeltliche Bereitstellung von Krippen- und Kitaplätzen eintritt. Wir lehnen Gebührenregelungen hier ab; auch wenn sie nach Einkommen gestaffelt angesetzt werden, weil dies in der Regel nur ein Türöffner für allgemeine Gebühren ist, welche dann den sozial Schwachen den Zugang verschließen. Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder die Einführung der Vermögenssteuer könnten hingegen die nötigen Mittel sozial gerecht freimachen.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass dieselbe Familienministerin, die jetzt mehr Kinderkrippenplätze durchsetzen will, letztes Jahr das Elterngeld eingeführt und das einkommensunabhängige Erziehungsgeld abgeschafft hat. Dieser Schritt bedeutet eine Verschlechterung für etwa 155.000 Arbeiterfamilien, deren Bezugsdauer sich von vormals 24 Monaten auf nun maximal 14 Monate drastisch verkürzt hat. Profitiert haben besser verdienende Paare aus der Mittelschicht.

Von der Leyen vertritt das Interesse der Unternehmer an einer großen Auswahl hoch qualifizierter Arbeiterkräfte. Gering qualifizierte Arbeitskräfte sind im Überfluss vorhanden. Das Kapital sieht keinen Bedarf, diese Menschen zu fördern.

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