SPD-Krise schafft Öffnung für die Linke

Die zwei Abstimmungen im Bundestag zur Rente mit 67 und dem Tornado-Einsatz in Afghanistan haben noch einmal das Kernprojekt der Großen Koalition umrissen: Sozialabbau nach innen und fortschreitende Militarisierung nach außen. Beides hängt zusammen: Maßnahmen wie die Rente mit 67 und die geplante Unternehmenssteuersenkung zielen darauf ab, auf Kosten der lohnabhängig Beschäftigten die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Konzerne zu stärken. Die Rückgewinnung einer wirtschaftlichen Führungsrolle durch höhere Wachstumsraten ist aus der europäischen und deutschen Sicht der Schlüssel für ein stärkeres weltweites militärisches Gewicht und Engagement. Eine höhere allgemeine Ausbeutungsrate ist die unverzichtbare Voraussetzung für ein wirtschaftliches und damit politisch-militärisch starkes und geeintes Europa. Afghanistan ist insbesondere für die Europäer der zentrale Testlauf für eine künftig weltweite militärische Präsenz.

Obwohl die Große Koalition beide Abstimmungen gewonnen hat (mit vielen Abweichlern bei der Tornado-Abstimmung), steht sie vor großen Problemen. Die SPD ist in den Meinungsumfragen abgestürzt. Franz Müntefering und Ludwig Stiegler führen den Absturz übereinstimmend darauf zurück das, so Stiegler „die Rente mit 67 bei unser Stammwählerschaft unpopulär ist“. Die gewerkschaftliche Mobilisierungen gegen die Rente mit 67 haben sich direkt in eine Beschleunigung der Ablösung von der SPD umgesetzt – insbesondere in den gewerkschaftlichen Milieus. Die Krise des Hamburger SPD-Landesverbandes signalisiert, das die SPD, da sie außer unpopulärer neoliberaler Politik nichts anzubieten hat, auf Funktionärsebene hochgradig anfällig für Grabenkämpfe und Spaltungen ist.

Diese Krise der SPD wird dadurch beschleunigt das die deutsche herrschende Klasse sich immer tiefer in den afghanischen Sumpf begibt. Journalisten und alliierte Kommandeure, die in Afghanistan sind beziehungsweise waren, gehen davon aus, das die NATO den Krieg schon verloren hat, weil der Rückhalt des Widerstands in der Bevölkerung durch die Brutalität der Besatzer täglich zunimmt. Trotzdem werden im großen Stil Truppen nach Afghanistan verlegt – Großbritannien, Kanada und Holland planen eine Aufstockung ihrer Kontingente. Afghanistan läuft schnell auf eine Situation wie im Irak hin: Weil die imperialistischen Mächte ihre Niederlage nicht hinnehmen können, erhöhen sie ständig die Einsätze – zum Schaden der afghanischen Bevölkerung.

In ganz Europa steigt die Ablehnung gegenüber dem Afghanistan-Krieg, in Deutschland sind 77 Prozent gegen den Tornado-Einsatz. trotzdem sagte Peter Struck in der Bild am Sonntag, die Bevölkerung solle sich darauf einstellen, das der Krieg „10 Jahre und länger“ dauern kann, mit Toten und Verletzten. Damit drückt er die Entschlossenheit der Herrschenden aus, den Krieg bis zum bitteren Ende durchzuziehen. Der Afghanistan-Krieg kann für die europäischen Regierungen werden, was der Irak-Krieg für die amerikanische herrschende Klasse ist: Ein stetiger Quell der Destabilisierung und Spaltung der Herrschenden und der Fokus für eine internationale Bewegung.

Aus dem Gesagten ergeben sich zwei Konsequenzen:

a) Die Krise der SPD ist der Rahmen, indem sich die Gründung der Linken vollzieht – die historische Chance der Linken ist, innerhalb der Gewerkschaften einen Alternative zur Sozialdemokratie aufzubauen. Das wurde letzte Woche Montag bei den gewerkschaftlichen Protesten bei der Renten-Abstimmung deutlich. 2.500 Demonstranten, hauptsächlich aus den Gewerkschaftsjugenden waren nach Berlin gekommen – mobilisiert von den unteren Gewerkschaftsgliederungen vor allen aus Baden-Württemberg und Niedersachsen und das teilweise gegen den erklärten Willen der gewerkschaftlichen Führungen. Die WASG kam super an, knapp 400 Exemplare der „Neuen Linken“ wurden verteilt, Klaus Ernst erntete für seine Rede den größten Beifall. Kurzum: Der Bedarf an einer linken Alternative zur SPD ist innerhalb der Gewerkschaften riesig. Das sollte der Startpunkt für alle Debatten um den Parteibildungsprozess sein.

b) Der Afghanistan-Krieg wird über Jahre hinweg eine Achillesferse dieser und folgender Regierungen sein. Die Linke hat eine Riesenchance zu punkten, wenn sie das Profil „Bundeswehr raus aus Afghanistan“ ausbaut und bei jedem öffentlichen Auftritt vorbringt. (Lesetipp)

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