Kanzler Schröder behauptet, die Kürzungspläne seiner Agenda 2010 brächten Arbeitsplätze. Das Gegenteil ist richtig.Auf der Internetseite der Regierung steht: "Natürlich ist es die wichtigste Aufgabe, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, um neue Arbeitsplätze zu schaffen." Laut Schröder führen Steuerentlastungen für Unternehmen zu mehr Gewinnen, die investiert werden und so Arbeitsplätze schaffen.
Die Senkung der Lohnnebenkosten, Steuersenkungen und Lohnkürzungen erhöhen zwar die Profite. Doch diese werden nicht automatisch investiert, und Investitionen sind nicht automatisch Arbeitsplätze. Denn Unternehmen schaffen nur Arbeitsplätze, wenn sie davon zusätzliche Profite erwarten. Genau das passiert zurzeit jedoch kaum. Denn die Welt steckt gerade in ihrer vierten großen Krise seit Beginn der 70er.
Eifrig verbreitet Finanzminister Eichel zusammen mit Arbeitgeberverbänden die Lüge, dass den Unternehmen Geld für Investitionen fehle. Zu Hohe Löhne und Lohnnebenkosten schmälern angeblich die Gewinne und zwängen Betriebe zu Entlassungen. In Wirklichkeit sind laut Bundesbank die Arbeitnehmerentgelte (einschließlich des Arbeitgeberanteils an den Sozialabgaben) von 1994 bis 2002 um 18 Prozent, die Einkünfte aus Unternehmertätigkeit und Vermögen hingegen um 27 Prozent gestiegen. "Als Konsequenz der Unternehmensteuerreform, die zu einer geringeren Belastung durch Ertragsteuern führte", stellt der konservative Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ("Wirtschaftsweise") fest, "erzielten vor allem die Kapitalgesellschaften hohe Gewinnzuwächse nach Steuern."
Doch mit den hohen Gewinnen wird eher an Börsen spekuliert, statt Arbeitsplätze zu schaffen. So hat der Technologiekonzern mg technologies sich 1993 im großen Stil mit Öl verspekuliert. In nur zwei Monaten haben die Manager unglaubliche 1 Milliarde Euro verzockt. Bei der anschließenden Sanierung des fast bankrotten Unternehmens wurden von 62.500 Beschäftigten 39.600 entlassen.
Selbst wenn Konzerne in die Produktion von Waren und Dienstleistungen investieren, werden dadurch oft mehr Arbeitsplätze vernichtet als geschaffen. So wurden in den letzten Jahren mehr als 90 Milliarden Euro verschwendet, um Telekommunikationsnetze zu verlegen, die jetzt nur zu 10 Prozent ausgelastet sind. Politiker behaupteten noch vor drei Jahren, Arbeitsplätze würden von der Industrie in die "New Economy" "verlagert".
Doch mittlerweile liegen die Aktienkurse der großen Unternehmen durchschnittlich nur noch bei der Hälfte der Werte vom März 2000. In Europa wie in Nordamerika sind eine Reihe großer Konzerne vom Bankrott bedroht und ihre Arbeiter von Massenentlassungen. Laut Financial Times sind die Aussichten für die größten europäischen Industrieunternehmen selten trostloser gewesen als heute. In einer solchen Situation halten sich die meisten Unternehmen mit Investitionen zurück und verschlimmern die Arbeitslosigkeit dadurch weiter. Übrig geblieben ist ein weit höherer Abbau von Stellen im produzierenden Gewerbe, als beispielsweise in der Telekommunikation dauerhaft geschaffen wurden.
Das passierte, weil alle möglichen Firmen weit mehr Produkte auf den Markt geworfen haben, als verkauft werden konnten. Gleichzeitig führten Lohnsenkungen dazu, dass die Menschen immer weniger kaufen konnten. Die Unternehmen konnten den Arbeitern nicht mehr zahlen, weil sie damit ihre Profite beschnitten hätten und dann im Wettbewerb zurückgefallen wären. So entstand eine riesige "Überproduktion" an Internet- und Telekommunikationsdienstleistungen. Die ersten Unternehmen der Branche gingen pleite und mussten die neu geschaffenen Stellen wieder vernichten.
Die Arbeitslosigkeit führte dazu, dass die Nachfrage nach den Produkten aller Firmen nachlässt und diese wiederum Arbeiter entlassen. Letztendlich werden Arbeiter dazu gebracht, weniger zu kaufen, weil zu viel hergestellt wird.
Teilweise kann durch Investitionen in neue Technologien und Maschinen zwar eine höhere Produktivität und ein Vorteil gegenüber Konkurrenten erreicht werden. Oft führen solche "Rationalisierungen" aber ebenso zum Abbau von Arbeitsplätzen.
Als Der Kapitalismus in den 50ern in Westdeutschland noch boomte, hatte auch fast Jeder Arbeit. Denn in einem wirtschaftlichen Aufschwung investieren Unternehmen oft in Erweiterungen ihrer Produktion, die tatsächlich zu mehr Arbeitsplätzen führen. Schon damals behaupteten Politiker, die Marktwirtschaft habe ihre Krisen endgültig überwunden. Heute werden die Gewinne der Unternehmen hingegen entweder gar nicht investiert, oder zur Rationalisierung verwendet.
Rationalisierungsmaßnahmen und Arbeitslosigkeit sind keine "Reaktion auf die Verteuerung des Faktors Arbeit", wie der Deutsche Industrie- und Handelstag behauptet, sondern die Folge der Krise des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Sozialabbau und niedrige Löhne werden die Arbeitslosigkeit nicht verringern, weil sie die Wirtschaftskrise nicht mindern werden. Stattdessen ist es sinnvoll, sich gegen die Sozialkürzungen der Regierung und die Angriffe der Unternehmer zu wehren, um zu verhindern, dass die Krise dieses absurden Wirtschaftssystems auf uns abgewälzt wird.
Archive
- September 2007
- Juni 2007
- Mai 2007
- April 2007
- März 2007
- Februar 2007
- Januar 2007
- Dezember 2006
- November 2006
- Oktober 2006
- September 2006
- August 2006
- Juli 2006
- Juni 2006
- Mai 2006
- April 2006
- März 2006
- Februar 2006
- Januar 2006
- Dezember 2005
- November 2005
- Oktober 2005
- September 2005
- August 2005
- Juli 2005
- Juni 2005
- Mai 2005
- April 2005
- März 2005
- Februar 2005
- Januar 2005
- Dezember 2004
- November 2004
- Oktober 2004
- September 2004
- August 2004
- Juli 2004
- Juni 2004
- Mai 2004
- April 2004
- März 2004
- Februar 2004
- Januar 2004
- Dezember 2003
- November 2003
- Oktober 2003
- September 2003
- August 2003
- Juli 2003
- Juni 2003
- Mai 2003
- April 2003
- März 2003
- Februar 2003
- Januar 2003
- Dezember 2002
- November 2002
- Oktober 2002
- September 2002
- August 2002
- Juli 2002
- Juni 2002
- Mai 2002
- April 2002
- März 2002
- Februar 2002
- Januar 2002
- Dezember 2001
- November 2001
- Oktober 2001
- September 2001
- August 2001
- Juli 2001
- Juni 2001
- Mai 2001
- April 2001
- März 2001
- Februar 2001
- Januar 2001
- Dezember 2000
- November 2000
- Oktober 2000
- September 2000
- August 2000
- Juli 2000
- Juni 2000
- Mai 2000
- April 2000
- März 2000
- Februar 2000
- Januar 2000
- Dezember 1999
- November 1999
- Oktober 1999
- September 1999
- August 1999
- Juli 1999
- Juni 1999
- Mai 1999
- April 1999
- März 1999
- Februar 1999
- November 1998
- Mai 1998
- Dezember 1997
- August 1997
- Juni 1997
- Februar 1997
- August 1988
Kategorien
- Afrika
- Allgemein
- Anti-Atom-Bewegung
- Anti-Kriegs-Bewegung
- Anti-Nazi-Bewegung in der BRD
- Antifaschismus
- Antikapitalismus
- Arbeiterbewegung
- Asien
- Bildung
- Börse
- Buchrezensionen
- DDR
- Deutschland
- Europa
- Filmkritik
- Frauenbefreiung
- Geschichte
- Gewerkschaften
- Globalisierungskritik
- Großkonzerne und Privatisierung
- Imperialismus
- International
- Ist Gewalt ein legitimes Mittel?
- Kosovo
- Kultur
- Lebensmittel und Gesundheit
- Linkspartei
- Marktwahnsinn
- Mittelamerika
- Mumia Abu-Jamal
- Musik
- Naher und Mittlerer Osten
- Nahost: Afghanistan
- Nahost: Irak
- Nahost: Iran
- Nahost: Israel / Palästina
- Neue Rechte in Europa
- Nordamerika
- Organisation
- Parlament & Wahlen
- PDS
- Rassismus
- Sozialdemokratie und Reformismus
- Sozialforen
- SPD
- Staat und Parlament
- Studentenproteste
- Süd-Ost-Asien
- Südamerika
- Theorie & Hintergründe
- über Linksruck
- Umweltschutz
- Unis und Hochschulen
- UNO
- USA
- Warum gibt es Wirtschaftskrisen?
- Weimarer Republik und 3. Reich
- Woher kommen die Ideen der Menschen?