Die großen Fische jagen

Gegen die Zerschlagung des Sozialstaates hat sich in Nordrhein-Westfalen das landesweite Bündnis Soziale Bewegung NRW gegründet. Dort arbeiten unter anderem Gewerkschaften, Sozialverbände, Kirchen und attac zusammen. Frank Eßers sprach mit Rüdiger Heescher von attac.


Rüdiger Heescher ist Sprecher der attac-AG gegen kommunalen Ausverkauf NRW und Sprecher des Sozialforums Witten. Kontakt: 02302 / 401 427, Email: heescher@attac.de

Warum hat sich das Bündnis Soziale Bewegung NRW gegründet?

Hartz-, Gesundheits- und Rentenreform und die Agenda 2010 ließen ein solches Bündnis notwendig erscheinen. Auch das "Düsseldorfer Signal" der Landesregierung spielte eine Rolle.

Was will das Bündnis tun?

In erster Linie werden wir für die Organisationen, Initiativen und Verbände vor Ort Material, Referenten und Know-How bereit stellen.

Regierung, Unternehmer und Medien behaupten, dass der Sozialstaat in der jetzigen Form nicht mehr bezahlbar sei. Stimmt das?

Wir von Attac haben immer wieder auf die Unsummen von Gelder hingewiesen, die jeden Tag unserem Sozialstaat hinterzogen werden. Angefangen von der Steuerflucht in Steueroasen bis hin zur Wirtschaftskriminalität.
Wenn wir nur genug Steuerbeamte einstellen würden, die auch den großen Fischen nachjagen, als nur dem kleinen Kioskbesitzer, dann hätten wir schon nach Meinung der alternativen Ökonomen in unserem wissenschaftlichen Beirat mehr als 127 Milliarden pro Jahr mehr im Staatssäckel.

Gerhard Schröder hält die Reformen, die Agenda 2010, für nötig, um den Sozialstaat überhaupt erhalten zu können…

Die Agenda 2010 ist der Anfang für die Zerschlagung des Sozialstaates. Es hat in keinster Weise etwas damit zu tun, dass damit der Sozialstaat erhalten werden kann. Es ist der Einstieg in die Wettbewerbsgesellschaft, fördert ein Bewusstsein von Sozialdarwinismus und nicht den Erhalt oder Ausbau einer Solidargesellschaft.

Gewerkschaften sind ein Teil des Bündnisses. Welchen Beitrag können bzw. sollten sie Deiner Meinung nach leisten?

Gewerkschaften bilden in unserer Gesellschaft ein unschätzbares Bindeglied und sind zugleich auch historisch gesehen ein Ausgleich von Interessen für eine gerechtere Gesellschaft.
Zur Zeit sind sie in unserem Bündnis in NRW der Motor, der es ermöglicht hat so ein breites Bündnis auf die Beine zu stellen. Daher kann man auf sie auch gerade in der Hinsicht auf Mobilisierungsfähigkeit für kommende Aktionen nicht verzichten.

Die Gewerkschaftsführungen haben nach Gesprächen mit Kanzler Schröder die Proteste gegen die Agenda 2010 – zumindest vorübergehend – eingestellt. Widerspricht das nicht der Arbeit im Bündnis?

In NRW sieht die Situation anders aus. Die verordnete Sommerpause von Michael Sommer ist hier wirkungslos. Gewerkschaften wie ver.di, GEW, NGG und GdP haben sich hier in NRW dazu entschieden weiter gegen den Sozialabbau zu kämpfen.

Welche Bedeutung haben die Sozialforen für die Arbeit Eures Bündnisses?

Bei den Treffen in Düsseldorf sind immer Vertreter der lokalen Sozialforen anwesend, die von erster Hand Kontakte zu ihren jeweiligen Bündnispartnern vor Ort vermittelt bekommen. Die Sozialforen und Initiativen sind dann viel schneller in der Lage vor Ort zu agieren und auch gemeinsame Aktionen zu planen. Hier bieten sich sogar auf Landesebene konzertierte, dezentrale Aktionen durchzuführen an, was wir auch in Zukunft vorhaben. Dieses sind aber noch ungelegte Eier. Wir stehen hier erst am Anfang.

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