Standpunkt: Politischer Islam unter Konkurrenzdruck


160.000 Soldaten haben die Besatzungsmächte im Irak. Wie vor 50 Jahren haben diese Truppen den Irakern nichts als Tod und Zerstörung gebracht. Deshalb kämpfen die Menschen auch heute wieder gegen ihre Unterdrücker. Allerdings betrachten viele Kämpfer im Irak heute ihren Widerstand auch als eine Verteidigung des Islam.
Doch auch wenn zurzeit religiöse Organisationen der größte und stärkste Teil des Widerstands sind, wollen die meisten Kämpfer gegen die Besatzung keinen neuen Folterstaat wie im Iran errichten. Stattdessen kämpfen sie für Demokratie und Freiheit
Obwohl im Moment die schiitischen Organisationen das größte und stärkste Rückgrad des Widerstandes stellen, sind nicht alle gläubige Schiiten automatisch fanatische Gotteskrieger. Für die meisten spielt die islamische Religion eine ähnliche Rolle, wie das Christentum für die Menschen in Europa. Die Zugehörigkeit zu einer Konfession sagt überhaupt nichts über die politische Heimat dieser Menschen aus.
Natürlich gibt es aber trotzdem starke Organisationen des politischen Islams, aber sie sind nicht die einzigen. In Bagdad gibt es zum Beispiel ein Indymedia Zentrum. Kriegsgegner müssen verstehen, dass es dort innerhalb der Bewegung auch eine politische Konkurrenz zwischen religiösen und sekulären Kräften gibt. Wie und ob sich dort eine fortschrittliche und internationalistische Linke entwickeln kann wird davon abhängen, wie sich die Kriegsgegner im Westen zu dieser Bewegung positionieren.
Die radikalen Islamisten behaupten "der Westen" würde einen Kreuzzug gegen "den Islam" führen – eine Ansicht, der Bushs Rhetorik vom "Kreuzzug" in die Hände spielt – aber jede Demonstration gegen die Besatzung und für das Selbstbestimmungsrecht der Iraker zeigt den Menschen im arabischen Raum das es nicht den "Westen" gibt und das die Linien nicht zwischen den Religionen oder Nationen, sondern zwischen unten und oben verlaufen. Wenn wir hier eine starke Bewegung gegen Besatzung auf die Straße bringen, schlagen wir Bush und den Fundamentalisten die Argumente aus der Hand und stärken den Rücken der Linken im Irak.

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