Pinochet verhaftet Lebenslänglich für den Massenmörder!

Fast genau 25 Jahre nach seinem Putsch in Chile wurde der General Augusto
Pinochet in einem Londoner Krankenhaus verhaftet. Pinochet ist verantwortlich
für mindestens 4.000 Tote – darunter der 1970 gewählte Präsident
Salvador Allende. Alleine direkt nach dem Putsch wurden Hunderte Gewerkschafter
und Sozialisten im Fußballstadion von Santiago de Chile zusammengetrieben,
wo sie an Eisengitter gekettet und zu Tode gequält oder erschossen
wurden. 250.000 wurden sofort verhaftet, die meisten gefoltert.

Carlos Reyes, Mitglied von Allendes Sozialistischer Partei, erzählt:
"Ich verbrachte die nächsten zwei Jahre unter Folter in den Folterkammern
beim Präsidentenpalast. Ich wurde an den Armen aufgehängt und
geschlagen. Sie standen in Gruppen um mich herum und schlugen mich mit
Stangen und allem, was sie finden konnten. Sie spielten mir die Tonbandaufnahmen
von schreienden Kindern vor und erzählten mir, es wären meine
eigenen."

Gerechtigkeit

Die britische Ärztin Sheila Cassidy, selbst Folteropfer,
meinte nach der Verhaftung Pinochets in London: "Er soll den Rest
seines Lebens im Gefängnis bleiben. Ich wünschte bloß,
das wäre viel früher geschehen." Aber es ist nicht früher
geschehen. Obwohl Pinochet 1990 die formale Macht an ein Parlament abgegeben
hatte, blieb er noch jahrelang Oberster Befehlshaber der chilenischen Armee.
Sein Rückzug in die Rente wurde ihm von der Regierung mit einer Generalamnestie
versüßt – und mit dem Posten eines Senators auf Lebenszeit.
Jahrelang wurde Pinochet selbst dann noch hofiert – die Labour-Regierung
hat ihm bei seinen Besuchen einen VIP-Status eingeräumt! Bei seinem
aktuellen Besuch ist Pinochet als Vertreter einer Waffenfirma nach London
gekommen um Waffen zu kaufen – das Außenministerium hatte seine Sicherheit
garantiert.

Heuchelei

Jetzt endlich gibt es einen Haftbefehl gegen Pinochet. Aber
warum zögert Tony Blair, den Massenmörder vor Gericht zu stellen?
Alle Welt redet von der neuen ethischen Außenpolitik, von der Verantwortung
der westlichen Demokratien für die Menschenrechte in aller Welt. Aber
diejenigen, die am lautesten nach Tornado-Einsätzen gegen Serben rufen
und Raketenangriffe auf Irak, Sudan und Afghanistan befürworten –
die US-Regierung, bürgerliche Presse und Konservative in England –
machen jetzt Druck, um Pinochet vor dem Gefängnis zu bewahren. Warum
wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Der Putsch war, wie der spanische
Generalstaatsanwalt Jesús Cardenal meint, lediglich die "vorübergehende
Aussetzung der verfassungsmäßigen Ordnung zu dem Zweck, die
Unzulänglichkeiten dieser Ordnung zu beseitigen und den öffentlichen
Frieden wieder herzustellen." Allendes Regierung, die Pinochet ermorden
ließ, sei zwar demokratisch gewählt gewesen, aber sie hätte,
wie der Daily Mirror anmerkt, "eine Serie von Maßnahmen durchgeführt,
die weder in ihrem Wahlprogramm standen, noch der Verfassung entsprechen.
Land wurde beschlagnahmt und Betriebe verstaatlicht." Deswegen sei
der Putsch gerechtfertigt gewesen. Pinochet hat die US-Investitionen und
die Unternehmerinteressen geschützt, englische Waffen gekauft und
Thatchers Falklandkrieg unterstützt. Und anders, als zum Beispiel
Saddam Hussein, hat Pinochet nie versucht, eigene Interessen gegen die
USA durchzusetzen – das ist der Grund für die unterschiedliche Behandlung.
Dabei ist Pinochet genauso ein Verbrecher, wie Tudjman, Milosevic oder
Hussein. Aber in der Außenpolitik geht es nicht um Menschenrechte,
Demokratie oder Gerechtigkeit – es geht den Herrschenden immer nur um ihre
Interessen. Deswegen war zu Redaktionsschluß dieser Zeitung war noch
fraglich, ob Pinochet vor Gericht und ins Gefängnis kommt oder nicht.

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