„Wir lassen uns nicht spalten“

Gemeinsame Kämpfe von Muslimen und Nicht-Muslimen am Arbeitsplatz haben eine lange Tradition in Deutschland.

Rassismus nützt Bossen

Rot-Grün unternimmt nichts gegen die Hetze der Rechten gegen Muslime.
Die Botschaft der Panikmache vor Muslimen droht anzukommen und von den tatsächlichen Problemen in unserer Gesellschaft abzulenken: Im April stimmten bei einer Umfrage 45 Prozent der Aussage zu, dass der Islam eine Bedrohung für die ‚westliche Welt’ sei. Das sind 10 Prozent mehr als im Oktober 2001.
Ab nächstem Jahr werden 800.000 Arbeitslose wegen Hartz IV keinerlei staatliche Unterstützung mehr bekommen. Muslimische Einwanderer sind davon besonders betroffen. Sie könnten Bündnispartner einer Bewegung gegen Schröder und einer neuen Linken sein.
Welche Bedeutung Rassismus als Ablenkungs- und Spaltungsmanöver hat, hat Ex-Bundeskanzler Kohl (CDU) demonstriert, als seine Regierung zwei Jahre nach der Wiedervereinigung die „Das-Boot-ist-voll”-Kampagne startete, um aus dem Zustimmungstief heraus zu kommen.
Die Wirtschaftswoche schrieb damals: „So konnte es wirklich nicht mehr weitergehen: Alle Welt redete nur noch von Inflation und Rezession, höheren Steuern … Die Wähler wandten sich in Scharen der Opposition zu. Es musste etwas geschehen. Und es geschah: Bundesinnenminister Schäuble schob ein neues Thema ins Rampenlicht: Die Asylantenfrage.“
Die Folge waren brennende Unterkünfte und Häuser von Ausländern in Rostock, Hoyerswerda, Mölln und Solingen.
Rassistische Vorurteile gegen Muslime drohen heute einen gemeinsamen Widerstand gegen die Politik von Rot-Grün zu spalten und nutzen den Konzernen und Reichen, mit deren Geld Schulen finanziert und Ausbildungsplätze geschaffen werden könnten.
Der deutsche Revolutionär Karl Marx warnte bereits 1870 vor der Gefahr, die rassistische Vorurteile für die Arbeiterklasse bedeuten: „Rassismus bietet den weißen Arbeitern den Trost an, zu glauben, selbst Teil der herrschenden Gruppe zu sein. Zusätzlich bietet er in Zeiten der Krise einen Sündenbock in Gestalt der unterdrückten Gruppe an.“

Am 3. April sind 500.000 Menschen unterschiedlicher Religion und Herkunft dem Aufruf der Gewerkschaften und der globalisierungskritischen Bewegung gefolgt und haben gegen den Sozialkahlschlag von Rot-Grün demonstriert.
Gemeinsame Kämpfe von Muslimen und Nicht-Muslimen am Arbeitsplatz haben eine lange Tradition in Deutschland.
Erfolgreiche Kämpfe zeigen, dass es zugleich möglich und wichtig ist, dass antirassistische Positionen an Einfluss gewinnen.

Ein Beispiel dafür ist der Streik der Bauarbeiter 2002: „Zuletzt hatten auf 2.837 Baustellen über 32.000 Bauarbeiter gestreikt. Mit dabei: Viele ausländische Kollegen. Ohne ihr solidarisches Verhalten wäre es schwieriger gewesen, Druck auf die Unternehmen auszuüben“, so die Einschätzung der Baugewerkschaft IG BAU.
Auf deutschen Baustellen arbeiten für Hungerlöhne viele illegal in Deutschland lebende ausländische Arbeiter. Der Streik war erfolgreich, weil die Gewerkschaft für einen gemeinsamen Mindestlohn gekämpft hat.
Sie druckte Broschüren in zwölf Sprachen, mobilisierte so auch die ausländischen Arbeiter und argumentierte entschlossen gegen rassistische Vorurteile unter den Kollegen.
In Berlin scheiterte der Versuch der Bau-Unternehmer, den Streik mit eingeflogenen Streikbrechern aus dem Ausland zu torpedieren, an entschlossenen Bauarbeitern. Die Streikposten verhinderten den Einsatz bezahlter Schlägertrupps und überzeugten die ausländischen Kollegen, den Streik zu unterstützen.
Als diese abzogen, wurden sie von den Streikposten mit „Hoch die internationale Solidarität!“-Rufen verabschiedet.

Ein weiteres Beispiel ist der spontane Streik 1973 bei Pierburg, einer Vergaserfabrik in Neuss.
Pierburg hatte die Bandgeschwindigkeiten ins Unerträgliche erhöht, um seine Profite zu steigern.
Die von sehr gefährlichen ätzenden Chemikalien besonders betroffenen ausländischen Frauen, die nur 4,70 DM Stundenlohn bekamen, legten als erste die Arbeit nieder.
Schon am ersten Tag prügelte die Polizei auf die Streikposten ein. Pierburg sperrte die Streikenden aus. Diese versuchten andere Arbeiter für den Streik zu gewinnen.
Ein türkischer Arbeiter hielt eine Rede: „Kolleginnen und Kollegen, wir müssen jetzt zusammenhalten. Pierburg darf uns nicht spalten. Gestern hat mir der Personalchef 4 DM mehr die Stunde geboten, wenn ich meine Landsleute zur Arbeit rufe. Meine Antwort: Ich bin nicht käuflich!“
Die Streikenden überreichten jedem am Werkstor eine Rose mit den Worten: „Übt Solidarität!“
Nach einigen Tagen zogen die deutschen Facharbeiter mit. Die Bevölkerung half mit Lebensmitteln, das gemeinsame Warten auf die Verhandlungsergebnisse auf dem Werkshof wurde zum Volksfest.
Ein deutscher Arbeiter erklärte: „Dies ist der schönste Tag meines Lebens. Heute halten wir zusammen, das habe ich noch nie erlebt. Pierburg kann uns nicht schaffen!“

Die gemeinsamen Erfahrungen haben das Verhältnis von ausländischen und deutschen Arbeiterinnen und Arbeiter grundlegend verändert. Sie haben Vorurteile als falsch erkannt und sich gegenseitigen Respekt erworben.

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