Die Stimme der Bewegung

Auf ihrem Gründungsparteitag in Dortmund diskutierten die Delegierten der WASG Anfang des Monats, wie die Linkspartei sozial gerechte Politik durchsetzen kann.

Manfred Sträter eröffnet den ersten Parteitag der WASG in Dortmund. Er ist Spitzenkandidat für die Wahlen in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai.

120.000 Unterstützer haben mit ihren Unterschriften ermöglicht, dass die neue Linkspartei in allen 128 Wahlkreisen antreten kann. Manfred erklärt diesen Erfolg: „In Dortmund spricht der Oberbürgermeister nicht über die 50.400 Erwerbslosen, von denen 42.472 dauerarbeitslos sind und denen 3600 offene Stellen gegenüberstehen. Er spricht nicht über den Punker, der von Neonazis ermordet wurde oder von den drei Rechtsextremisten im Stadtrat.
Die Politik des Sozialabbaus muss gestoppt werden. Sonst entsteht zunehmend Schaden für die Demokratie. Darum: WASG wählen. Wir stehen hinter den streikenden Stahlwerkern und treten der Verlängerung der Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst entgegen.“

Die rund 340 Delegierten aus ganz Deutschland bestätigen die Gründungsmitglieder Thomas Händel, Sabine Lösing, Axel Troost und Klaus Ernst als Vorstand. Für Klaus, den Bevollmächtigten der Gewerkschaft IG Metall in Schweinfurt und früheren Sozialdemokraten, ist die SPD genauso schlecht wie die CDU: „Sie ist ein großes Übel. An der Spitze der Regierung enteignet sie Arbeitslose mit Hartz IV, aber macht die Reichen reicher.
Hartz IV entwürdigt die Menschen, nicht nur Arbeitslose: Immer mehr, die noch einen Arbeitsplatz haben, haben Angst vor Arbeitslosigkeit und Armut. Die Unternehmer diktieren unter Schröder Arbeitsbedingungen, die sie in anderen Ländern nie durchsetzen könnten.“

Thomas, IG-Metall-Bevollmächtigter aus Fürth sagt, nach dem Einzug in den nordrhein-westfälischen Landtag sei das nächste Ziel der WASG die Bundestagswahl 2006: „Wir haben eine Partei gegründet, um eine Alternative zur Politik der Einheitskoalition aus CDU, CSU, SPD, Grünen und FDP auf die Stimmzettel zu bringen. In England hat die mit uns befreundete Wahlalternative Respect mit George Galloway den Sprung ins Unterhaus geschafft.“

Die erst vor drei Monaten aus Protest gegen die „Agenda 2010“ gegründete Linkspartei will die Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich verkürzen. Der öffentliche Dienst soll ausgeweitet und so bis zu eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese Politik könnte unter anderem mit einer Vermögensteuer finanziert werden, so der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Axel Troost.

Um das durchzusetzen, arbeiten Mitglieder der Partei aktiv in außerparlamentarischen Organisationen mit, so Sabine Lösing: „In der Gewerkschaft, in Vereinen, Bündnissen, sozialen Initiativen, antifaschistischen Organisationen, der Friedensbewegung und globalisierungskritischen Gruppen. Einen Politikwechsel schaffen wir nicht alleine. Nicht mit 5, 10 und auch nicht mit 20 Prozent der Stimmen.
Ausschlaggebend ist die außerparlamentarische Bewegung. Wir können in den Parlamenten Sprachrohr dieser Bewegung sein und deutlich machen, dass man sich selbst wählen kann. Die WASG kann so die Logik des kleineren Übels aufbrechen und dadurch die sozialen Bewegungen stärken.
Wir sind nur ein Teil des Widerstandes und brauchen Bündnispartner. Wir müssen auch an einer europäischen Vernetzung des Widerstandes arbeiten. Deshalb haben wir Kontakte nach Italien und England sowie zu den Organisatoren der Kampagne gegen die EU-Verfassung in Frankreich geknüpft.“

Die Delegierten sprechen sich gegen Studien-, Schul- und Kitagebühren aus. „Wir fordern, Bildung und Ausbildung von einkommensschwachen Familien besonders zu fördern“, so Tina Flauger aus Niedersachsen.
Sie ist mit vier Geschwistern in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen: „Trotz Lehrmittelfreiheit ist es meinen Eltern nicht leicht gefallen, uns eine gute Schulbildung zu ermöglichen. Die Kosten für Bildung hören nicht bei Büchern auf. Dazu kommen Taschenrechner, Stifte und anderes. Wenn sich nur noch Reiche Bildung leisten können, wird die Spaltung in Arm und Reich weiter verstärkt.“

Die Studentin Julia Meier berichtet von den Protesten gegen Studiengebühren in Freiburg. Für sie gibt es keine sozial gerechten Studiengebühren: „Auch solche, die später gezahlt werden müssen, schrecken Jugendliche aus Arbeiter- und ärmeren Familien ab. Keiner will nach dem Studium mit einem Schuldenberg von über 50.000 Euro dastehen.“

Mit großer Mehrheit beschließen die Delegierten, die Saarbrücker Resolution „Weg mit Hartz IV“ sowie die Kampagne „Integration statt Ausbürgerung“ der türkisch-kurdischen Organisation DIDF zu unterstützen und weiterzuverbreiten.

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