Blast zum Angriff auf Konzerne

Um Berlin zu entschulden, muss die Linkspartei sich von der Politik der Haushaltskonsolidierung verabschieden.


Das Personal der Berliner Uniklinik Charité kämpft gegen neue Millionen-Kürzungen. Diese gefährden die Versorgung der Patienten

Die Berliner brauchen eine vereinte Linke, um die große Armut in der Stadt zu bekämpfen. Doch die Führung der Linkspartei gefährdet den Aufbau einer neuen Linken mit der WASG, weil sie in der Landesregierung mit der SPD selbst in den Bereichen Jugend, Bildung, Soziales und Kultur kürzt.

Die Linkspartei-Senatoren privatisieren, ganz wie die anderen Regierungen in Bund und Land, Krankenhäuser, Kindertagesstätten, Wohnungsbaugesellschaften, Wasserbetriebe und öffentlichen Nahverkehr. Sie vernichten Arbeitsplätze und kürzen die Löhne im öffentlichen Dienst.

Stefan Liebich, Vorsitzender der Linkspartei Berlin, behauptet, man sei wegen der Schulden Berlins zu Kürzen in Milliardenhöhe gezwungen: „Konsolidierung ist kein neoliberales Teufelszeug, sondern Bedingung für soziale Gerechtigkeit.“

Die rot-rote Regierung hat beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage auf Haushaltsnotstand eingereicht. Sie hofft, dadurch bis 2007 Geld von der Bundesregierung zu bekommen, um die 60 Milliarden Euro Schulden teilweise zu bezahlen.

Doch „damit man in Karlsruhe Erfolg hat, müssen die laufenden Einnahmen und nicht Träume die Basis von Ausgaben sein“, erklärt Liebich. Er verspricht, „dass mit den Steuern der Berliner in absehbarer Zukunft auch wieder entschieden werden kann, was man damit macht und nicht, was man als nächstes streicht.“

Doch schon die rot-grüne Bundesregierung hat eine Teilentschuldung Berlins in Höhe von 35 Milliarden verweigert. Da CDU und SPD derzeit selbst ein Kürzungspaket über 35 Milliarden schnüren, werden sie die Verfassungsrichter unter Druck setzen, die Klage Berlins abzuweisen.

Würde Berlin der Haushaltsnotstand zuerkannt, müsste die Bundesregierung auch dem Saarland und Bremen Geld geben. Beide Länder stehen wie Berlin vor dem Bankrott, nach Jahren neoliberaler „Haushaltskonsolidierung“.

Die meisten Bundesländer sind mit zusammen fast 443 Milliarden hoch verschuldet. Schuld daran sind die Bundesregierungen der Kanzler Kohl und Schröder. Durch ihre Steuergeschenke für Reiche und Konzerne sind die Einnahmen der Länder und Kommunen eingebrochen. Die große Koalition wird damit weitermachen.

Auch wenn Berlin in zwei Jahren 35 Milliarden vom Bund bekäme, würden immer noch 32 Milliarden Schulden bleiben. Die Stadt würde sich allein für die Tilgung von Zinsen neu verschulden müssen. Denn mehr Berliner denn je sind so arm, dass sie auf staatliche Unterstützung angewiesen sind und keine Steuern zahlen können.

Das Verfassungsgericht kann Berlin nicht entschulden. Die einzige Lösung ist, Steuern für Reiche und Konzerne zu erhöhen und die Armut zu bekämpfen, damit wieder mehr Menschen Steuern zahlen können.

Die Führung der Linkspartei Berlin müsste sich weigern, die 2,4 Milliarden Zinsen pro Jahr an die Gläubigerbanken zu zahlen. Diese könnten die Zahlung nicht erzwingen, weil Gerichtsvollzieher und Polizisten für die Stadt arbeiten, nicht für die Banken.

Statt mit der SPD zu privatisieren und den Sozialstaat abzubauen, müsste die Linkspartei gemeinsam mit den Betroffenen der Kürzungen außerparlamentarischen Druck auf Bundesregierung, Banken und Konzerne aufbauen. Nur wenn hunderttausende an den Türen des Reichstags rütteln, kann die große Koalition gezwungen werden, Reiche und Unternehmensgewinne höher zu besteuern, damit die Länder mehr Geld haben.

Dann könnte die Landesregierung privatisierte Betriebe zurückkaufen und ein öffentliches Beschäftigungsprogramm starten. Dann könnte Politik für Menschen gemacht werden, statt für Profite von Banken und Konzernen.

In hoch verschuldeten Ländern der Dritten Welt haben die Menschen bereits erfolgreich Erpressungsversuche der mächtigen internationalen Kreditinstitute bekämpft: Im bolivianischen Cochabamba gingen vor fünf Jahren tausende Menschen auf die Straße, weil Durchschnittsverdiener ein Drittel ihres Einkommens für Wasser ausgeben mussten. Die Regierung hatte die Wasserversorgung zuvor auf Druck der Weltbank an einen US-Konzern verkauft.

Nachdem die Bewohner vier Tage gestreikt und die Stadt zum Stillstand gebracht hatten, stellte die Regierung die Wasserversorgung wieder unter öffentliche Kontrolle und senkte die Preise. Es war ein Teilerfolg für die Bolivianer, gegen die vom Internationalen Währungsfonds geforderten brutalen Kürzungen der staatlichen Ausgaben.

Auch in Deutschland haben Menschen erfolgreich gegen den Ausverkauf des öffentlichen Dienstes und gegen Sozialabbau im Namen der Haushaltskonsolidierung gekämpft. In Düsseldorf und Münster sammelten Gewerkschafter, Globalisierungskritiker und soziale Projekte 97.700 Unterschriften und verhinderten 2001 die Privatisierung der Stadtwerke.

In Baden-Württemberg haben die Beschäftigten von vier Unikliniken gestreikt und die geplanten massiven Lohnkürzungen zurückgeschlagen. Vom Widerstand ihrer Kollegen ermutigt, kämpfen auch die Angestellten de Berliner Uniklinik Charité gegen die Angriffe des Berliner Senats.

Die Führung der Linkspartei Berlin sollte die Seiten wechseln und die Stadt zur Speerspitze des Widerstands gegen die Kürzungen von Bundes- und Landesregierungen machen.

In Berlin haben Gewerkschafter, Rentner, Schüler und Eltern, Studierende und soziale Initiativen vor und nach der Wahl gegen Kürzungen gekämpft. Wenn die Linkspartei die Landesregierung platzen ließe, um gegen Sozialabbau zu kämpfen, würden die Völker dieser Welt wieder auf diese Stadt schauen. Die Linksfraktionen in Bundestag und Berliner Abgeordnetenhaus könnten dann endlich helfen, ausgehend von Berlin eine Kampagne in ganz Deutschland gegen unsoziale Politik aufzubauen.

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