Hände weg von der Sozialversicherung


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Unternehmerverbände und die neue Regierung wollen die so genannten Lohnnebenkosten senken, um Arbeitsplätze zu schaffen. Doch schon unter den Kanzlern Kohl und Schröder hat die Senkung der Lohnnebenkosten zu weiteren Einschnitten im Sozialstaat geführt und keine Arbeitsplätze gebracht.

Die Lohnnebenkosten bestehen aus den Sozialversicherungsbeiträgen zur Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Sie werden jeweils zur Hälfte vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber bezahlt.

Diese Versicherungen hat die Arbeiterbewegung seit dem 19. Jahrhundert erkämpft. Sie sollen die Menschen davor bewahren, in die Armut abzurutschen, wenn sie alt, krank oder arbeitslos werden. In Zeiten sinkender Löhne und hoher Arbeitslosigkeit werden diese Versicherungen wichtiger, weil viele Menschen keine eigenen Rücklagen ansparen können.

Eine Senkung der Beiträge würde zu einer Minderung der Einnahmen und damit auch der Leistungen der Sozialversicherungen, zum Beispiel im Gesundheitswesen, führen. Schon jetzt streichen die Krankenkassen Leistungen, weil sie hoch verschuldet sind. Und die staatliche Rentenversicherung muss mit Steuergeldern bezuschusst werden.

Wegen der hohen Arbeitslosigkeit und sinkender Löhne zahlen immer mehr Menschen nur noch die Mindestbeiträge. Fast alle Reichen und Selbstständigen zahlen gar nichts mehr in die gesetzliche Krankenversicherung, seit die Kohl-Regierung ihnen erlaubt hat, sich privat zu versichern.

„Selbst notwendige Medizin wird unter den derzeitigen Bedingungen nicht dauerhaft geleistet werden können“, warnt der Geschäftsführer der Bundesärztekammer, Christoph Fuchs, vor der bevorstehenden Finanzkrise der gesetzlichen Krankenkassen.

Die Sozialversicherungen sind auch deshalb in der Krise, weil sie seit der Wiedervereinigung und dem vorhersehbaren Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft zusätzlich die notwendigen sozialen Leistungen für alle Ostdeutschen zahlen müssen. Im Osten sind aber so viele Menschen arbeitslos, dass die Einnahmen der Versicherungen wesentlich geringer sind als die Ausgaben.

„Hätte man diese (Kosten) seinerzeit über Steuern abgewickelt, um alle Bevölkerungsteile entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit daran zu beteiligen und nicht nur die Versicherten der Sozialversicherung, dann würden die Lohnnebenkosten heute um 4 Prozent niedriger liegen“, schreibt der Sozialverband VdK Deutschland.

Weil die Krankenkassen pleite sind, müssen Versicherte seit letztem Jahr unter Anderem die Praxisgebühr zahlen und sich wesentlich mehr an Fahrtkosten zum Arzt und Preisen für Medikamente beteiligen. Die Beiträge wurden dieses Jahr für die Arbeitgeber um 0,45 Prozent des Bruttolohns gesenkt, für Arbeitnehmer jedoch um den gleichen Betrag erhöht.

Eine Senkung der Lohnnebenkosten entlastet zwar sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. Den Preis dafür zahlen jedoch nur Arbeitnehmer mit Nullrunden bei Renten und geringeren Leistungen der Krankenkassen.

Die wegfallenden Leistungen zum Beispiel der Renten- oder Krankenversicherungen sollen Arbeiter von ihrem Nettolohn zusätzlich privat versichern. Deshalb nutzt die Senkung der Lohnnebenkosten nur Arbeitgebern, weil sie sich weniger an der Absicherung ihrer Angestellten beteiligen müssen.

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