Marxismus konkret: Das Jahr-2000-Problem

Silvester 2000 soll angeblich das größte Fest der Menschheitsgeschichtewerden. Neben allen Party-Vorbereitungen läuft aber auch noch die
Vorbereitung auf eine eher unangenehme Überraschung, mit der die Nacht
der Nächte aufwartet: Das Jahr-2000-Problem

Die meisten Computer und computergesteuerten Geräte enthalten eine
Uhr mit Tageskalender. Diese Computer-Uhren lassen sich aus technischen
Gründen nur auf bestimmte Jahresbereiche einstellen, etwa von 1901
bis 2000 oder von 1993 bis 2010, und das wurde in vielen Fällen fehlerhaft
programmiert.

Eine Datumsangabe ohne Jahrhundert., wie z.B. „1.3.03″ ist zwar auch
für Menschen zweideutig. Wenn wir aber den Zusammenhang kennen, können
wir meist erahnen, ob z.B. eine Konferenzankündigung im Jahre 2003
gemeint ist oder das Geburtsdatum der Großmutter im Jahre 1903. Bei
Computern kann eine Verwechslung schlimmere Folgen haben.

Bedeutung

Zum Beispiel wird ein Geldautomat, der die Gültigkeit einer Auszahlung
prüft, das Ausstellungsdatum der Karte vom Tagesdatum abziehen. Dabei
rechnet er womöglich nicht korrekt 2000-1998 = 2, sondern 00 – 98
= -98 und folgert daraus, die Karte sei seit 98 Jahren abgelaufen. Eine
derart gescheiterte Auszahlung mag noch vergleichsweise harmlos sein.

Bei Krankenhäusern, Atomkraftwerken, Chemieanlagen oder gar im
Militär können solche Computerfehler zu weitaus schlimmeren Folgen
führen. Die Steuerung der Stromversorgung Hannovers brach bei einem
2000-Test im März 98 zusammen. Die Stadtwerke brauchten sieben Monate,
um den Fehler zu beheben.

In einem Pentagon-Bericht vom Sommer 98 steht, daß erst 25% von
430  „kritischen Systemen“ überprüft seien. Außerdem
warnte der Bericht davor, daß „Systeme unerwartet ausfallen können,
weil sie ohne ausreichenden Grund als 2000-sicher eingestuft wurden.“

Wie es um Atom- und andere Massenvernichtungswaffen steht, wissen die
Militärs womöglich selber nicht.

Skandal

Angesicht dieser Dimensionen ist es ein Skandal, daß die Hersteller
solcher Programme nicht für die von ihnen hervorgerufenen Probleme
haften. Sie werden noch nicht einmal gezwungen, über die ihnen bekannten
Schwierigkeiten zu informieren und ihre Unterlagen offenzulegen.

Behörden, Regierungen und Unternehmen verharmlosen die Situation.
Auf die Sicherheit deutscher AKWs angesprochen, behaupteten das Bundeswissenschaftsministerium
und die Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit, es gebe „keine
Gefahr“.

Ein amerikanischer Reaktor wies jedenfalls zwölf Jahr-2000 Pannen 
auf!

Ursache

Immer wieder ist zu lesen, das Jahr-2000-Problem sei ein technisches
Problem. Die Programmierer seien zu dumm gewesen. Aber das ist nur die
halbe Wahrheit, denn dieses technische Problem hängt untrennbar mit
einer undemokratischen Produktionsweise zusammen.

Natürlich wissen Informatiker, wie sie gute Programme schreiben
können, ebenso wie die Arbeiter bei Mars und Coca-Cola wissen, wie
sie gesündere Nahrungsmittel herstellen könnten. Aber Vorschläge,
die den Profit schmälern könnten, werden von den Besitzern der
Produktionsmittel abgelehnt. Sie müssen abgelehnt werden, sonst fällt
diese Firma im Konkurrenzkampf zurück!

Konkurrenz

Die Konkurrenz des Marktes, so wird behauptet, würde gewährleisten,
daß Unternehmen sich anstrengen, immer bessere Produkte zu entwickeln.
Das beste Produkt setze sich auf dem Markt durch, bis ein noch besseres
entwickelt werde. Doch dieser Wettbewerb beschränkt sich darauf, wer
am meisten verkauft. Ob ein Produkt langfristig funktioniert, darf einen
Hersteller nicht interessieren.

Doch die Konkurrenz hat noch weitere schlimme Folgen: Die meisten Software-Hersteller
wissen gar nicht, wie ihre eigenen Anlagen reagieren. Das ist kein Zufall.
Der sogenannte Quelltext von Computerprogrammen, der ihre Funktion beschreibt
wie der Bauplan eines Hauses, wird nämlich geheimgehalten, um anderen
Firmen keine Anhaltspunkte zu liefern. Dazu kommt noch, daß viele
Programmierer absichtlich unverständliche Programme schreiben, um
sich gegen Kündigung abzusichern – eine weitere Folge dieses Systems.
So steht das Privateigentum an Produktionsmitteln systematisch einer Lösung
dieses Problems im Wege!

Doch es kommt noch schlimmer: Selbst die Hersteller, die die Probleme
ihrer eigenen Produkte kennen, verheimlichen ihre Kenntnisse, weil sie
in der Öffentlichkeit nicht schlecht dastehen wollen, eine weitere
Folge der Konkurrenz.

Kosten

Die weltweiten Kosten durch das Jahr-2000-Problem werden zwischen 300
und 1600 Milliarden US$ geschätzt. Für den Großteil werden
die Steuerzahler, also wir aufkommen müssen. Eigentlich müßten
die Unternehmen, die den Mist gebaut haben, dafür aufkommen. Aber
die verdienen teilweise noch daran.

Das Geschäft mit dem Jahr 2000 blüht. Gerade die Großen
der Branche, z.B. IBM, Siemens, Intel, usw. verdienen mit Jahr-2000-Tests
und -Reparaturen viel Geld. Geld für einen Fehler, den sie oder ihre
Konkurrenten selbst verursacht haben.

Das Jahr-2000-Problem ist nicht absichtlich geplant worden. Es handelt
sich um technisches Versagen. Allerdings ein Versagen, das nur unter diesen
kapitalistischen Bedingungen entstehen konnte. Wir brauchen ein Wirtschaftssystem,
das die zerstörerische Anarchie des Marktes, mit seiner planlosen
Profitgeilheit, durch eine kollektive Arbeitsweise und demokratische Planung,
mit dem Ziel der Befriedigung der Bedürfnisse der Mehrheit ersetzt.

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