Islam oder USA — Wo steht die Wiege des Terrorismus?

Deutsche Medien verbreiten, der Islam sei eine "Religion des Hasses". Schon erleiden dunkelhäutige Muslime in Deutschland und anderen NATO-Staaten Beschimpfungen und Schläge. Seit Jahren setzen die Medien Islam und Gewalt gleich. So schaffen sie nur ein neues Feindbild – aber keine Erklärung für radikale religiöse Bewegungen.


Islam ist nicht gleich Terror. Wie jede Weltreligion kann er verschieden interpretiert werden.


Das Christentum ist zum Beispiel der Glaube der Befreiungstheologen – radikale Priester, die in Lateinamerika gegen Diktaturen gekämpft haben. Es ist aber ebenso der Glaube der religiösen Rechten in den USA, die diese Diktaturen unterstützten.


Ebenso verschiedene politische Meinungen tummeln sich im Islam. Die Herrscherfamilie Saudi-Arabiens, des wichtigsten arabischen US-Alliierten, ist moslemisch. Genauso moslemisch wie die meisten Menschen im Nahen Osten, die die USA für ihre Politik hassen.


Die Attentäter sind eine Minderheit unter den Moslems. Radikale Islamisten gewinnen aber tatsächlich an Zulauf. Besonders stark sind sie in den ärmsten Ländern wie Afghanistan und Palästina. Warum?


Einfach gesagt: Öl. Die Herrscher der Golf-Staaten sind durch die Kontrolle über die Ölvorkommen reich geworden, obwohl ihre Bewohner bitter arm sind. Möglich war das durch Regimes, die die Menschen niedergehalten haben.


Die Herrscher behaupten, gläubige Moslems zu sein und eine Gemeinschaft ohne soziale Unterschiede zu vertreten. Aber hinter ihrem Reichtum steht riesige wirtschaftliche und militärische Macht – vor allem die der USA. Nichts hat die Menschen im Nahen Osten so mit Hass erfüllt wie die US-Unterstützung für Israel in seinem Kampf gegen die Palästinenser.


Radikale Islamisten profitieren aber nicht allein von Armut. Sie stützen sich auf die mangelnde Hoffnung der Menschen auf ein Ende ihres Leidens.


Eine Welle nationaler Befreiungskämpfe nach dem Zweiten Weltkrieg brachte Unabhängigkeit. Ihre Führer haben jedoch schnell ihren Frieden mit den Großmächten gemacht und die Waffen gegen die eigene Bevölkerung gerichtet, um größere soziale Veränderungen zu verhindern. Die korrupten Regimes haben die Hoffnungen ihrer Bevölkerung enttäuscht.


Ein Symbol der Hoffnung war die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO). Sie entstand in den Flüchtlingslagern in Jordanien und im Libanon in den 60er-Jahren. Terrorismus spielte in der PLO zunächst kaum eine Rolle.


Aber der palästinensische Kampf schwächte korrupte arabische Regimes genauso wie Israel. Die Regimes schlugen zurück. Im September 1971 ermordeten jordanische Truppen Zehntausende Palästinenser. Die militanten Palästinenser wurden isoliert.


Nun wandten sich manche dem Terrorismus zu. Da die politische Unabhängigkeitsbewegung in den 70ern den Durchbruch nicht geschafft hatte, öffnete sich die Tür für religiöse – islamische – Ideen.


Im Mittleren Osten sind nur noch kleine Aktivistengruppen übriggeblieben. Sie sind genauso verbittert durch den US-Imperialismus und die korrupten arabischen Regimes wie die Bevölkerung. Aber sie sind isoliert von den Massen – obwohl es durchaus passive Unterstützung gibt.


Diese Menschen haben z. B. gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans gekämpft – und gegen Russland in Tschetschenien. Ihr Terrorismus ist ein Produkt der Wut in der ganzen Region und entsteht aus ihrem Eindruck, dass massenhafte Aktionen gegen den Kapitalismus und Imperialismus nicht siegen können.


Sie schleudern einen Teil der Brutalität der Globalisierung zurück, die sie bekämpfen wollen. In der Folge greifen sie einfache Menschen im Westen an, die möglicherweise auch gegen Unterdrückung und Kapitalismus sind. Sogar die eigene Bevölkerung im Mittleren Osten wird als Zuschauer zurückgelassen, die den Preis für den Gegenschlag zahlen muss.


Die Rache der USA wird das Leiden verschärfen und zu weiterem Terror führen. Ob dieser Kreislauf durchbrochen werden kann, hängt davon ab, ob es eine Bewegung der verarmten Menschen gibt, die ihre Feinde, den US-Imperialismus und die eigenen Regierungen, herausfordern kann.


Die internationale antikapitalistische Bewegung, die sich in den letzten zwei Jahren ausgebreitet hat, gibt wieder Anlass zur Hoffnung. Es ist nötig, dass AktivistInnen in den größten kapitalistischen Ländern diese Bewegung aufbauen. Nur dann kann sie sich auch dorthin ausweiten, wo die Menschen am meisten unter der Globalisierung leiden.

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