„Wir wollen ein bundesweites Signal setzen“

In Berlin haben Linke ein Volksbegehren zur Abwahl des rot-roten Senats gestartet. Linksruck sprach mit Michael Hammerbacher über die politische Strategie hinter dem Projekt.

Jeder kann mitmachen

Mehr Infos über das Volksbegehren und die soziale Wahlalternative gibt es unter

  • www.volksbegehren-soziales-berlin.de
  • www.berliner-wahlalternative.de
  • Wer mithelfen möchte, die Kampagne zum Volksbegehren aufzubauen kann zum Sammlertreffen jeden Mittwoch um 19.30 Uhr in der Offene Uni Berlins an der HU, Seminargebäude am Hegelplatz gegenüber vom Hauptgebäude, Raum 111 (falls nicht anders ausgeschildert) kommen.

    Michael, habt ein Volkbegehren zum Sturz des rot-roten Senats gestartet. Was erhofft ihr euch dadurch?
    Wenn es uns gelingt, einen Senat aufgrund seiner unsozialen Politik aus dem Amt zu jagen, dann ist dies ein deutliches Signal an die Bundespolitik. Ein Erfolg stützt die außerparlamentarische Bewegung gegen Sozialabbau. Denn Personal- und Lohnabbau, Privatisierungen und Abbau sozialer Leistungen sind keine Berliner Eigenart, sondern fester Bestandteil jeder Landes- und der Bundespolitik.
    Deshalb ist das Volksbegehren „Soziales Berlin“ Teil der Bewegung gegen neoliberale Kürzungs- und Privatisierungspolitik.

    Warum ausgerechnet ein Volksbegehren als Antwort auf die Politik des Senats?
    Das ist die logische Konsequenz aus dem Verhalten des Berliner Senats. Seit Monaten laufen Proteste der Betroffenen in Berlin. Studenten waren auf der Straße, Lehrer und Schüler, das Personal der Kindertagesstädten. Am 13 Dezember letzten Jahres hatten wir eine Demonstration von 30.000 gegen die Politik des Senats.
    Der Senat hat alle diese Proteste ausgesessen und seine Politik nicht geändert. Wir sagen deshalb: Wer nicht hören will, muss fühlen. Wir greifen jetzt auf de politischen Ebene an, weil die Drohung mit Machtverlust anscheinend das Einzige ist, worauf der Senat reagiert.

    Zieht das nicht Kräfte von der Bewegung auf der Straße ab?
    Das Gegenteil ist richtig: Die Kampagne für das Volksbegehren kann das Sprungbrett für neue große Proteste sein. Wir haben eine Kluft: 70 Prozent der Berliner lehnen die Politik des Senates ab, bei denn letzten Protesten waren aber nur knapp 1.500 Leute auf der Straße. Wir müssen diese Kluft überbrücken, durch ein politisches Angebot, bei dem jeder mitmachen kann und das eine politische Perspektive bietet. Das Instrument dafür ist das Volksbegehren. Die vielen Menschen, die wir dadurch in Aktivität ziehen, können das Rückgrad einer Bewegung gegen Sozialabbau stellen.

    Welche politische Perspektive meinst du? Bei Neuwahlen würde doch höchstwahrscheinlich die CDU gewinnen.
    Die CDU gewinnt so oder so. In den Umfragen steht Rot-Rot zusammen bei 30 Prozent. Die Konservativen wurden durch die Politik des Senates stark gemacht.
    Jetzt stehen wir vor der Wahl: Wir können einfach abwarten bis die CDU bei regulären Wahlen in die Regierung einzieht. Die Folge wäre Demoralisierung und eine Schwächung des Protestes.
    Oder wir können jetzt anfangen, den Senat von links politisch unter Druck zu setzen und alle Kräfte die vom Sozialabbau betroffen sind in der Kampagne für Neuwahlen zusammenzuziehen. Das Ergebnis wäre eine viel stärkere Ausgangsposition für die Linke und den weiteren Kampf gegen Sozialabbau – auch unter einer konservativen Regierung

    Angenommen die Kampagne ist erfolgreich und erzwingt vorgezogene Neuwahlen. Wem würdest du deine Stimme geben?
    Natürlich müssen wir den Berlinern bei Neuwahlen eine Alternative zu Rot-Rot bieten. Wir wollen den Widerstand organisieren und eine Stimme im Parlament geben. Deshalb geht das Volksbegehren Hand in Hand mit der Vorbereitung einer sozialen Wahlalternative für die nächsten Senatswahlen.
    Unsere Prinzipien sind klar: Wir gehen von den Interessen der Beschäftigten aus, der Arbeitslosen, der Opfer von unsozialer Politik aus. Wir wollen ein Ende der Kürzungspolitik. Wir wollen, dass Gesundheit, Bildung alle Bereiche der Gesellschaft dem Profit unterworfen werden. Die Berliner Probleme sind nicht in Berlin zu lösen – wir brauchen im Bund eine Politik, die an den gesellschaftlichen Reichtum rangeht.

    Ihr steht mit diesem Projekt nicht allein. Am 20. Juni findet in Berlin der erste Kongress der „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ statt, um aber eine politische Alternative zu Schröder zu diskutieren. Seid ihr dabei?
    Auf jeden Fall. Wir sehen uns als Teil eines bundesweiten Prozesses. Wir wollen unsere Erfahrungen einbringen. Ich denke, eine politische Alternative kann nicht am Reißbrett im Hinterzimmer entstehen, sondern muss mit der sozialen Konflikten und der Mobilsierung der Bevölkerung stehen. Das versuchen wir hier in Berlin auf die Beine zu stellen und die Erfahrung wollen wir weitergeben.

    Wie sieht die Verbindung mit sozialen Konflikten in Berlin aus?
    Wie gehen dahin, wo sich der Widerstand regt. Wir waren auf der Betriebsversammlung des Krankenhauskonzerns Vivantes, der mit Lohnkürzung und Stellenabbau droht. Den Auftakt des Volksbegehrens haben wir mit den Berlinern Symphonikern gemacht, denen die staatlichen Mittel gestrichen werden sollen. Wir haben Kontakt zu den Kollegen des Verkehrsbetriebes BVG, denen eine 30proznetige Lohnkürzung droht. Wir gehen zu den Mietern der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft GSW, die privatisiert werden soll – mit schlimmen Folgen für die Mieter. All diesen Betroffenen wollen wir mit dem Volksbegehren ein politisches Mittel in die Hand geben, den Senat zu bekämpfen.

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