Vertrauen verdienen

Die Menschen haben in den letzten 100 Jahren öfter gegen den Kapitalismus revoltiert: 1917 in Russland, 1918 in Deutschland, 1968 in Frankreich, 1979 in Iran und viele weitere Male. Doch nur 1917 in Russland konnten die Arbeiter die Herrschenden stürzen und einige Zeit die Macht übernehmen, weil diese Revolution von einer revolutionären Partei angeführt wurde.

Zwar wurde der Kapitalismus immer wieder so unerträglich, dass die Menschen das System stürzen wollten. In einer revolutionären Situation ändern oft Millionen Arbeiter in einigen Tagen ihre Ansichten schneller als zuvor in Jahrzehnten.

Doch die herrschende Klasse benutzt in solchen Zeiten all ihre Fernsehsender und Zeitungen, um den Aufstand als Putsch, Massenmord oder Terrorismus darzustellen. Viele Menschen haben auch während einer Revolution nicht vollständig mit der Meinung der Herrschenden gebrochen und wollen den Kapitalismus teilweise erhalten.

Auf der Seite der Arbeiter muss dann eine starke Organisation von Sozialisten stehen, die Lehren aus den vergangenen Klassenkämpfen in die Gegenwart einbringen und Argumente für den Sozialismus verbreiten kann. Es muss eine Organisation geben, die die Erfahrungen der Arbeiter im Kampf zusammenbringt, damit die Menschen gemeinsam den nächsten Schritt zu einer anderen Gesellschaft gehen können.

Diese revolutionäre sozialistische Partei muss schon heute aufgebaut werden, noch bevor der Kampf beginnt. Denn diese Art der Organisation entsteht nicht spontan. Diese Partei entsteht durch eine ständige Erprobung ihrer Ideen und Erkenntnisse auf der „Teststrecke“ der täglichen Klassenauseinandersetzungen.

Die revolutionäre Partei muss im täglichen Klassenkampf, in Streiks, Demonstrationen und Kampagnen beweisen, dass ihre Politik den Arbeitern nützt. Sie muss den Menschen helfen, sich ihrer Stärke bewusst zu werden und das nötige Selbstbewusstsein für ihren Widerstand zu entwickeln.

In einer revolutionären Situation kann das Eingreifen einer revolutionären Partei entscheidend sein, um die revolutionäre Machtübernahme der Arbeiter, zugunsten einer sozialistischen Gesellschaft zu erreichen. Diese Partei soll die Macht nicht selbst übernehmen. Sie ist ein Mittel, um den revolutionären Wandel zum Sozialismus durch die gesamte Arbeiterklasse zu organisieren.

1918 stürzte die revolutionäre Bewegung der Arbeiter- und Soldatenräte in Deutschland den Kaiser und beendete den Ersten Weltkrieg. Doch weil die damals revolutionäre Kommunistische Partei von Rosa Luxemburg zu schwach war, übergab die Rätebewegung die Macht freiwillig der SPD. Sie versprach den Sozialismus, um in Wirklichkeit den Kapitalismus zu erhalten.

Die revolutionäre Partei muss Teil des Klassenkampfes sein und versuchen, die fortschrittlichsten Arbeiter zusammenzubringen, um die politische Führung ihrer Kämpfe übernehmen zu können. Die Partei wird keinen Erfolg haben, wenn sie sich selbst zur Führung der Bewegung erklärt. Sie muss sich das Vertrauen der Menschen verdienen, indem sie die Richtigkeit ihrer Ideen in der Praxis beweist – vom kleinsten Streik bis zur Revolution.

Wenn Menschen solche Revolten beginnen, sei es als bewaffneter Aufstand, als große Streikwelle oder als Massendemonstration, kann die Arbeiterklasse ihr politisches Bewusstsein sehr schnell entwickeln.

Aber sie ändern nicht alle ihre Ideen auf einen Schlag. In jedem Streik, jeder Demonstration, jedem bewaffneten Aufstand gibt es wiederkehrende Argumente. Einige Arbeiter sehen ihre Aktionen als Auftakt zur Revolution, andere kämpfen nur halbherzig mit, weil sie meinen, daß ihre Aktionen die „natürliche Ordnung“ stört. In der Mitte steht die Masse der Arbeiter, die zwischen beiden Vorstellungen schwankt.

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