Bushs Vietnam

Während immer mehr Iraker gegen die US-Besatzung kämpfen, geht auch die weltweite Antikriegsbewegung wieder auf die Straße.
Ein halbes Jahr nach dem Sturz des irakischen Diktators Saddam wackelt jetzt auch der Stuhl Bushs. Jeden Tag greifen Iraker die US-amerikanischen und britischen Besatzungstruppen an. Nach neuesten Umfragen ist die Zustimmung für Bush in den USA auf 52 Prozent gesunken – im April unterstützten ihn noch 71 Prozent.
In seiner "Rede an die Nation" musste Bush zugeben, dass die Besatzung länger, schwieriger und vor allem teurer wird, als angekündigt. 77 Milliarden Euro fordert Bush zusätzlich für die Besatzung. Doch 60 Prozent der US-Amerikaner sind gegen diese Ausgaben.
Letztes Jahr galt eine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2004 gegen Bush noch als politisches Himmelsfahrtskommando. Jetzt kämpfen elf demokratische Kandidaten um den Platz des Herausforderers.
Bush lehnt einen Rückzug aus dem Irak ab, weil dadurch die Macht der USA im Nahen Osten enorm geschwächt würde. Aber der Widerstand der Iraker verhindert bereits die aggressiven Kriegspläne von US-Verteidigungsminister Rumsfeld. Die Rumsfeld-Doktrin sah vor, dass relativ wenige US-Soldaten ausreichten, um in andere Länder einzumarschieren und sie zu besetzen. Dadurch könnten die USA an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen.
Der Widerstand der Iraker führt jetzt jedoch zu einer neuen Strategie der US-Regierung. Sie will jetzt möglichst viele andere Länder an der Besatzung des Irak beteiligen, darunter auch Deutschland.
Bushs Bitte um Unterstützung wurde von den EU-Ländern, insbesondere Deutschland und Frankreich, zunächst abgelehnt. Trotzdem sind auch die europäischen Regierungen der Meinung, dass die Besatzung fortgesetzt werden soll. Der deutsche Außenminister Fischer sagte, dass "ein Scheitern der USA im Irak eine Katastrophe für uns alle wäre". Außerdem lässt Rot-Grün bis zu 8.000 irakische Soldaten und Polizisten in Deutschland ausbilden, welche die US-Truppen im Irak unterstützen sollen.
Dass Besatzungstruppen niemals Frieden schaffen, egal aus welchem Land sie kommen, kann man in Afghanistan sehen. Das Land wird derzeit von Truppen aus 31 überwiegend "demokratischen" Staaten besetzt. Doch Afghanistan ist von demokratischen Wahlen genauso weit entfernt wie unter den Taliban.
Noch immer wird das Land von Kriegsfürsten wie Präsident Karsai kontrolliert, mit denen sich die Besatzungsmächte teilweise verbündet haben. Haupteinnahmequelle der Kriegsfürsten ist die Herstellung von Opium.
Währenddessen streiten die US-Minister darüber, welche Besatzungstruppen die Iraker am einfachsten unterdrücken könnten. Selbstbestimmung der Menschen steht nicht zur Debatte.
Die weltweite Friedensbewegung fordert hingegen den Abzug aller ausländischen Truppen aus dem Irak, damit die Menschen dort ihre Zukunft in die eigenen Hände nehmen können. Würden die Besatzer aus dem Irak vertrieben, wäre es aber auch ein Sieg für Frieden und Freiheit auf der ganzen Welt.
Als die US-Armee 1975 aus Vietnam abziehen musste, haben Befreiungs- und Unabhängigkeitsbewegungen weltweit an Unterstützung gewonnen. Bis 1991 wagte es keine US-Regierung mehr, einen größeren Krieg zu beginnen.
Um Irak zu Bushs Vietnam zu machen geht die Antikriegsbewegung wieder auf die Straße. Am 27. September werden in über einem Dutzend Ländern Aktivisten für einen Abzug der Besatzungstruppen aus dem Irak demonstrieren. Die Friedensbewegung in den USA plant am 25. Oktober einen Marsch auf Washington mit hunderttausenden Teilnehmern. Bush steht ein heißer Herbst bevor.

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