Irak: 80 Jahre Kampf um Freiheit

Seit über 80 Jahren kämpfen die Iraker um Selbstbestimmung und Demokratie.

Irakische Kommunistische Partei (IKP)

Die IKP ist 1934 gegründet worden. In den folgenden 25 Jahren hat die IKP große Unterstützung unter den Irakern, vor allem unter Arbeitern, gewonnen. 1958 waren 25.000 Iraker Mitglied der IKP. Sie hatte auch die Führung des Gewerkschaftsdachverbands mit 275.000 Mitgliedern gewonnen. Im April 1959 kamen zu einer kommunistisch geführten Demonstration 1 Million Menschen – bei nur 6,5 Millionen Einwohnern im Irak.
Trotz ihres großen Einflusses wurde die IKP Anfang der 60er vollständig zerschlagen. Ursache war die katastrophale Politik der Parteiführung. Dem sowjetischen Diktator Stalin folgend, sagte die IKP, dass Kommunisten nationalistische Führer wie Kassem gegen die USA kritiklos unterstützen sollten. Dadurch unternahm die IKP nichts, als Kassem den Lebensstandard der Arbeiter senkte und die IKP unterdrückte.
Später unter Baath erklärte die IKP, dass Baath die rechtmäßige Vertreterin der Volksbewegung sei. Damit war die IKP praktisch aufgelöst. Tausende Kommunisten wurden vom neuen Regime ermordet und die Arbeiterbewegung zerschlagen.

Der Widerstand der Iraker gegen Unterdrückung und Ausbeutung hat mit der Gründung des Landes begonnen. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte Großbritannien die Kontrolle über den Nahen Osten und dessen riesige Ölquellen erlangt.
Um ihre Macht zu sichern, gründete die britische Regierung 1921 den Irak mit dem Großgrundbesitzer Faisal als König. Allerdings erklärte das britische Außenministerium: "Was wir brauchen, ist ein König, der sich damit zufrieden gibt zu regieren, aber nicht zu herrschen."
Trotz eines Aufstands der Iraker gegen den Marionettenkönig wurde Faisal 1921 gekrönt. Die Monarchie konnte sich jedoch nur mit Hilfe britischer Truppen halten. 1925 bombardierten britische Bomber die kurdische Stadt Sulaimaniya mit Giftgas, um einen Aufstand der Kurden im Irak zu unterdrücken.
Britische und US-amerikanische Konzerne und die Monarchie trieben bis Ende der 30er die Industrialisierung des Landes voran. Hunderttausende Iraker fanden Arbeit in Fabriken und Ölförderanlagen. Gleichzeitig entstand die Arbeiterbewegung, die fortan eine wichtige Rolle im Freiheitskampf der Iraker spielte.
Eisenbahner setzten 1927 mit einem Streik das Recht auf freie Gewerkschaften durch. 1934 wurde die Irakische Kommunistische Partei (siehe Stichwort) gegründet. Im Juli 1931 traten die Iraker in den Generalstreik und zwangen die britische Regierung, dem Irak zumindest eine formale Unabhängigkeit zu gewähren. Doch die wichtigsten Unternehmen, wie die Eisenbahngesellschaft ICP und die Baghdad Electricity Light and Power Company blieben in der Hand Großbritanniens.
Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich die stark geschwächte britische Armee die Herrschaft im Irak mit den USA teilen. Für die Iraker änderte sich jedoch wenig. Zwar wurde die Ölförderung drastisch ausgeweitet, um den weltweiten Wirtschaftsaufschwung voranzutreiben, doch die Profite gingen ausschließlich an die Ölkonzerne und eine kleine Schicht irakischer Unternehmer und Großgrundbesitzer.
Gleichzeitig hungerten die meisten Iraker. 80 Prozent konnten nicht lesen und schreiben. Auf 6.000 Menschen kam ein Arzt und auf 500.000 ein Zahnarzt.
Als das irakische Regime Anfang 1948 einen Vertrag bestätigte, der britischen Truppen die Kontrolle über den Irak sicherte, zogen tausende Iraker auf die Straßen. Die Bewegung Al Watha (der Sprung) hatte begonnen.
Arbeiter, Studenten und Arme aus den Vorstädten Bagdads haben den Aufstand angeführt. Die Menschen forderten ein Ende der Fremdherrschaft und die Begrenzung der schnell steigenden Lebenshaltungskosten.
Die Antwort der Monarchie kam schnell und brutal. Am 27. Januar schossen irakische Soldaten die Demonstrationen zusammen. 400 Iraker wurden an diesem Tag von der Armee ermordet. Die Regierung musste auf den Vertrag verzichten.
Auch in anderen Regionen des Nahen Ostens haben sich damals Millionen Menschen gegen die Kolonialherren gewehrt. In Ägypten kam 1952 Abdel Nasser mit Hilfe einer Befreiungsbewegung gegen Großbritannien an die Macht. Diesen Erfolg haben sich Studenten im Irak zum Vorbild genommen. Sie sind erneut auf die Straße gegangen, um bessere Lebensbedingungen und demokratische Wahlen zu erkämpfen. Dieser Aufstand hieß Al Intifada.
Bald schlossen sich Arbeiter den protestierenden Studenten an. Majid Khadduri berichtet: "Unterstützt durch Arbeiter der Kazimayn Fabriken sind die Demonstranten in das US-Informationsbüro gestürmt und haben Papiere und Bücher verbrannt. Sie haben Feuer im Büro der Iraq Times gelegt. Sie haben auch eine Polizeistation angegriffen, angezündet und vier Polizisten getötet."
Die Regierung verhängte daraufhin das Kriegsrecht und verbot alle politischen Parteien. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen.
Im Juli 1956 verstaatlichte Nasser in Ägypten den für den weltweiten Handel sehr wichtigen Suez-Kanal. Dadurch ermutigte der Präsident Millionen Menschen im Nahen Osten, sich ebenfalls gegen die Herrschaft der USA und Großbritanniens zu wehren.
Im Irak schlossen sich unter Abdul Kassem die so genannten "Freien Offiziere" zusammen, um nach Nassers Vorbild die britische und US-amerikanische Kontrolle abzuschütteln. Die "Freien Offiziere" putschten 1958 und stürzten die Monarchie. Hunderttausende strömten auf die Straßen, um Al-Thawra (die Revolution) zu feiern. Die Iraker hofften auf deutliche Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen.
Diese starke Bewegung trieb die "Freien Offiziere" zu weitreichenden Maßnahmen. Mit einer Landreform hat Kassem die Macht der Großgrundbesitzer gebrochen. Er hat auch alle Militärbündnisse mit den USA und Großbritannien beendet. Gleichzeitig begann Kassem jedoch, Linke, insbesondere die Kommunistische Partei, zu unterdrücken, um die Freiheitsbewegung zu kontrollieren.
Die Großmächte fürchteten, dass die Menschen in anderen arabischen Ländern dem Beispiel der Bewegung im Irak folgen würden. Deshalb schickten die USA 20.000 Soldaten in den Libanon. 6.600 britische Soldaten kamen in den Libanon. Doch weder die USA noch Großbritannien führten Krieg gegen den Irak, weil sie einen Weltkrieg gegen die Sowjetunion fürchteten.
Die Herrschaft der "Freien Offiziere" währte nicht lange. Die Baath-Partei, der seit 1956 auch der spätere Diktator Saddam Hussein angehörte, putschte 1963 und ermordete Kassem und tausende Gegner von Baath. Doch nur wenige Iraker unterstützten das neue Regime. Andere Offiziere beseitigten es bald. 1968 putschte Baath noch mal. Saddam wurde Vizepräsident und nutzte den paramilitärischen Arm der Partei, um jeglichen Widerstand zu vernichten.
Saddam blieb bis zum US-Krieg gegen den Irak dieses Jahr an der Macht. Denn spätestens seit 1979 war das irakische Regime mit den USA verbündet, die Saddam in den 80ern im Krieg gegen den Iran unterstützt haben. Erst als der Diktator 1991 die Ölfelder in Kuwait besetzte, wurde Saddam zum Feind der USA.
Sowohl Großbritannien als auch die USA waren immer Unterdrücker der Iraker, jedoch niemals ihre Befreier. Freiheit und Demokratie kann es dort nur geben, wenn die Besatzungstruppen besiegt werden – heute wie vor 80 Jahren.

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