Die Kürzungsmafia schlägt wieder zu!

Etwa 100.000 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes in Berlin gehen bei den jüngsten Tariferhöhungen leer aus: Anfang Januar ist die Regierung der Stadt fristlos aus den Arbeitgeberverbänden ausgetreten.

Berlin ist erst der Anfang

"Alle schauen nach Berlin." Bürgermeister Wowereit ordnet den Ausstieg seiner Regierung aus den Arbeitgeberverbänden richtig ein. Ausgerechnet der rot-rote Senat macht sich zum Vorkämpfer für die Bosse: Für sie ist der Ausstieg eine viel versprechende Attacke auf den Flächentarifvertrag.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Böhmer diskutiert mit seinen CDU-Kollegen in Thüringen und Sachsen über eine Niedriglohn-Tarifgemeinschaft Ost. Auch Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wollen aus dem Flächentarifvertrag aussteigen.
Der Flächentarifvertrag schützt Arbeiter davor, von den Bossen gegeneinander ausgespielt zu werden. Ohne ihn würde sich die Lohnspirale schnell nach unten drehen. Im letzten Jahr versuchten schon die Metall- und die Bau-Bosse, den Flächentarifvertrag zu schleifen. Sie scheiterten an Streikaktionen der IG Metall und der IG BAU. Deshalb ist es für Gewerkschaften und Bosse entscheidend, ob der Berliner Senat mit seinen Plänen durchkommt oder nicht.
Einige Mitglieder der Gewerkschaftsführung sind bereit, eine Nullrunde hinzunehmen, wenn der Senat auf Kündigungen verzichtet. Doch der Senat hat bereits angekündigt, Stellen zu streichen. Darum gibt es nichts zu verhandeln.
Die Berliner Gewerkschaften haben nur eine Chance gegen den Senat: Sie müssen für einen Streik mobilisieren und für Solidarität im ganzen Bundesgebiet sorgen – der Flächentarifvertrag steht auf dem Spiel.

"Man kann mit uns über alles reden, außer über Geld", meint Innensenator Körting über die Tarifverhandlungen mit ver.di Berlin. Der Berliner Senat weigert sich, den bundesweiten Tarifabschluss für den Öffentlichen Dienst zu übernehmen, der eine Lohnsteigerung von 4,4 Prozent bedeutet. Berlin trat aus den Arbeitgeberverbänden aus.

Ver.di Berlin fordert die Übernahme des bundesweiten Tarifvertrages für alle. Die Regierenden von SPD und PDS wollen stattdessen eine Nullrunde und Weihnachts- sowie Urlaubsgeld kürzen. Bis Ende dieses Jahres will der Berliner Senat bei den Personalkosten 300 Millionen Euro einsparen. "Wer streikt, wird entlassen", drohte Körting.

Die Verhandlungen über einen Tarifvertrag für Berlin werden am 7. Februar fortgesetzt.

Die Nullrunde ist nur einer von vielen Angriffen zum Jahresanfang: Die Wochenarbeitszeit der Beamten wurde auf 42 Stunden erhöht. Berliner Beamte können nicht wie ihre Kollegen in der übrigen Bundesrepublik mit 60 in Rente gehen, sondern müssen fünf Jahre länger arbeiten.

Bis Ende des Jahres will der Senat 10.000 Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst streichen und Auszubildende nicht übernehmen. Außerdem plant er, Studiengebühren einzuführen und die Gebühren für Kindertagesstätten weiter zu erhöhen. Finanzsenator Thilo Sarrazin: "Kein einziger Bereich wird verschont bleiben."

Bereits in den letzten Jahren mussten die Berliner für die Krise von Wirtschaft und Regierung mit Sozialabbau bezahlen. Im Dezember stieg die Arbeitslosigkeit auf fast 18 Prozent. 290.000 Menschen in der Stadt haben keinen Job, so viele wie noch nie seit dem Fall der Mauer. Manche Sozialämter zahlen Sozialhilfeempfängern kein Geld mehr aus, weil sie vom Senat zu wenig erhalten.

Finanzsenator Sarrazin fragte bei einer Veranstaltung: "Wieso sammelt sich so viel sozialer Stoff in Berlin, wieso gehen die nicht nach Oberbayern, wo es den gleichen Sozialhilfesatz und noch dazu bessere Luft gibt?" Er gab die Antwort gleich selbst: "Weil die Menschen, die in Straubing Sozialhilfe beantragen, einen Besen in die Hand bekommen und zumutbare Arbeit leisten müssen."

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