Magdeburg am 9. August 2004

Die größte Montagsdemonstration fand in Magdeburg statt. 15.000 waren auf der Straße – den Montag zuvor waren es 6.000, vor zwei Wochen 600. Angestoßen wurde die Demo von einer Einzelperson, dem arbeitlosen Bahnarbeiter Andreas Ehrhold.

Auf der Straße war die gesamte Bevölkerung – nicht in Zahlen, aber im Schnitt. Familien mit Kinderwagen, Rentner und viele, viele von Hartz IV betroffene. Der Demozug war voll mit selbst gemalten Schildern „Nieder mit Hartz IV“, „Schröder muss weg“, „Hartz IV ist unsozial, denn das Geld kriegt nur das das Kapital“. Die Stimmung war geladen, die Wut und Verbitterung der Menschen fast greifbar.

Nicht sichtbar war die gesamte politische Linke. Keine Gewerkschaftsfahnen, keine Attac-Fahnen, kein PDS-Schild – nichts. Das entsprach der Politik der Veranstalter, einen reinen „Volksprotest“ zu veranstalten – völlig unabhängig von Verbänden, Parteien etc. Die Folge war jedoch, dass die Nazis, obwohl sie nach einer regionalen Mobilisierung nur 100 Leuten zusammenbringen konnten, die sichtbarste politische Kraft darstellten. Da es keine politischen Reden gab, wurde auch der Auftritt der Nazis nicht thematisiert, geschweige denn die Nazis zum verlassen der Demo aufgefordert. Das hat viele Menschen verunsichert – niemand läuft gerne neben den Leugnern von Auschwitz.

Die Lehren von Magdeburg: Wir haben es mit einer sich rasant entwickelnden Volksbewegung im eigentlichen Sinne zu tun – es ist wirklich jeder auf der Straße vereint in der Wut auf „die da oben“. Davon kann die Linke, insbesondere die im Osten noch nicht verankerte „Wahlalternative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit“ enorm profitieren – wenn sie denn sichtbar ist und einen Pol bildet. Wenn sie das nicht tut, wird den Rechten das Feld überlassen – unterstützt durch die Fehler von den Demokraten, die die Nazis wie irgendeine berechtigte politische Meinung behandeln.

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