Mexiko: Viva, viva la Solidaridad

Die deutsche Continental AG wollte in ihren Werken in Mexiko die 7-Tage-Woche einführen. Doch das haben sich die Arbeiter nicht gefallen lassen.


Besetztes Reifenwerk in Mexiko: „Hier kommt kein Reifen mehr raus“

Nach drei Jahren und 30 Tagen Streik und Besetzung haben sich die verbliebenen 600 Arbeiter der Reifenfabrik Compaña Hulera Euzkadi Ende Januar durchgesetzt: Ihre Fabrik, die 2001 geschlossen wurde, wird wieder eröffnet, die Arbeitsplätze sind erhalten.

Der Vorsitzende der kleinen Werksgewerkschaft, Jesús Torres Nuño, feiert diesen „Triumph der Arbeiterbewegung von Euzkadi.“

Diesem Sieg war ein langer Kampf zwischen den deutschen Bossen und den mexikanischen Gewerkschaftern um die Arbeitsbedingungen vorangegangen.

1998 hatte die deutsche Continental AG das Werk übernommen. Schon bald darauf erhöhte der Konzern die Arbeitsbelastung.

„Obwohl nach mexikanischem Recht maximal acht Stunden täglich gearbeitet werden darf, sollte die Arbeitszeit auf zwölf Stunden ausgeweitet werden“, erklärte Jesús Torres Nuño im Mai 2002 gegenüber Linksruck. „Außerdem sollte die 7-Tage-Woche eingeführt werden.“

Als er und seine Kollegen sich dagegen wehrten, entließen die Continental-Bosse im Juni 1999 18 Gewerkschaftsführer. Die Gewerkschafter gingen dagegen vor Gericht und gewannen im November 2001.

Kurz vor Weihnachten fanden die 1.164 Arbeiter der Reifenfabrik in El Salto dann einen Aushang am Werkstor: Die Geschäftsleitung teilte ihnen darin mit, dass das Werk mit sofortiger Wirkung geschlossen werde. Sie zahlte ab sofort keine Löhne mehr.

Vier Wochen später traten die Arbeiter in den Streik, weil sie die überfallartige Schließung nicht hinnehmen wollten. Sie besetzten das Werk, um zu verhindern, dass die wertvollen modernen Maschinen abtransportiert werden könnten. Und sie reichten Klage gegen die Werksschließung ein und nahmen einen langen Rechtsstreit durch verschiedene Instanzen auf.

Die streikenden Arbeiter bekamen drei Jahren lang keinen Lohn. Die meisten Mexikaner sind bettelarm: Die Hälfte der 105 Millionen Mexikaner lebt von weniger als 2 US-Dollar am Tag. Im Laufe der Jahre haben rund 400 Kollegen Abfindungen von Continental angenommen, um über die Runden zu kommen.

Doch 600 Arbeiter kämpften weiter um ihre Arbeitsplätze. Jetzt erhalten sie neben den Abfindungen, die Continental bislang angeboten hatte, gemeinsam die Eigentümerschaft über die Hälfte des Werkes, dessen Wert auf insgesamt 80 Millionen US-Dollar geschätzt wird.

„De facto zahlt Continental damit den Arbeitern den Großteil der seit drei Jahren ausstehenden Löhne“, erklärt Martin Wolpold-Bosien von FIAN, einer internationalen Menschenrechtsorganisation. Die andere Hälfte des Werkes wird der mexikanische Reifenhersteller Llanti Systems übernehmen.

Neben den streikenden Arbeitern und ihren Familien haben auch viele Unterstützer in der ganzen Welt zu diesem Erfolg beigetragen. In Deutschland, dem Hauptsitz der Continental AG, haben vor allem die FIAN und die Organisation Germanwatch den Fall bekannt gemacht.

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hat dafür gesorgt, dass Jesús Torres Nuño und seine Kollegen in Deutschland vor den Aktionärsversammlungen der Continental AG sprechen konnten. Das sorgte für Aufsehen. Die globalisierungskritische Organisation Attac erklärte sich solidarisch, verschiedene Medien berichteten, darunter auch Linksruck.

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