Wie Arbeit geschaffen wird – und wie nicht

Linksruck zeigt, dass die Vorschläge von CDU, SPD und Wirtschaftsinstituten keine Arbeitsplätze schaffen und was stattdessen getan werden muss.


Für 452.074 Jugendliche gibt es keine Ausbildungsplätze. Durch ein Beschäftigungsprogramm könnten hunderttausende Arbeit finden.

Sie wollen: I. Mehr Geld für Unternehmen

Regierung und CDU wollen die Unternehmenssteuern von 25 auf 20 Prozent senken. Hans-Werner Sinn, der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München, behauptet: „Unsere Arbeit ist zu teuer. Sie muss günstiger werden. Das bedeutet, für das gleiche Geld länger zu arbeiten.“

Warum es nichts bringt:

Durch weniger Steuern und längere Arbeitszeiten sollen Konzerne mehr Geld für Investitionen erhalten und so Arbeitsplätze schaffen. Doch Unternehmen investieren ihr Geld oft gar nicht oder nicht in Arbeitsplätze.
Viel Geld wird in Aktien- und Rohstoffmärkte gesteckt, weil dort höhere Profite möglich sind. Zwischen 1991 und 2000 steigerten die deutschen Unternehmen ihre Anlagen an Finanzmärkten von 3,9 auf 10,4 Billionen Euro. Im selben Zeitraum stiegen die Investitionen in Büros, Fabriken und Maschinen um 900 Milliarden auf 2,3 Billionen.
Auch diese Investitionen haben keine Arbeitsplätze geschaffen. Von 1970 bis 2000 haben die Unternehmen in Produzierendem Gewerbe, Handel und Verkehr in Westdeutschland fast 2,5 Billionen investiert. Davor waren dort 150.000 Menschen arbeitslos, nach den Investitionen 2,4 Millionen.
Das ist möglich, weil meistens in Rationalisierungen investiert wird, die Arbeitsplätze vernichten. Im Herbst 2003 investierten nach einer Umfrage nur 15 Prozent der deutschen Unternehmen in Kapazitätserweiterungen, aber 36 Prozent in Rationalisierungen.
Mit diesen Investitionen wird die Produktivität erhöht. Das heißt, immer weniger Arbeiter stellen immer mehr Waren und Dienstleistungen her. Von 1991 bis 2000 ist die Produktivität von Industriearbeitern in der deutschen Wirtschaft um 75 Prozent gestiegen. Die Wirtschaft nutzte die gestiegene Produktivität, um ein Viertel der Arbeitsplätze in der Industrie zu streichen. Mehr Geld für Konzerne gibt diesen mehr Möglichkeiten, Arbeitsplätze zu vernichten.
Nach einer Studie der Gewerkschaft IG Metall wären bei einer allgemeinen Rückkehr zur 40-Stunden-Woche 435.000 Arbeitsplätze gefährdet. Während Beschäftigte mehr arbeiten müssen, kommen Arbeitslose nicht mehr in Lohn und Brot.

Sie wollen: II. Auflösung der Tarifverträge

„Bremser und Beton-Kartelle haben keine Zukunft mehr“, sagt Sinn über die Gewerkschaften. „Grundsätzlich gilt: Abweichungen vom Tarifvertrag vernichten keine Jobs, sondern retten sie.“

Warum es nichts bringt:

In den letzten Jahren wurden die Flächentarifverträge immer weiter ausgehöhlt. Zwar werden in Westdeutschland 70 Prozent der Arbeiter nach Flächentarif bezahlt, im Osten gerade 54 Prozent. Doch in rund 70 Prozent der Tarifverträge nutzen die Unternehmen so genannte Öffnungsklauseln. Deshalb wird tatsächlich länger gearbeitet und weniger gezahlt als der Flächentarif vorsieht.
Entlassungen verhindern diese betrieblichen Vereinbarungen nicht. So wurden bei der General Motors-Marke Opel 2001 mit Öffnungsklauseln umfangreiche Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerungen durchgesetzt. Angeblich sollten dadurch Entlassungen verhindert werden.
Schon 2004 drohte die General Motors-Leitung jedoch mit Standortschließungen und Massenentlassungen. Tarifverträge aufzuweichen erhöht den Gewinn der Unternehmen, sichert aber keine Arbeitsplätze.

Sie wollen: III. Mehr Hartz

„Der Staat muss die Zuverdienstmöglichkeiten für gering qualifizierte Arbeitslose wie Hilfsarbeiter deutlich ausweiten“, meint Sinn. „Wer dieses Angebot nicht wahrnehmen will, sollte seiner Stadt oder Gemeinde acht Stunden pro Tag als Ein-Euro-Jobber zur Verfügung stehen. Lieber einen Steuer-Euro fürs Mitanpacken ausgeben, als fürs Nichtstun.“

Warum es nichts bringt:

Hartz IV hat keine Arbeitsplätze geschaffen. 5,2 Millionen Menschen sind arbeitslos. Das sind mehr als je zuvor seit 1945.
Minijobs schaffen keine Arbeitsplätze, sie vernichten sie. Allein im Einzelhandel sind im letzten Jahr 227.000 reguläre Arbeitsplätze weggefallen, während die Zahl der Minijobs im gleichen Zeitraum um 176.000 auf 835.000 gestiegen ist. Die Bundesknappschaft, eine Krankenversicherung für Bergarbeiter, zählte Ende September 2004 in Deutschland 8,4 Millionen so genannte geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, 400.000 mehr als noch im Juni.
Auch die Ein-Euro-Jobber bringen keine zusätzlichen Arbeitsplätze, sondern verdrängen bestehende Vollzeitjobs. Sie erledigen Arbeiten, die eigentlich regulär bezahlte Angestellte erledigen sollten: Die Reinigung öffentlicher Gebäude, Küchenarbeit in städtischen Kindergärten, die Pflege von Grünanlagen oder das Anstreichen von Schulen. „Wir wollen nicht jedes Mal prüfen, ob diese Jobs den ersten Arbeitsmarkt gefährden“, gibt der Sprecher der Hamburger Arbeitsagentur, Böhrnsen, zu.

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