Usbekistan: Wir können so nicht leben

Diktator Karimow ließ hunderte Demonstranten ermorden. Die deutsche Regierung ist gut Freund mit ihm.

Diktator Karimow

Islam Karimow war bis 1991 Chef der usbekischen Kommunistischen Partei (KP), als das Land noch zur Sowjetunion gehörte. Seitdem ist er usbekischer Präsident und der KP-Nachfolger „Demokratische Volkspartei“ hat die Mehrheit im Parlament.
Neben dieser sind noch vier andere Parteien erlaubt, die alle auf Befehl Karimows gegründet wurden und ihn unterstützen. Alle oppositionellen Parteien sind verboten. Viele ihrer Anführer wurden zum Auswandern gezwungen oder ermordet.
In Usbekistan gibt es kein Recht auf freie Meinungsäußerung und keine Pressefreiheit. Das Ausüben des Islams ist teilweise verboten, beispielsweise das Tragen von langen Bärten. Die Predigten in Moscheen werden vom Staat vorgeschrieben oder zensiert.
Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hält die usbekische Regierung bis zu 8000 politische Gegner gefangen. Viele werden wegen angeblichem „islamistischem Terrorismus“ zum Tode verurteilt. Jedes Jahr werden bis zu 200 Menschen hingerichtet.

Die usbekische Armee hat am 13. Mai in Andischan etwa 1000 unbewaffnete Menschen ermordet, die für Freiheit und Brot demonstriert hatten.

Auslöser für die Proteste war ein Prozess gegen 23 Geschäftsleute, denen Terrorismus vorgeworfen wurde. Obwohl großer Druck auf die Angeklagten und die Zeugen ausgeübt wurde, musste der Staatsanwalt den Anklagepunkt fallen lassen. Er gab zu, dass diese Männer keine Straftat begangen hätten.

Dennoch wollte er sie verurteilen. Darum stürmten Tausende das Gefängnis, in dem die Angeklagten saßen und befreiten sie.

Eine AP-Korrespondentin berichtet über weitere Forderungen der Demonstranten: „Wir wollen, dass unsere Männer aus Russland zurückkommen, wo sie Sklavenarbeit leisten, um Geld nach Hause schicken zu können“, sagte eine Frau. „Die Bänder in den Fabriken stehen still, es gibt keine Arbeit“, meinte eine andere.

In der Menge machten einige den Diktator Karimow für das Elend im Land verantwortlich. „Er muss gehen“, sagt Guoasar Madaminowa. „Unter ihm haben wir den Geschmack von Fleisch und Butter vergessen.“
Dann schossen Soldaten auf die friedlichen Demonstranten. Viele wurden von hinten erschossen, als sie fliehen wollten.

Befohlen hat den Massenmord Diktator Karimow. Nach seinen Angaben töteten seine Soldaten 169 Menschen. Die Internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte und die Menschenrechtsgesellschaft von Usbekistan geben 1000 Tote an, darunter viele Frauen und Kinder. Karimow behauptet, dass alle Opfer Terroristen waren, doch die Menschen glauben ihm nicht.

Ein Student aus der Hauptstadt Taschkent gegenüber Linksruck: „Alle Studenten in Taschkent reden über die Ereignisse. Wir wissen, dass unsere Medien nicht die Wahrheit sagen.
Die Leute waren keine islamistischen Terroristen. Sie sind gegen Karimow auf die Straße gegangen, da sie in diesem System nicht mehr leben können.
Aber hier in Taschkent haben alle Angst. Zurzeit protestiert niemand.
Soldaten mit Maschinengewehren bewachen die Polizeigebäude. Alle Fahrzeuge werden an der Stadtgrenze vollständig durchsucht. Immer wieder werden unsere Ausweise kontrolliert.“

Ein anderer: „Immer wenn ich über die Verhältnisse nachdenke, in denen wir hier Leben, möchte ich nur noch weg. Das kann ich aber nicht.
Keiner will hier einen „Gottesstaat“ aufbauen. Das sind die Lügen des Präsidenten. Die Menschen wollen normal leben. Das ist nicht mehr möglich.“

Karimow begründete die Erschießungen auch damit, „keine kirgisischen Verhältnisse zulassen“ zu wollen. Im Nachbarland Kirgisien hatten die Menschen Diktator Akajew im März gestürzt. Tatsächlich kann Karimow sich nur mit Staatsterror an der Macht halten, weil die meisten Usbeken gegen ihn sind.

Karimow kann seinen Unterdrückungsapparat auch deshalb bezahlen, weil die USA, Deutschland und die gesamte EU ihm viel Geld für seine Treue zahlen. Nach dem 11. September 2001 ist Karimow der
„Anti-Terror-Koalition“ von US-Präsident Bush beigetreten.

Seitdem werden alle Oppositionellen zu islamistischen Terroristen erklärt und jeder Versuch der Menschen, sich aufzulehnen, als internationaler Terrorismus bezeichnet. Andere Regierungen sagen nichts mehr dagegen.

Bundeskanzler Schröder lobte Karimow als „verlässlichen Verbündeten“. In Deutschland ist Islam Karimow ein willkommener Gast. Er war bereits dreimal zu Staatsbesuchen angereist.

Regelmäßig besuchen deutsche Regierungsmitglieder Usbekistan. Außenminister Fischer im Februar 2002, Kanzler Schröder im Mai 2002, Verteidigungsminister Struck im Juli 2002, August 2003 und Januar 2004, die Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit Wieczorek-Zeul im August 2003.

Nach einem Bericht der Sendung Monitor bildet die Bundeswehr usbekisches Militär aus. Verteidigungsminister Struck: „Wir haben in der vergangenen Zeit 78 Offiziere aus Usbekistan in Deutschland ausgebildet, mit dem Ergebnis, dass schon zwei dieser Offiziere inzwischen Generale der usbekischen Armee geworden sind.“

Kenneth Roth von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch: „Bei der UN-Menschenrechtskommission in Genf hat die Bundesrepublik tatsächlich mitgeholfen, eine Resolution der Europäischen Union zu blockieren, die Usbekistan kritisieren sollte.“

Die USA und Deutschland haben Truppen in Usbekistan stationiert und führen auch von dort ihren Krieg in Afghanistan, um ihre Marionettenregierung von Präsident Karsai an der Macht zu halten.

Das deutsche Außenministerium schreibt: „Usbekistan gewährt Hilfestellung in Form von Überflug-, Lande- und Stationierungsrechten. Es hat als erster Nachfolgestaat der ehemaligen Sowjetunion den USA und Deutschland Stützpunktrechte eingeräumt.

Die USA haben einen Militärflughafen in Chanobad eingerichtet. Deutschland unterhält seit 2002 einen Lufttransportstützpunkt in Termes zur logistischen Unterstützung der ISAF-Truppen in Afghanistan.“

Im Gegenzug zahlten die USA letztes Jahr 17 Millionen Euro an Usbekistan. Wohin das Geld der USA und EU fließen, sieht man in Taschkent: Während Schulen zu Bruchbuden herunterkommen sind und kein Geld für Schulbücher da ist, hat die Nationalbank einen protzigen Wolkenkratzer mit Glasfassade gebaut, der wie eines der großen Bankgebäude in Frankfurt am Main aussieht. Während die Menschen kaum Geld zum Überleben haben, kontrolliert die Polizei im Mercedes die Straßen.

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