Krieg bringt Terror

Die Attentäter in London hassten nicht die Freiheit, sondern die Besatzung und die Unterdrückung im Irak.

Während am 7. Juli tausende Polizisten und Soldaten den G8-Gipfel in Gleneagles bewachten, schützte niemand die Menschen in der Londoner U-Bahn. Bürgermeister Ken Livingstone, der gegen die Besatzung des Irak aktiv ist, sagte: „Dies ist kein Anschlag auf die Reichen und Mächtigen, sondern auf die einfache arbeitende Bevölkerung Londons.“

Livingstone deutete an, wer die richtigen Zielscheiben für die Anschläge gewesen wären: Die Regierungen der USA, Russlands, Großbritanniens oder Deutschlands sind alle Mitglieder der G8 und planen nicht nur die Unterwerfung der Welt unter den Profit, sondern auch den so genannten „Krieg gegen den Terror“.

George Galloway, Abgeordneter der britischen Linkspartei Respect, sagte, dass „Menschen, die in Explosionen sterben, den gleichen Tod sterben, egal ob in London oder Falludscha“. Die Toten in London, die toten Besatzungssoldaten im Irak und in Afghanistan und die hunderttausenden ermordeten Iraker sind alle Opfer desselben Krieges.

Wie der Journalist John Pilger erklärte, hat „kein Geheimdienst den Irak vor der Invasion für ein Zentrum des Terrorismus gehalten. Vor wenigen Wochen aber stellte ein Geheimreport der US-amerikanischen CIA fest, dass die Invasion den Irak erst zu einem Zentrum des Terrors gemacht hat.“ Der „Krieg gegen den Terror“ führt zu Terror.

Millionen waren in Großbritannien gegen den Krieg im Irak auf der Straße: Christen, Muslime, Sozialisten, Juden, Briten und Ausländer. Premierminister Blair hat die Menschen in einen Krieg getrieben, den sie nicht wollten. „Wenn die britische Regierung diese katastrophale Politik fortsetzt, werden noch größere Katastrophen folgen“, warnt Galloway.

Genauso wenig, wie US-Präsident Bush den Irak überfallen hat, weil er Christ ist, sind Muslime oder der Islam verantwortlich für die Attentate. Die muslimischen Gemeinden haben mit ihrer massenhaften Beteiligung an der Antikriegsbewegung unter dem Motto „Nicht in meinem Namen“ viel dafür getan, um Anschläge wie in London zu verhindern.

„Muslime waren genauso Opfer, wie Nicht-Muslime. Ich würde sogar sagen: doppelte Opfer, Bombenopfer und Opfer der Hetze gegen Muslime“, bestätigt Yusra Khreegi von der Vereinigung der Muslime. Sie sagt weiter, dass „Bush und die Terroristen auf ein Ergebnis hinarbeiten: uns Angst einzujagen und zu spalten. Aber wir lassen uns nicht spalten. Wir handeln gemeinsam gegen beide.“

Die Attentäter arbeiteten oder studierten und trieben Sport wie andere Briten. Sie waren keine Fundamentalisten, die „unseren Lebensweg angreifen“ wollten, wie Blair behauptete. Salma Yaqoob vom Stoppt-den-Krieg-Bündnis betont: „Das ist keine religiöse, sondern politische Gewalt. Sie hat ihre Wurzeln in der unbändigen Wut gegen die Verbrechen der amerikanischen und britischen Außenpolitik, die die Strukturen von Unterdrückung und Ausbeutung in den arabischen Staaten unterstützt.“

Die Attentäter haben die zunehmende rassistische Gewalt gegen Muslime nach den Anschlägen in New York am 11. September 2001 erlebt. Sie haben Bilder von ermordeten und gefolterten Muslimen in Abu Ghureib, Guantanamo und Falludscha gesehen. Sie wussten von den Verbrechen der Besatzer in Palästina und im Irak, von den US-amerikanischen Folterzentren und den 100.000 irakischen Opfern von Besatzung und Krieg. Wahrscheinlich wussten sie, dass das UN-Embargo gegen den Irak in den 90er Jahren laut der damaligen US-Außenministerin Albright „500.000 irakische Kinder wert war“, die verhungerten.

„Wie wir alle“, so die britische Sozialistische Arbeiterpartei in einer Stellungnahme zu den Anschlägen, „werden sie voll Wut gewesen sein. Aber sie haben alle Hoffnung aufgegeben. Sie sind der verhängnisvollen Vorstellung erlegen, dass sie die Welt von Gewalt befreien könnten, indem sie diese Gewalt in irgendeiner Weise gegen Unschuldige richten.“

Mehr Polizeikontrollen, Überwachung und Diskriminierung von Muslimen hat die Attentate nicht verhindern können und wird auch in Zukunft keine verhindern. Die muslimischen Gemeinden befürchten, verstärkt Opfer von Hetzkampagnen zu werden.

Tariq Saled vom muslimischen Jugendforum der Zeitung Guardian befürchtet, „dass die Jagd auf Muslime wieder eröffnet ist. Egal, wie sehr wir Muslime die Anschläge verurteilen, wir werden trotzdem als Übeltäter hingestellt.“

Rassistische Angriffe in den Medien und auf den Straßen und der Generalverdacht gegen Muslime nehmen wieder zu. Überfälle auf Muslime und Anschläge auf Moscheen gab es schon vor dem 7. Juli, aber seitdem werden es mehr.

Peter Brierley, dessen Sohn als Soldat im Irak getötet wurde, protestiert dagegen: „Unsere beste Verteidigung ist das multiethnische Großbritannien, das zusammen für den Frieden und eine grundlegende Veränderung der englischen Außenpolitik kämpft.“ Schon jetzt protestieren tausende Londoner an Mahnwachen mit Schildern und weißen Händen gegen Krieg und gegen Terror.

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