APO-Kongress im Herbst

Entwurf von
Bernd Riexinger (Arbeitsausschuss Gewerkschaftslinke, Ver.di-GF Stuttgart)
Nele Hirsch (fzs = bundesweite Studierendenvertretung)
Horst Schmitthenner (Initiative Politikwechsel, IGM)
Willi van Ooyen (Friedens- und Zukunftswerkstatt, Friedensratschlag, SFiD-VG)
Pedram Shayahr (Attac)
Sabine Leidig (Attac)
Roland Klautke (Attac, Montagsdemo-Koordination)
Werner Halbauer (Linksruck)

Angesichts der wahrscheinlichen Ergebnisse der vorgezogenen Bundestagswahl (Schwarz-Gelbe Bundesregierung oder Große Koalition), muss davon ausgegangen werden, dass die neoliberale Orientierung anhält und weitere Umverteilungsschritte zu Gunsten von Unternehmen und Kapital bevorstehen. Auch der erwartete Einzug der neuen Linkspartei in den Bundestag wird das nicht verhindern, auch wenn sich damit die Bedingungen für wirksame Opposition verbessern.

Die Frage, ob es in Deutschland gelingt, weiteren neoliberalen Umbau zu behindern und einen Beitrag zur Entwicklung einer solidarischen und friedlichen europäischen Perspektive zu leisten (die sich weltweit auswirkt), wird entscheidend von den sozialen Bewegungen beeinflusst werden. Wir sehen die Herausforderung, einerseits breite anti-neoliberale Koalitionen zu schmieden, um Schlimmeres zu verhindern und „Dumpingdruck“ auf andere Länder zu mindern und andererseits ein neues linkes Projekt zu stärken, das glaubwürdige und zeitgemäße alternative Perspektiven entwickeln kann.

Die im Vorfeld der Bundestagswahl geplanten Aktivitäten von verschiedenen Gruppierungen können als vorbereitende Schritte dazu betrachtet werden:
in Berlin wird es vermutlich eine Protestaktion anlässlich des SPD-Parteitages am 31. August geben.
die Friedensbewegung wird zum 6. August und zum 1.September gegen Rüstungsprogramme und Bundeswehreinsätze protestieren.
die Anti-Hartz-Bündnisse, bzw. MontagsdemonstrantInnen wollen am 3. September dezentral gegen Agenda 2010, Hartz IV und für Mindestlöhne, Arbeitszeitverkürzung und Grundeinkommen werben.
Am 11. September lädt die Initiative Politikwechsel Linke aus SPD, Grünen, WASG und PDS zur Debatte mit Attac und anderen Bewegungs-VertreterInnen unter der Überschrift „Perspektiven für eine linke Politik“.

Insgesamt besteht Einigkeit über die Einschätzung, dass keine zentralen Protestaktionen vor der vorgezogenen Bundestagswahl auf die Beine gestellt werden können, weil einerseits wegen der Sommerferien und der Formierung der neuen Linkspartei und des beginnenden Wahlkampfes die personellen Kräfte dafür fehlen, oder gebunden sind. Weil andererseits kaum eine sinnvolle Adressierung möglich wäre kurz vor einem zu erwartenden Regierungswechsel und schließlich nur eine deutliche Positionierung für die neue Linkspartei übrig bliebe, die aber für wichtige APO-Akteure nicht in Frage kommt.

Vorschlag: APO-Kongress mit Aktionsorientierung im Herbst 05

Um die außerparlamentarische Opposition „aufzustellen“, strategische Linien zu diskutieren, die politische und zeitliche Synchronisation von bevorstehenden Protesten zu ermöglichen und über kontinuierliche gemeinsame Koordinationsprozesse zu beraten, soll möglichst bald nach der Bundestagswahl ein Kongress (Ratschlag) der außerparlamentarischen, emanzipatorischen Kräfte organisiert werden.

Ein für den Herbst geplanter Jugendkongress soll ein- und angebunden

Als Leitidee soll das Thema „Umverteilen – aber richtig!“ (oder ähnlich) im Mittelpunkt stehen. Zum einen, weil verschiedene politische Maßnahmen die Verteilungsungerechtigkeit weiter zu verschärfen drohen und zum anderen, weil sich verschiedene thematische Zugänge in diesem Focus bündeln lassen.

Auf der Agenda werden ziemlich sicher folgende Themen stehen:

  • Erhöhung der Mehrwertsteuer und Entlastung der Arbeitgeber
  • Studiengebühren / Kürzung von BAFöG
  • Verlängerung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst
  • Untergraben der Flächentarifverträge und der Tarifautonomie
  • Erhöhung von Sozialversicherungsbeiträgen für Beschäftigte und weitere Kürzung von Sozialleistungen (z.B. Rente)
  • Aus unserer Sicht geht es darum, die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Umverteilungsprozesse zu diskutieren und einen gemeinsamen Politisierungsprozess verschiedener „Betroffenengruppen“ zu organisieren.
    So geht es beispielsweise bei der Verlängerung von Arbeitszeiten auch um die Berufsaussichten von Jugendlichen, oder die Qualität öffentlicher Dienstleistungen für BürgerInnen. Das Thema Studiengebühren wiederum betrifft nicht nur die Frage des Zugangs zu Bildung, sondern auch Elitebildung, Bildungsinhalte und Demokratie.
    Tarifverträge schützen nicht nur die noch Beschäftigten, sondern sind Ausdruck regulierter Verhältnisse zwischen Kapital und Arbeit ….
    Teilhabe an der Gesellschaft, Geschlechtergerechtigkeit, Friedenspolitik, ökologischer Umbau werden dabei eine Rolle spielen und das auch mit Blick auf globale Entwicklungen.

    Darüber hinaus soll auch unsere Perspektive für Europa unter dem Blickwinkel der Verteilungsgerechtigkeit diskutiert werden. Dazu gehört die Steuerpolitik eben so wie die sozialen Rechte oder die Entwicklungen im Umwelt- oder Rüstungsbereich.

    Orientierung auf gemeinsame Protestaktionen

    Im Unterschied zum Sozialforum soll der APO-Kongress auf gemeinsame Proteste und Aktionen orientieren. Dazu wird das Regierungsprogramm, bzw. die Koalitionsvereinbarung konkrete Anlässe bieten.

    Schon im Anschluss an oder als Bestandteil des Kongresses sollen „typische Köpfe“ der Bewegung gemeinsam mit eine medienwirksamen Aktion in die Öffentlichkeit treten – Querlegen auf einer Kreuzung z.B. – und signalisieren, dass mit uns zu rechnen ist.

    Im Dezember könnten mit einigen regionalen Demonstrationen Bündnisarbeit und Mobilisierung forciert werden.

    Im Frühjahr 2006 soll – mit Focus auf das Gesetzgebungsverfahren für „einen dicken Hammer“ – eine große gemeinsame bundesweite Protestaktion organisiert werden.

    Terminvorschlag: 19./20. November 05

    Um einerseits möglichst bald gemeinsame Handlungsfähigkeit zu entwickeln und andererseits schon eine konkrete Vorstellung der Regierungsvorhaben zu kennen, scheint ein Termin in der zweiten Novemberhälfte sinnvoll.

    Als Ort favorisieren wir Frankfurt, weil zentral gelegen und nicht ans Parlament „angedockt“.
    Die TeilnehmerInnen am Kongress sollen vor allem Aktive (MultiplikatorInnen) aus sozialen Initiativen und Verbänden, Gewerkschaften, Umwelt- und Friedensbewegung, Attac usw. sein.

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