Italien: Generalstreik gegen Sparpaket

Die außerparlamentarische Bewegung drängt Italiens rechte Regierung in die Ecke.


Mit Plakaten haben Streikende in Rom gezeigt, dass sie sich um ihre „Renten“, „Arbeitsplätze“ und öffentliche Einrichtungen wie „Schulen“ sorgen. Denn der Haushaltsplan der Regierung für 2006 enthält weitreichende Kürzungen. Millionen Arbeiter streikten. 500.000 demonstrierten im ganzen Land

Fast 90 Prozent der Arbeiter und Angestellten haben am 25. November in ganz Italien gegen die 16 Millionen Euro schwere Haushaltskürzung gestreikt. Diese will der rechte Regierungschef Berlusconi im nächsten Jahr umsetzen. Zu dem Generalstreik hatten die drei großen Gewerkschaften Italiens aufgerufen.

„Die Kürzungen betreffen vor allem das Gesundheitssystem und die Kommunen“, sagt Fabio Amato von der italienischen Linkspartei Rifondazione Comunista gegenüber Linksruck. „Das bedeutet noch weniger Sozialstaat.“

Der Generalstreik könnte einer der letzten Sargnägel für die rechte Regierung sein. Im April 2006 sind Wahlen und die Mitte-Links-Opposition „Unione“ liegt in Umfragen 12 Prozentpunkte vorn.

Die 51-jährige Anna Cristiane ist Angestellte beim Kultusministerium. Gegenüber einem Reporter sagt sie, was Millionen dazu gebracht hat, zu streiken: „Es ist ein Skandal. Die Berlusconi-Regierung hat Versprechungen gemacht und sie gebrochen. Ich habe nicht das Gefühl, dass mein Arbeitsplatz sicher ist“. Ein Gewerkschafter stellte fest: „Mit diesem Gesetz wird das Land verarmen“.

Berlusconi ist vor vier Jahren gewählt worden. Er hat ein „Wirtschaftswunder“ versprochen. Doch sein Programm, die Unternehmen auf Kosten der Arbeiter zu entlasten und Italien durch Sozialkürzungen international konkurrenzfähiger zu machen, ist gescheitert. „Es herrscht eine tiefe soziale Krise im Land“ erklärt Fabio Amato. „Arbeiter zahlen die meisten Steuern, während die Reichen reicher werden und Steuerflucht begehen.“

Die Wirtschaft liegt am Boden und 13,2 Prozent der Italiener leben unterhalb der Armutsgrenze. Vielen reicht ihr Einkommen nicht bis zum Monatsende. Die Supermärkte berichten, dass der Umsatz in der letzten Woche jeden Monats einbricht. Vier von zehn Italienern zwischen 30 und 34 Jahren leben bei ihren Eltern, weil sie sich keine eigene Wohnung leisten können.

Der Generalstreik Ende November ist bereits der sechste gegen Berlusconi. Die Führungen der drei großen Gewerkschaften haben ihn auf vier Stunden begrenzt. Sie setzen darauf, dass Berlusconi im April abgewählt und durch Romano Prodi ersetzt wird, den Spitzenkandidaten des Oppositionsbündnisses „Unione“. Die Linkspartei Rifondazione Comunista ist Teil des Bündnisses und will sich an einer Prodi-Regierung beteiligen.

Prodi hat jedoch bereits erklärt, dass auch er „sparen“ will. Er war bereits zwischen 1996 und 1998 Regierungschef, damals an der Spitze des Parteienbündnisses „Olivenbaum“. Um Italien fit für den Euro zu machen, schlug er einen drastischen Sparkurs ein und privatisierte Staatsunternehmen, im öffentlichen Dienst und an den Universitäten. Arbeitsplätze entstanden nicht. Und zusammen mit der Armut stieg die Enttäuschung seiner Wähler. So ermöglichte die Politik des Olivenbaums Berlusconi 2001 den Wahlsieg.

Sechs Generalstreiks, etwa gegen die Lockerung des Kündigungsschutzes und die Rentenreform, haben Berlusconi geschwächt. Die Massenproteste gegen den Irak-Krieg und die Beteiligung an der Besatzung, sowie eine der stärksten globalisierungskritischen Bewegungen Europas haben Berlusconi in die Ecke gedrängt.

Die Rifondazione ist ein wichtiger Teil dieser Bewegungen und unterstützt diese. Wenn sie sich an einer Prodi-Regierung beteiligt, die Berlusconis Politik in anderem Gewand fortsetzt, wird sie die Bewegungen schwächen und selbst Glaubwürdigkeit verlieren.

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