Leben als Gefälligkeit

Drei Frauen kämpfen verzweifelt um Selbstbestimmung."Mrs. Dalloway sagte, sie wolle die Blumen selber kaufen." Mit diesem Satz, der den Entschluss der Heldin formuliert, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, beginnt Virginia Woolfes Roman "Mrs. Dalloway".
Mit dem Buch als Verbindungspunkt verschränkt das bewegende Drama "The Hours" einen Tag im Leben dreier Frauen, die an ihrer jeweiligen gesellschaftlichen Rolle verzweifeln: Da ist zunächst Virginia Woolfe selbst (Nicole Kidman), die 1923 in einem englischen Dorf mit eben diesem ersten Satz ihres Buches ringt. Ihr Mann erwartet, dass sie auf dem Land ihre seelischen Krankheiten ausheilt. Woolfe möchte jedoch unbedingt zurück nach London.
1952 liegt ihr Werk in Los Angeles auf dem Nachttisch von Laura Brown (Julianne Moore), die ihre Arbeit als Hausfrau wie ferngesteuert erledigt, obwohl sie am liebsten vor ihrer Familie davonlaufen würde. Und in der Gegenwart treffen wir in New York die Lektorin Clarissa (Meryl Streep), die seit Jahren ihren sterbenden Mann Richard (Ed Harris) pflegen muss, der ihr vor langer Zeit, als ihre Liebe noch frisch war, den Kosenamen "Mrs. Dalloway" gab. Jetzt plant Clarissa zu seinen Ehren eine Party, für die sich der geistig verwirrte Richard aber nicht interessiert.
Die raffinierte Verschränkung der Schicksale der drei Frauen über Raum- und Zeitgrenzen hinweg inszeniert Regisseur Stephen Daldry ("Billy Elliot") mit großer Leichtigkeit. In Montagen der verschiedenen Handlungen zeigt er seine Heldinnen als Schwestern im Geiste, als tapfere Kämpferinnen in einer Welt voller Unverständnis und unbefriedigender Arbeit – ob in der Küche, bei der Krankenpflege oder an der Schreibmaschine. Alle drei aber, die in ihren täglichen Ritualen gefangen scheinen, erleben einen einschneidenden Tag der Entscheidung über ihr Leben.
Vor allem Lauras Geschichte schildert dabei die Verzweiflung von Frauen, die ihr Leben einzig führen, "um anderen eine Gefälligkeit zu erweisen", wie Woolfe es ausdrückt. Da ist Lauras Mann, den sie treu umsorgt, aber nicht liebt, ihr kleiner Sohn, der sie vergöttert, ihr aber erdrückend auf jeden Schritt folgt, und ihr Haus, in dem alles seinen Platz hat außer Lauras Wünschen. Ihre Gefühle für die ebenfalls verheiratete Freundin muss sie verdrängen, um den Schein einer glücklichen Ehe zu wahren.
Als Laura schwanger wird, will sie ihrem Schmerz durch Selbstmord ein Ende setzen, entscheidet sich aber im letzten Moment, zu leben und ihr Kind zur Welt zu bringen, auch wenn sie ihre Probleme nicht zu lösen weiß: Nach der Geburt flieht sie heimlich und sieht ihre Familie nie wieder.
"The Hours" ist eine mitreißende, aber verzweifelte Forderung nach Selbstbestimmung, welche die drei Frauen nur durch größte Opfer erreichen können. So beginnt und endet der Film mit Woolfes Freitod, den sie 1941 tatsächlich wählte, um ihrer fortschreitenden Geisteskrankheit zu entgehen.

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Leben als Gefälligkeit

Drei Frauen kämpfen verzweifelt um Selbstbestimmung."Mrs. Dalloway sagte, sie wolle die Blumen selber kaufen." Mit diesem Satz, der den Entschluss der Heldin formuliert, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, beginnt Virginia Woolfes Roman "Mrs. Dalloway".
Mit dem Buch als Verbindungspunkt verschränkt das bewegende Drama "The Hours" einen Tag im Leben dreier Frauen, die an ihrer jeweiligen gesellschaftlichen Rolle verzweifeln: Da ist zunächst Virginia Woolfe selbst (Nicole Kidman), die 1923 in einem englischen Dorf mit eben diesem ersten Satz ihres Buches ringt. Ihr Mann erwartet, dass sie auf dem Land ihre seelischen Krankheiten ausheilt. Woolfe möchte jedoch unbedingt zurück nach London.
1952 liegt ihr Werk in Los Angeles auf dem Nachttisch von Laura Brown (Julianne Moore), die ihre Arbeit als Hausfrau wie ferngesteuert erledigt, obwohl sie am liebsten vor ihrer Familie davonlaufen würde. Und in der Gegenwart treffen wir in New York die Lektorin Clarissa (Meryl Streep), die seit Jahren ihren sterbenden Mann Richard (Ed Harris) pflegen muss, der ihr vor langer Zeit, als ihre Liebe noch frisch war, den Kosenamen "Mrs. Dalloway" gab. Jetzt plant Clarissa zu seinen Ehren eine Party, für die sich der geistig verwirrte Richard aber nicht interessiert.
Die raffinierte Verschränkung der Schicksale der drei Frauen über Raum- und Zeitgrenzen hinweg inszeniert Regisseur Stephen Daldry ("Billy Elliot") mit großer Leichtigkeit. In Montagen der verschiedenen Handlungen zeigt er seine Heldinnen als Schwestern im Geiste, als tapfere Kämpferinnen in einer Welt voller Unverständnis und unbefriedigender Arbeit – ob in der Küche, bei der Krankenpflege oder an der Schreibmaschine. Alle drei aber, die in ihren täglichen Ritualen gefangen scheinen, erleben einen einschneidenden Tag der Entscheidung über ihr Leben.
Vor allem Lauras Geschichte schildert dabei die Verzweiflung von Frauen, die ihr Leben einzig führen, "um anderen eine Gefälligkeit zu erweisen", wie Woolfe es ausdrückt. Da ist Lauras Mann, den sie treu umsorgt, aber nicht liebt, ihr kleiner Sohn, der sie vergöttert, ihr aber erdrückend auf jeden Schritt folgt, und ihr Haus, in dem alles seinen Platz hat außer Lauras Wünschen. Ihre Gefühle für die ebenfalls verheiratete Freundin muss sie verdrängen, um den Schein einer glücklichen Ehe zu wahren.
Als Laura schwanger wird, will sie ihrem Schmerz durch Selbstmord ein Ende setzen, entscheidet sich aber im letzten Moment, zu leben und ihr Kind zur Welt zu bringen, auch wenn sie ihre Probleme nicht zu lösen weiß: Nach der Geburt flieht sie heimlich und sieht ihre Familie nie wieder.
"The Hours" ist eine mitreißende, aber verzweifelte Forderung nach Selbstbestimmung, welche die drei Frauen nur durch größte Opfer erreichen können. So beginnt und endet der Film mit Woolfes Freitod, den sie 1941 tatsächlich wählte, um ihrer fortschreitenden Geisteskrankheit zu entgehen.

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