Matrix Reloaded: Alles ist vorherbestimmt

Wie aus einem Befreiungskampf unterdrückter Menschen die Anbetung eines Science-Fiction-Jesus geworden ist."Ich werde den Menschen das zeigen, was sie nicht sehen sollen. Ich zeige ihnen eine Welt ohne Gesetze, ohne Kontrollen, und ohne Grenzen – eine Welt, in der alles möglich ist. Wie es dann weiter geht, das liegt ganz an euch." Das hatte uns Neo (Keanu Reeves) am Ende des ersten Matrix-Films versprochen.
Doch "Matrix Reloaded" zeigt keine freie Welt. Noch immer beherrschen die Maschinen die Erde und benutzen die Körper der Menschen als Energiequelle. Um Aufstände zu verhindern, wird den Menschen ständig eine am Computer programmierte Scheinwelt, die Matrix, ins Gehirn eingespeist. Nur Neo und wenige andere sind bereits aus ihr befreit worden. Sie versuchen zu verhindern, dass die Maschinen die letzten freien Menschen ermorden.
Doch aus dem Freiheitskampf des ersten Teils haben die Regisseure Andy und Larry Wachowski jetzt eine Science-Fiction-Version der Bibel gemacht. Dabei wirkt "der auserwählte" Neo wie Jesus, von dem es allein abhängt, ob die Menschen den Krieg gegen die Maschinen gewinnen können. In der letzten Stadt der Menschen stellen sie Neo zur Verehrung Essen vor die Tür und bitten ihn, ihre Kinder zu beschützen.
Gewinnen kann Neo angeblich nur, wenn er die Ratschläge des "Orakels" befolgt, ein Programm in der Matrix, dass scheinbar auf die Seite der Menschen gewechselt ist. Neos Prophet ist der Captain eines Kriegsraumschiffes, Morpheus (Laurence Fishburne). Er hat den Menschen zwar wenig zu sagen, außer, dass sie keine Angst haben und an den auserwählten Erlöser Neo glauben sollen. Trotzdem schafft es Morpheus unerklärlicherweise, alle davon zu überzeugen, dass die Stadt nicht verteidigt werden muss, weil angeblich allein Neo die Menschheit retten könne. Denn das sei "die Prophezeiung" des Orakels.
Diese Prophezeiung ist es auch, mit der die Regisseure erfolglos versuchen, zahlreiche sinnlos in den Film gestopfte Figuren und Ereignisse zu erklären. So antwortet beispielsweise der "Schlüsselmacher" (Randall Duk Kim) auf die sehr berechtigte Frage, wieso ausgerechnet er genau wisse, wie der zentrale Computer der Matrix zerstört werden könne: "Es ist meine Bestimmung, das zu wissen."
Zwar sind einige Spezialeffekte atemberaubend. Vor allem die viertelstündige Szene auf der Autobahn lässt jede andere Verfolgungsjagd der Filmgeschichte wie eine Schautafel aus der Fahrschule aussehen. Doch "Matrix Reloaded" ist nie annährend so faszinierend wie der erste Teil, der uns mit der Matrix auf verblüffende Weise erklärt hat, wieso wir oft das Gefühl haben, willenlos durch eine Welt zu gehen, die wir nicht beeinflussen können.
In Teil zwei ist die Matrix hingegen lediglich eine Sammlung von Schauplätzen, in denen Neo seine übermenschlichen Fähigkeiten in überlangen Kampfszenen vorzeigen kann. Bleibt zu hoffen, dass wenigstens der dritte Teil "Matrix Revolutions" ab 6. November seinem Namen gerecht wird.

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