"Wir wollen eine kämpferische Gewerkschaft"

Viele Gewerkschafter sind wütend auf ihre Führung, weil sie den Streik in der ostdeutschen Metallindustrie abgebrochen hat. Linksruck dokumentiert, was sie vom Ende des Streiks halten. Mehr offene Briefe, Resolutionen und Debattenbeiträge findet Ihr bei www.labournet.de.An den Vorstand der IG Metall und persönlich an Klaus Zwickel
Im Vorstand der IG Metall fiel die Entscheidung über die Streikaufnahme einstimmig und sie wurde nach außen gemeinsam von Jürgen Peters und dir vertreten. Deshalb grenzt es schon an Kaltschnäuzigkeit, wie die IG Metall-Bevollmächtigten Hinse, Franz, du und andere Betriebsratsfürsten, den Kollegen Jürgen Peters eliminieren wollen.
Hier wird auf dem Rücken der Gewerkschaft ein schmutziger Machtkampf ausgetragen. Persönlich werfe ich dir und deinen Intriganten, antigewerkschaftliches Verhalten vor. Dieses Vorgehen hat die streikenden Kolleginnen und Kollegen im Osten entscheidend geschwächt und die IG Metall gespalten. Beide, Hinse und Franz, hatten keine Legitimation von irgendwelchen Gremien und auch nicht von der Opel-Belegschaft erhalten.
Wenn der Streik nur noch eine Woche länger gedauert hätte, hätten wir nach meiner Meinung einen Sieg davon getragen! In den letzten Streikwochen wurde die Fernwirkung auf einige westdeutsche Automobilhersteller und Zulieferer besonders deutlich. Es ist Sinn und Zweck eines Arbeitskampfes, Wirkung auf die Unternehmer zu erzielen.
Du als Wahlkampfhelfer von Deinem "Spezi" Schröder, nimmst es billigend in Kauf, dass die Gewerkschaft im Osten eine unnötige Niederlage kassiert hat. In einer Zeit, in der sich jede Partei einer Modernisierung verschreibt, die sich an Regeln der Wirtschaft orientiert, an Leistung und Stärke, ist ein soziales Gegengewicht überlebenswichtig! Weil ich kein Vertrauen mehr in deine Person habe und du dieses Gegengewicht nicht sein willst, fordere ich deinen sofortigen Rücktritt.
Andreas Felder
Mitglied der Vertrauenskörperleitung Opel Bochum


Weder aus dem Verlauf des Streiks und nicht einmal aus der einseitigen Berichterstattung war zu erkennen, dass die Auseinandersetzung nicht weiter fortgesetzt werden konnte. Als Ergebnis des Streikverlaufs sehen wir nicht nur die 35-Stunden-Woche hier im Westen gefährdet, sondern auch durch die Aufgabe der Flächentarifverträge im Osten ein gefährliches Signal gesetzt, über das sich Hundt, Kannegießer, Westerwelle, Clement und Co. freuen werden.
Die politische und soziale Kampfansage der Unternehmerverbände und ihrer Verbündeten in der Politik kann nicht durch Rückzug und Kapitulation abgewehrt werden – auch nicht einer SPD-Regierung zuliebe. Wenn es "Fehler im Streikkonzept" gegeben hat, dann ist die IG Metall in der Lage, diese zu korrigieren! Nur so werden wir auch den Kampf gegen den Sozialabbau und gegen die Agenda 2010 gestärkt führen können und unsere Position in den Betrieben stärken.
Wir stehen an einem Wendepunkt. Entweder wir kapitulieren vor den Unternehmern, oder wir setzen ein Signal für alle Beschäftigen in der BRD, für die Erwerbslosen, für alle, die vom Sozialabbau und neoliberalen Kahlschlag betroffen sind.
Wir fordern den Vorstand auf, den Kampf gegen die Agenda 2010 jetzt wieder aufzunehmen und auszuweiten! Die Fehler im Streikkonzept dürfen sich nicht wiederholen!
Entschließung der Vertrauensleute von Siemens Business Services, Sinitec und Wincor-Nixdorf in Frankfurt
Einstimmig angenommen auf der Vertrauensleutekonferenz am 3. Juli.


An den gesamten Vorstand der IG Metall
Liebe Kolleginnen und Kollegen vom Vorstand,

Als die Kumpels in den neuen Bundesländern entschieden hatten, für die Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden zu streiken, freute ich mich und befürwortete die Forderung. Die Kolleginnen und Kollegen zeigten in den folgenden Wochen, dass es ihnen mit dieser Forderung ernst war.
Für diese mutige Entscheidung zolle ich ihnen meinen Respekt, und sie hätten allemal mehr Solidarität in ihrem Arbeitskampf verdient gehabt. Leider scheint es aber bei einigen Betriebsräten in den alten Bundesländern und auch bei so manchem Gewerkschaftsfunktionär an Solidargeist gewaltig zu mangeln.
Im Gegenteil, es trat hier kleinlicher Egoismus und machtpolitisches Kalkül offen zu Tage. Durch dieses öffentliche Intrigieren und in den Rücken Fallen wurde natürlich das Arbeitgeberlager stark geredet und quasi dazu eingeladen, sich kompromisslos gegenüber allen Verhandlungsvorschlägen von Seiten der Gewerkschaft zu zeigen. Solch ein beschämendes Verhalten habe ich selten erlebt.
Die kämpferische Haltung von Kollege Peters unterstütze ich voll und ganz. Mir ist ein Vorsitzender der ganz klar die Interessen der Gewerkschaftsmitglieder vertritt allemal lieber, als ein Vorsitzender, der von Arbeitgeber- und Regierungsseite für seine Reformfreudigkeit gelobt wird. Das eine Reform ganz und gar nicht positiv sein muss, wird uns ja im Moment mit der "Agenda 2010" demonstriert.
Thomas Heimerle
Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Newell Window Fashions Germany GmbH


Eisenhüttenstadt den 30.06.03
Offener Brief an Klaus Zwickel

Die Kapitulation bei Metall – Elektro ist mehr als nur eine Ohrfeige für uns Kollegen !
Schon den Abschluss bei Stahl hat ein großer Teil von uns Kollegen mit Bauchschmerzen
entgegengenommen. Nur 59,7 Prozent für diesen Kompromiss bei 76 Prozent Beteiligung sprechen Bände.
Noch vorige Woche hast Du erklärt: "Wenn die Verhandlungen am Wochenende scheitern, dann wird der Streik ausgeweitet.“ Und jetzt erklärst Du den Streik einfach für gescheitert.
Dabei wurde die gewerkschaftliche Kampfkraft noch gar nicht voll entfaltet. Einige Bezirke wurden sogar ganz aus dem Tarifstreik raus gehalten. Der Streik begann doch erst gerade zu wirken, indem die Bänder bei BMW und VW angehalten werden mussten. Das ist doch Sinn und Zweck eines Streiks, das er dem Kapital weh tut !
Warum dann Dein Kniefall und diese ständige Rücksicht auf die Profite der Konzerne ?
Einer der vier Streikgründe war doch nach 13 Jahren Deutsche Einheit Gerechtigkeit herstellen, bei Löhnen und Arbeitszeit. Jetzt wird die Ungleichheit der Arbeits- und Lebensbedingungen in Deutschland zementiert.
Gleichzeitig wird mit diesem Entschluss versucht aus unserer Gewerkschaft einen zahnlosen Papiertiger zu machen. Wir brauchen aber eine Gewerkschaft die kämpfen kann. Gerade auch vor dem Hintergrund das weitere massive Einschnitte ins Sozialsystem und Tarifrecht durch die Schröderregierung vorgesehen sind. Sollte es wirklich so sein, dass Dir das sozialdemokratische Hemd näher sitzt als der Arbeitsanzug der Kollegen, von denen Du gewählt worden bist ?
Wie viele Gewerkschafter machen wir uns Sorgen, um die weitere Zukunft unserer Gewerkschaft. Der Streik hat doch bewiesen, dass trotz aller Medienhetze die Gewerkschaft für die Masse der Kollegen erst dann anziehend wirkt, wenn sie kämpft.
Wir bitten Dich daher, das Du uns gegenüber öffentlich und schriftlich Stellung nimmst, wie es zu diesem Streikabbruch kommen konnte.
Mit kämpferischen Grüssen (erst einmal 43) Kollegen und Freunde der EKO Stahl GmbH

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.