"Rot-Grün" scharf angreifen"

In zwei Monaten findet der europaweite Aktionstag gegen Sozialabbau statt. Über die Mobilisierung in den Gewerkschaften sprach Linksruck mit ver.di-Aktivist und Mitarbeitervertreter Berno Schuckart aus Hamburg und mit Willi König, Betriebsrat bei DaimlerChrysler in Berlin.
Am 2. und 3. April finden die europaweiten Aktionstage gegen Sozialabbau statt. Wie wollt ihr die Kollegen dafür mobilisieren?

Berno: Wir organisieren für Anfang Februar eine hamburgweite Konferenz von ver.di-Vertrauensleuten. Den Anstoß dafür hat die Initiative gewerkschaftlicher Linker gegeben. Über die Vertrauensleute können wir dann in die Betriebe reinwirken.

Willy: Bei uns arbeiten Betriebsrat und die Vertrauenskörperleitung zusammen, am die Aktionstage bekannt zu machen. Unser Betriebsrat besteht komplett aus IG Metall-Mitgliedern. Wir arbeiten mit Flugblätter, Zeitungen und vom Vertrauenskörper organisierten Veranstaltungen. Dadurch haben wir eine Kommunikation mit der Belegschaft – gleichzeitig kommt die Stimmung unter den Kollegen bei uns an. Wir haben den Aktionstag auch beim Warnstreik thematisiert.

Seit diesem Jahr ist die "Agenda 2010" spürbar – Stichwort Praxisgebühr. Wird die Mobilisierung dadurch einfacher?

Berno: Sicher. Viele Kollegen sind wütend. Das wollen wir für die Mobilisierung in den Betrieben nutzen. Wir werden auf der Vertrauensleutekonferenz über die "Agenda 2010" reden: Was ist das, was sind die Auswirkungen, was bezweckt die Regierung damit. So erreichen wir die Kollegen über die Politik, welche sie am eigenen Leib spüren.

Willy: Das immer weniger vom Lohn übrig bleibt, merken die Kollegen doch schon seit 10 Jahren. Sozialabbau heißt Lohnraub. Jahrelang niedrige Lohnabschlüsse, dazu immer mehr Zuzahlungen – für sich selbst, für Familienangehörige. Da sitzt der Unmut ganz tief bei den Kollegen – deswegen war die Demonstration am 1. November mit 100.000 auch so groß.

Der 3. April ist ein europaweiter Aktionstag. Wissen die Kollegen davon?

Berno: Leider noch nicht, obwohl das wegen dem Standortgeschwätz von Unternehmern und Regierung wichtig wäre. Der europaweite Aufruf ist noch kaum bekannt. Auch das wollen wir über die Vertrauensleutekonferenz ändern.

Willy: Bei uns ist das auf allen Ebenen gesagt worden. Die Zuspitzung auf feste Daten, zu denen wir mobilisieren können, ist sehr wichtig. Die Kollegen können nicht jede Woche auf Veranstaltungen gehen. Ein Tag, an dem wir alle zusammenkommen, zeigt Stärke und macht Mut. So war es beim 1. November – dort habe ich viele Daimler-Kollegen aus de ganzen Bundesgebiet getroffen.

Einen Tag vor den Demonstrationen sollen Aktionen in den Betrieben stattfinden. Was plant ihr?

Berno: Diese Aktionen sind sehr wichtig, weil wir in den Betrieben viel Druck aufbauen können. Ohne Aktionen der Belegschaften werden wir die Angriffe der Regierung nicht stoppen können. Deshalb bemühen wir uns, den 2. April in Hamburg zum betrieblichen Aktionstag zu machen und die Kollegen dafür zu gewinnen.
Diese Proteste sollen die Massendemonstration in Berlin ergänzen. Sie kann ein Schlag gegen die neoliberale Politik sein, kann zeigen, dass es Alternativen zum Sozialabbau gibt. Damit können wir den Boden für weitere Aktionen in den Betrieben bereiten.

Willy: Das Entscheidende ist, das wir im Betrieb Druck auf die Unternehmer ausüben können. Die Bosse sind die Drahtzieher der Regierungspolitik und deshalb müssen wir sie auch direkt ins Visier nehmen. Wie das funktioniert hat der Lohnfortzahlungsstreik 1996 gezeigt. Die Politik der Kohl-Regierung wurde bei der Umsetzung in den Betrieben zu Fall gebracht. Und gegen die jetzigen Angriffe war die Lohnfortzahlungskürzung Pipifax.

Sozialabbau gibt es auf vielen Ebenen. Gegen wen sollten wir am 3. April demonstrieren?

Berno: Ich denke, wir müssen die rot-grüne Regierung scharf angreifen. Sie organisiert den Sozialabbau für die Unternehmer. Sie ist ein großer Teil des Problems. In manchen Aussagen des Deutschen Gewerkschaftsbundes wird die Regierung geschont. Da müssen wir politisch gegenhalten.

Willy: Die Demonstration soll sich gegen die Handelnden richten. Das ist erstmal die Schröder-Regierung. Sie hat sicher nicht das gebracht, was sich viele Arbeiter erhofft haben.
Doch hinter der Regierung stehen die Unternehmer. Die enge Verflechtung von Regierung und Kapital ist immer offensichtlicher. Deswegen müssen wir die Drahtzieher, die Bosse benennen.

Wäre es mit einer CDU-Regierung nicht noch schlimmer?

Berno: Dass Schröder nicht besser ist als die CDU, hat er spätestens mit der "Agenda 2010" selbst bewiesen. Der Kanzler macht die Drecksarbeit fürs Kapital und zerstört die Wurzeln des Sozialstaats. Wenn wir ihn nicht stoppen, haben die Rechten leichtes Spiel mit weiteren Kürzungen. Deshalb schadet es uns, wenn wir aus Angst vor der CDU nicht gegen Schröder kämpfen.

Willy: Sicherlich kann es mit den Konservativen noch schlimmer kommen. Doch was nützt das jetzt? Die SPD erfüllt den Wählerwillen nicht sondern betreibt Sozialabbau und Umverteilung von unten nach oben. Momentan gibt es auf politischer Ebene keine Alternativen – außer das was wir jetzt tun: Soziale Bündnisse aufbauen und den Kampf aufnehmen.

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