Rentenreform: Achtung Nebenwirkungen!

Die Rentendiskussion ist zum prominentesten Konfliktherd zwischen der Gewerkschaftsbasis und ihrer Führung geworden. Es ist ein Konflikt zwischen "Traditionalisten" und "Modernisierern".Die Gewerkschaftsführung droht, sich durch ihre politische Nähe zur Neuen Mitte zum Erfüllungsgehilfen der rot-grünen Regierung zu machen. Damit öffnet sie den Vorstößen der Bosse Tür und Tor.


Die Bosse blasen zum Angriff auf den Sozialstaat, Rot-Grün pariert: Die Rentenreform 2000 bedeutet:


Eine Absenkung des Leistungsniveaus von heute 70% auf 64% im Jahre 2030.


Die Parität bei der Finanzierung der Rente (durch Arbeitgeber und -nehmer) wird aufgehoben. Allein die Arbeitnehmer haben für eine private Zwangs-Zusatzrente zu zahlen.


Einzige Gewinner sind die Versicherungswirtschaft und die Arbeitgeber.



Bittere Pille


Ursula Engelen-Kefer, bisher scharfe Kritikerin von Riesters Rentenkonzept, ist im Juli auf den Kurs von DGB-Chef Schulte eingeschwenkt: "Auch wir halten den Aufbau privater kapitalgedeckter Versorgungsansprüche (…) im Prinzip für sinnvoll."


Auch bei der paritätischen Finanzierung signalisiert der DGB Kompromißbereitschaft.



Hermann Zoller, Pressesprecher der IG Medien, kritisiert."Schlucken die Gewerkschaften diese bittere Pille letztlich tatsächlich, dann ist das ein Sündenfall mit beträchtlichen Folgen und Nebenwirkungen. (…) Ist dieser Schritt – und sei er noch so klein – erst einmal getan, dann werden weitere Schritte folgen"


Reicht man den Bossen den kleinen Finger, nehmen sie den ganzen Arm. BdI-Chef Henkel hält eine Anpassung der Renten an die Nettolöhne für "absolut falsch" und fordert ein Rentenniveau unter 64 %. Das Wirtschaftsinstitut IfW fordert als nächsten Schritt eine Heraufsetzung der Lebensarbeitszeit.



Die Gewerkschaften können sich nur dann erfolgreich gegen die Angriffe wehren, wenn sie die neoliberale Ideologie der Neuen Mitte zurückweisen. Geld ist genug da. Allein die Aufhebung der Steuer auf Veräußerungsgewinne hat ein Milliardenloch in die Kassen gerissen, die Steuerreform hat den Bossen eine weitaus größere Entlastung als dem Normalverdiener beschert.



Gegengift


Das Gegengift zur Modernisiererpolitik ist der aktive Kampf in den Betrieben.


Die Rentenreform hat, so Klaus Lang (IG Metall) "bei unseren Mitgliedern zu einer gigantischen Unzufriedenheit geführt."


Unter dem Druck der Basis hatte die IG-Metall im Frühsommer einen "Heissen Herbst" angekündigt. Proteste sind für Oktober geplant.


"Der versteht nur eine Sprache – und das ist Druck" sagt IG-Metall-Vize über Gerhard Schröder


Die Kampagne der IG Metall muß dazu genutzt werden, von unten ein deutliches Zeichen gegen die Politik der Neuen Mitte zu setzen.


Die Rentenreform kann verhindert werden, wenn gleichzeitig gegen die Modernisiererideologie in der Gewerkschaftsführung angegangen wird.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.