Die Frauen woll’n, dass was passiert!

Der Selbstmord von Hannelore Kohl wirft ein Schlaglicht auf die individuellen, psychischen Folgen der Geschlechterrollen in unserer Gesellschaft. Sie verkörperte an prominenter Stelle die Frau, die ihrem Mann den Rücken von Haushalt und Kindern freihält und ihr Leben ihm vollständig unterordnet. Noch nicht einmal auf ihrer eigenen Beerdigung stand sie im Vordergrund, sondern wie immer der „Alte“. Der Spiegel schreibt richtig, sie führte „ein Leben ohne ein Eigenes“. Millionen von Frauen wurde Hannelore jahrelang als Vorbild vorgehalten. Durch ihren Selbstmord wird nicht nur die Blamage um die Person Kohl erweitert, sondern auch das Scheitern des konservativen Familienkonzeptes deutlich.

Das kann viele Frauen in ihrer Position bestärken, die Verschlechterung ihrer Lage nicht mehr zu akzeptieren und sich zu wehren. Das gilt sowohl auf materieller Ebene, wo schlechte Bezahlung mit der Last der Kinderversorgung und der Hausarbeit Hand in Hand geht, als auf ideologischer Ebene, auf der Frauen entweder als Mütter oder als willige Sexobjekt dargestellt werden. Denn unter dem Banner der „heiligen Familie“ fordern viele Politiker von Frauen wieder verstärkt „Eigenverantwortung“ und Engagement in der Familie, letztlich um den Verlust an Gesundheitsversorgung, Kindergärten, Bildung etc. auszugleichen. Das Gesetz zur Gleichstellung von Frauen am Arbeitsplatz, welches z.B. Großbetriebe zur Einrichtung von Kindergärten gezwungen hätte, haben die Arbeitgeber durch ein Abendessen mit Schröder einfach gekippt. In dieser Situation kommt die Bankrotterklärung einer typischen Hausfrau. Wir müssen endlich die klassischen Geschlechterrollen aufbrechen und darüber nachdenken, wie man z.B. Kindererziehung gesellschaftliche so gestalten kann, dass sie nicht nur „Privatsache“ einzelner Frauen (oder Männer) bleibt.

Ich habe den Eindruck, viele Frauen woll�n, dass was passiert! Das zeigen auch die viele empörten Leserinnenbriefe auf die Besprechungen des „Fernsehduells“ von Alice Schwarzer und Verona Feldbusch. Sie alle betonten, was für eine Gefahr von Frauen wie Verona für das allgemeine Frauenbild ausgeht, weil damit das Bild des „Dummchens“ und Sexobjekts gestärkt wird. Nur wenn Frauen akzeptieren, dass sie weniger wert sind (wie Hannelore es getan hat), sind sie bereit, 80 Prozent der Hausarbeit unentgeltlich zu leisten. Wir alle (sowohl Frauen als auch Männer) müssen Sturm laufen gegen die Rollenbilder Hannelore oder Verona, um kämpfen zu können gegen alltägliche Verniedlichung und die alltägliche Ausbeutung im Betrieb und in der Küche. Leserbrief von Lucia aus Berlin

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