Rechentricks statt Klimaschutz

Afrika: Müllhalde unserer Konzerne

In den USA und zahlreichen Ländern der EU, darunter Deutschland, existieren Pläne, insgesamt 29 Millionen Tonnen hochgiftiger Abfälle in elf Ländern Afrikas endzulagern. Dies berichtet der nigerianische Koordinator zur Überwachung der Basler Giftmüll-Konvention.


Zielländer für die Dauergifte wie Pestizide und radioaktive Abfälle seien unter anderem Nigeria, Südafrika, Angola, Benin, Kongo und Äquatorial-Guinea. Zwei Millionen US-Dollar habe ein EU-Land der angolanischen Regierung dafür angeboten, insgesamt fünf Millionen Tonnen industrieller Abfälle entgegenzunehmen.


Auch Greenpeace stellte Ende des letzten Jahres fest, dass Afrika immer mehr zur Endlagerstätte für Pestizide aus den reichen Staaten wird. 50.000 Tonnen davon verseuchen dort bereits Grund- und Trinkwasser. Entgegen der Basler Giftmüll-Konvention unter dem Dach der UN umgingen Australien, Großbritannien und Deutschland die Vereinbarung durch bilaterale Entsorgungsverträge. Obwohl die UN-Umweltorganisation Ende 2000 ein internationales Verbot einer Reihe langlebiger organischer Gifte verhängt hat, übergehen jüngste Pestizidlieferungen nach Kamerun die Verbote, nutzen den schlechten Informationsstand der Bauern dort aus und überrumpelten sie mit 225 Tonnen Altpestiziden. 41 der gelagerten Tonnen stammen vom deutschen Chemiekonzern Bayer.


5.000 AktivistInnen aus der ganzen Welt demonstrierten am 21. Juli in Bonn für die Rettung des Weltklimas. Dort hatten sich Delegierte aus 180 Ländern zur Weltklimakonferenz versammelt, um über das Kioto-Protokoll von 1997 zu verhandeln. Allerdings hatten die USA den Vertrag von vornherein abgelehnt, und Japan, Kanada, Australien und Russland hatten sich zusammengeschlossen, um das Abkommen zu verhindern.


US-Präsident Bush war deshalb auch der Hauptfeind der Demonstranten. „Air polluters ate my brain“ (Luftverschmutzer haben mein Gehirn gegessen), war noch einer der freundlicheren Parolen, die neben seinem Bild aufgehängt wurden.


Trotz noch so lautstarker Proteste, unterzeichneten die Delegierten ein Abkommen, das mit Klimaschutz nichts mehr zu tun hat. Anfangs sah das Kioto-Protokoll eine Verminderung des weltweiten Ausstoßes gegenüber 1990 um 5,2 Prozent vor. Das wäre viel zu wenig, haben Wissenschaftler doch eine notwendige Minderung von 60 bis 90 Prozent errechnet, um das Klima zu stabilisieren.


Doch selbst die 5,2 Prozent waren den Unterhändlern noch deutlich zu viel. Der abschließende Kompromiss zählt so viele Schlupflöcher auf, dass er nach Berechnungen des Worldwide Fund for Nature nur 1,8 Prozent CO²-Reduktion bedeutet.

Klimakiller Deutschland

Interview mit Reinhold Eisenburger, Regierungsgewerbedirektor des Staatlichen Umweltamtes Köln


Wie schätzen Sie die deutschen Anstrengungen zum Klimaschutz ein?


In Deutschland gibt es seit 1974 Bestimmungen, die für Betriebe und Kraftwerke den Ausstoß von Kohlendioxid und Kohlenmonoxid regeln. Allerdings gibt es für uns keine Möglichkeit, auf die Einhaltung der Grenzwerte zu bestehen. Dadurch haben die Gesetze praktisch nur Empfehlungscharakter. Wenn ein Betreiber nicht bereit ist, die geforderte Schadstoffreduzierung umzusetzen, können wir nichts dagegen tun. In manchen Branchen zwingt die Konkurrenz Unternehmer dazu, möglichst wenig Geld für den Klimaschutz auszugeben.


Das gleiche Problem haben wir bei der Wärmenutzung von Kraftwerken. In Deutschland werden durchschnittlich nur 35 Prozent der erzeugten Energie genutzt. Der Rest geht als Abwärme in die Atmosphäre. Auch hier haben wir keine Möglichkeit die Richtlinien durchzusetzen. In beiden Fällen sind wir auf die freiwillige Bereitschaft der Unternehmen zum Klimaschutz angewiesen.


Wie halten Sie von den Vereinbarungen des Bonner Weltklimagipfels?


Für uns Fachleute ist das nicht ausreichend. Um das Klima zu retten müssen wir das Übel an der Wurzel packen. Durch das Anrechnen von Wäldern wird aber kein Gramm CO² weniger ausgestoßen. Außerdem bezweifle ich, dass Strafen für das Ninchteinhalten der Reduktionsziele durchgesetzt werden können. Welche Behörde sollte das den tun?


Zum einen werden aufgeforstete Waldflächen als Kohlenstoffspeicher anerkannt. Allerdings funktionieren Wälder nur zu Lebzeiten als solche Speicher. Totes Holz gibt das Kohlendioxid wieder ab, das Problem wird also nur rausgezögert. „Ich warte noch darauf, dass sich einige Länder die Nichtraucherquote als Emissionsmindernd anrechnen lassen wollen“, wie es eine PDS-Sprecherin auf der Demonstration ausdrückte.


Weiterhin können Staaten ihr Klimaschutzziel erreichen, indem sie mit Emissionen handeln. Zum Beispiel hat die Ukraine durch den Zusammenbruch der Schwerindustrie schon doppelt so viel Kohlendioxid eingespart, wie laut Kioto-Protokoll erforderlich. Diese Einsparungen kommen jetzt nicht mehr dem Klima zugute, sondern können an andere Länder verkauft werden, die dann umso mehr ausstoßen dürfen.


Die Strafen für Staaten, die ihre Ziele nicht einhalten sind — nicht festgelegt! Was der deutsche Regierungssprecher „einen guten Erfolg für den Klimaschutz“ nannte, ist in Wirklichkeit eine Vereinbarung, das Klima weiter aufzuheizen wie bisher.


Dieses sinnlose Abkommen ist entstanden, weil die Vertreter der Regierungen sich weniger um das Weltklima, um so mehr aber „um die Profite ihrer jeweiligen Wirtschaft Sorgen machen“, so der Bonner Aktivist Thomas. Für US-Multis wie General Electric und Exxon Mobil, die weltweit größten Energie beziehungsweise Ölkonzerne, weigert sich Bush Schadstoffe zu begrenzen.


Durch die Ablehnung der USA wurde die Unterschrift Japans unbedingt notwendig, sollte das Kioto-Abkommen nicht endgültig scheitern. Dadurch konnte Präsident Koizumi die Anrechenbarkeit von Wäldern erzwingen. Buchstäblich profitieren werden davon Autohersteller wie Toyota oder der Chemiegigant Takeda.


Diese Konzerne drängen ihre Regierung gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten dazu, die Rahmenbedingungen für Gewinne so gut wie möglich zu halten. Nach Berechnungen der Investmentbank JP Morgan befindet sich die Weltwirtschaft gerade in der Rezession. Für Klimaschutz bleibt da kein Platz mehr.

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