Stimmen zum Aktionstag am 3. April

Linksruck sprach mit drei Aktivisten über die Mobilisierung zum 3. April.

So mobilisiert ver.di

Der Vorstand der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di schlägt vor, in vielen Städten und Regionen Aktionskomitees mit anderen Gruppen, sozialen Einrichtungen oder Vereinen zu gründen. Diese Aktionskomitees sollen die örtlichen Auswirkungen des Sozialabbaus aufzeigen und für den Europäischen Aktionstag mobilisieren.
Ein erstes Aktionsbündnis gegen Sozialabbau und für Arbeitsplätze wurde in Kiel gegründet. Es ist schon seit einigen Wochen aktiv und bereitet den Aktionstag vor.

In Heilbronn sind Vertreter von Arbeiterwohlfahrt, Kirchen und Frauengruppen zur Gründung des Aktionskomitees zusammengekommen. 27 Kollegen aus allen ver.di-Fachbereichen sowie Kollegen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und des Deutschen Gewerkschaftsbundes waren da.

In Regensburg werden alle 2 Wochen Kundgebungen gegen Sozialabbau, die „Agenda 2010“ und die Hartz-Gesetze organisiert. Das Ziel ist, Leute aufmerksam zu machen, zu informieren und zur Aktivität zu mobilisieren.

Beim ersten Mal waren nicht mal 25 Leute da, jetzt kommen 100 Kollegen aus verschiedenen Gewerkschaften. Die Kundgebungen werden bis zum 1. Mai weitergehen.

Ver.di Berlin wird am 27. Februar und am 19. März Broschüren gegen die „Agenda 2010“ auf großen Plätzen verteilen, um für die Demonstration am 3. April zu werben. In Erfurt werden bis zum europäischen Aktionstag jeden Donnerstag öffentliche Aktionen stattfinden.

Die ver.di-Broschüre online

Ich hoffe, dass die Funken sprühen

Der DGB Südniedersachsen-Harz mobilisiert zum 3. April nach Berlin, weil immer mehr Menschen wütend auf die Regierung sind. Beschäftigte, Arbeitslose – alle die von den Kürzungen betroffen sind müssen zusammenkommen und öffentlich "Nein" sagen. Außerdem können wir an diesem Aktionstag zeigen, dass Sozialabbau in ganz Europa betrieben wird. Zwei Drittel der Vorgaben kommen inzwischen aus Brüssel. Deswegen ist es wichtig, dass in allen europäischen Hauptstädten demonstriert wird.

Wir wollen der Regierung zeigen, dass nicht nur Gewerkschafter und viele SPD-Mitglieder die Zerstörung des Sozialstaats ablehnen. Besonders hart treffen uns das Zusammenlegen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und die ungerechte Gesundheitsreform.

Aber der Aktionstag ist auch eine Warnung vor weiteren "Reformen", besonders in der Pflege- und der Rentenversicherung. Der neue Vorschlag der Grünen, einen weiteren Urlaubstag für die Rente zu opfern, widerspricht den Interessen der Arbeitnehmer. Wir wollen den Widerstand gegen Sozialabbau und gegen Bildungsabbau verknüpfen.

Nach Verkündung der "Agenda 2010" im letzten März herrschte unter vielen Gewerkschaftern ungläubiges Staunen. Jetzt nachdem die Gesetze kurz vor Weihnachten beschlossen wurden, werden den Kollegen die konkreten Folgen immer bewusster.
Die Gewerkschaften erkämpfen sich zurzeit wieder mehr Gewicht und Bedeutung in den Betrieben und mehr Menschen verstehen, dass sie sich selbst etwas erkämpfen können.
Der DGB stellt in ganz Deutschland Mittel für die Mobilisierung zur Demo bereit. Dadurch können wir die Fahrt kostenlos anbieten. Wir mobilisieren nicht nur Gewerkschafts-Mitglieder. Die Demonstration soll das Zeichen eines breiten sozialen Protests sein.
Deshalb vernetzen wir uns mit anderen Gruppen in Göttingen. Das Göttinger Sozialforum wird voraussichtlich mit einer kostenlosen Massenzeitung für die Demo zu mobilisieren. Vielleicht können wir die Zeitung sogar in jeden Briefkasten der Stadt stecken. In der Zeitung sollen die verschiedenen Teile des Sozial- und Bildungsabbaus allgemeinverständlich erklärt werden.

Das alles machen wir zusätzlich zur gewerkschaftlichen Mobilisierung in den Betrieben. Wir versuchen auch, an zwei oder drei Samstagen mit anderen Partnern auf dem Marktplatz ein öffentliches Spektakel zu veranstalten.

Ich hoffe, dass am 3. April die Funken sprühen. Wir brauchen ein Aufbruchgefühl, und wir müssen zeigen, dass man nicht alles hinnehmen darf. Längerfristig müssen wir vor allem regional Strukturen aufbauen, damit die unterschiedlichen Teile der Bewegung zusammenkommen können. Dafür brauchen wir einen langen Atem.

Das große Problem der Gewerkschaften ist, dass uns die SPD als Ansprechpartner im Parlament abhanden gekommen ist. Auch die PDS kann das kaum werden, denn wo sie an Regierungen beteiligt ist, handelt sie nicht anders als die SPD.

Viele Gewerkschafter diskutieren zurzeit, wie wir unabhängiger von der SPD werden. Vor allem von Schröder enttäuschte Sozialdemokraten wollen das. Andere Aktivisten der außerparlamentarischen Bewegung überlegen auch, ob sie nicht mit eigenen Wahllisten antreten sollten.

Es wird immer klarer, dass die Gewerkschaften ihre Kraft nur aus den Betrieben schöpfen können. Nur wenn wir dort was bewegen, werden wir von einem Kanzler richtig wahrgenommen – egal von welcher Partei er kommt.

Vielleicht entwickelt sich aus der Demo am 3. April ein dauerhaftes europäisches Bündnis. Die EU und die deutsche Regierung behaupten, der jeweils andere zwinge sie zum Sozialabbau. Auf diese Märchen müssen wir europaweit reagieren. Ich will auch weg von nationaler Standortpolitik. Die Gewerkschaften müssen versuchen mehr Einwanderer zu organisieren. Dadurch können wir besser erklären, dass deutsche Arbeiter nicht gegen sondern mit Ausländern um ihre Rechte kämpfen müssen.

Sebastian Wertmüller, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Region Südniedersachsen-Harz


Höchste Zeit für eine neue Kraft

Ich demonstriere am 3. April in Berlin, weil ich die Politik des Sozialkahlschlags nicht mehr hinnehmen will. Eine große außerparlamentarische Opposition, die gemeinsam auf die Straße geht, ist die einzige Möglichkeit, dieser Politik etwas entgegenzusetzen. Wenn dadurch Rot-Grün geschwächt wird, hat es die Regierung schwerer, diese Politik weiterzuführen.

Ich bin Sozialarbeiterin im Gesundheitsbereich und sehe jeden Tag wie dramatisch sich die Gesundheitsreform auswirkt. In unsere Beratungsstelle kommen viele Sozialhilfeempfänger, Menschen, die viele Medikamente brauchen. Zum Teil können sich die Leute aber die Zuzahlungen nicht mehr leisten und verzichten auf die Einnahme wichtiger Medikamente oder gehen nicht mehr zum Arzt.

Die Bewohner von Altenheimen oder Heimen für psychisch kranke Menschen müssen einen großen Teil ihres Taschengeldes für Zuzahlungen ausgeben. Diese Menschen können dann am gesellschaftlichen Leben kaum noch teilnehmen weil sie nicht mal den Bus bezahlen können.

Am meisten regt mich auf, dass all das nur der Einstieg in die völlige Zerstörung der Sozialsysteme ist. Attac fordert dagegen den Ausbau des Sozialstaates. Dafür sollen auch Menschen mit hohem Einkommen in die Sozialkassen einzahlen, und die Steuergeschenke an Reiche rückgängig gemacht werden. Dadurch wäre es für alle möglich, in Würde zu leben. Zunächst müssen wir aber verhindern, dass die Regierung den Sozialstaat immer weiter kürzt.
Wir organisieren zusammen mit vielen anderen Gruppen in der Göttinger Innenstadt Aktionstage, um zur Demo am 3. April zu mobilisieren. Vor kurzem haben hier die Metaller einen Warnstreik gemacht. Einige Attac-Mitglieder sind hingegangen und haben eine Solidaritätserklärung vorgelesen und die Demo vorgestellt.

Anfang Februar wurde das Göttinger Sozialforum gegründet. Dieses Bündnis soll u.a. mit Veranstaltungen zur Demo mobilisieren. Auch Attac wird Veranstaltungen durchführen.
Unser Erfolg hängt stark davon ab, ob es den Gewerkschaften gelingt, in den Betrieben zu mobilisieren. Denn ohne die Arbeiter und Angestellten können wir keine Veränderung durchsetzen.

Auch deshalb müssen das Sozialforum und die anderen Bündnisse auch nach dem 3. April weiter bestehen. Neben der Stärkung der außerparlamentarischen Bewegung müssen wir aber auch dafür sorgen, dass sich eine parlamentarische Alternative herausbildet. Es ist höchste Zeit, dass eine neue politische Kraft entsteht.

In vollem Bewusstsein, dass eine CDU-geführte Regierung die Situation noch weiter verschlechtern wird, bleibt trotzdem die Aufgabe, sich gegen die jetzige Regierung zu wehren.

Eine geschwächte Regierung bei starker außerparlamentarischer Opposition mit kämpferischen Gewerkschaften hat es schwerer, diese neoliberale Politik weiterzuführen.

Sabine Lösing, Attac Göttingen


Widerstand ist international

Die letzten Demos haben gezeigt, dass viele Menschen bereit sind, gegen die Politik des Sozialabbaus, der Ausgrenzung und der Aufrüstung auf die Straße zu gehen. Es ist wichtig, nach Berlin zu einer zentralen großen Aktion zu kommen und auch verschiedene Aktionen in anderen Städten zu machen.

Wir wollen schon am 2. April in einigen Betrieben Aktionen sowohl gegen die Hamburger Landespolitik als auch gegen die Bundespolitik organisieren. Weder vom rechten Hamburger Senat noch von Rot-Grün oder einer großen Koalition erwarten wir, dass sie die Privatisierungen und den Sozialabbau in Hamburg beenden werden.

Eine der größten Auseinandersetzungen in Hamburg ist derzeit die Privatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser. CDU und FDP wollen die vollständige Privatisierung, Rot-Grün die Teilprivatisierung. Aber beide Modelle bedeuten eine Verschlechterung der Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Hamburg.

Die Folgen kann man an bisherigen Privatisierungen sehen: In den letzten Jahren wurden die Reinigungsdienste in den Schulen privatisiert. Dadurch müssen heute weniger Menschen mehr Arbeit zu geringeren Löhnen leisten. Anfang des Jahres haben die Reinigungskräfte eine Lohnkürzung von etwa 1 Euro pro Stunde hinnehmen müssen.

Wir wollen stattdessen, dass die öffentliche Daseinsvorsorge erhalten und ausgebaut wird. Soziale und Gesundheitseinrichtungen sollen nicht privatisiert, sondern ausgebaut werden. Wir treten für einen öffentlichen Beschäftigungssektor ein.

Der Hamburger Senat soll sich für die Wiedereinführung der Vermögensteuer stark machen. Anstatt Großprojekte zu fördern, an denen nur Großkonzerne verdienen, soll er Projekte fördern, die mehr Arbeitsplätze schaffen.

Auf Bundesebene will die PDS die "Agenda 2010" und die Steuerreform zurückzunehmen. Das Problem ist nicht, dass die öffentlichen Haushalte und Sozialkassen leer sind, sondern dass sie von der Regierung durch Steuergeschenke an Konzerne und Gutverdienende geleert wurden.

Wir wissen, dass die großen Konzerne europaweit arbeiten und immer mehr politische Entscheidungen von nationaler auf die multinationale Ebene verlagert werden. Sozialabbau ist eben kein nationales sondern ein internationales Problem. Der Widerstand gegen Kriegseinsätze, um den es am 2./3. April auch gehen soll, ist ohnehin eine internationale Frage. Darum ist es wichtig, am 2. und 3. April gemeinsam mit vielen Menschen aus vielen Ländern zu demonstrieren.

In Hamburg beteiligen wir uns am Widerstandsforum und wir überlegen auch, bei der Gründung des Sozialforums mitzumachen. Den Bürgerschaftswahlkampf und den Kommunalwahlkampf in Hamburg nutzen wir, um für die Aktionstage zu werben. Im Rahmen der Bündnisse versuchen wir sowohl, viele Leute nach Berlin zu mobilisieren, als auch, Aktionen in Hamburg auf die Beine zu stellen.

Bei der Bürgerschaftswahl gibt es eine gemeinsame linke Kandidatur: Gewerkschafter, Aktivisten aus dem Bildungsbereich und der Umweltbewegung, Mitglieder aus DKP, SAV, Linksruck, Regenbogen, PDS und kandidieren gemeinsam unter dem Motto "Linke Alternative – für eine solidarische Stadt". Zur Bürgerschaft und in einigen Bezirken bietet die Regenbogen offene Listen an, in anderen die PDS.
Seit einigen Monaten organisiert die PDS Altona alle vier Wochen eine Kundgebung für internationale Solidarität und gegen Sozialabbau, an der sich Leute aus verschiedenen Bereichen beteiligen. So soll es auch nach dem 3. April weitergehen. Wir brauchen noch mehr öffentliche Aktionen.

In den letzten Jahren haben wir gesehen, dass die rot-grüne Regierung nie freiwillig mit dem Sozialabbau aufhört. Ein alter PDS-Slogan heißt: "Veränderung beginnt mit Opposition." Je mehr es davon gibt, desto größer sind unsere Chancen, den Sozialabbau zu stoppen.

Martin Wittmaack, Landesgeschäftsführer PDS Hamburg

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