Die Kurden: Das unsichtbare Volk

Das Erdbeben in der Türkei wirft ein Schlaglicht auf das Verhältnis von Türken, Kurden und dem türkischen Militär.Die Kurden sind ein unsichtbares Volk. Trotz ihrer brutalen Unterdrückung durch das türkische Militär werden sie von den Medien ignoriert. Wenn sie gezeigt werden, dann nur als Mob, der auf den Straßen Europas wütet und unverständliche Forderungen stellt.
Im Gegensatz dazu war die Vertreibung der Kosovo- Albaner mehrmals täglich ausführlich auf unseren Fernsehschirmen zu sehen, obwohl das Schicksal der Kurden in absoluten Zahlen viel dramatischer ist als das der Kosovo-Albaner. Im Kosovo wurden 400 Dörfer zerstört, einige hundert Kosovo-Albaner umgebracht und viele über eine kurze Zeit vertrieben. In Kurdistan sind 4000 Dörfer von der türkischen Armee niedergebrannt, 30.000 Menschen umgebracht und über 3 Millionen vertrieben worden.
Im Kosovo griffen die mächtigsten Länder der Welt ein. Die Medien und sogar viele Linke unterstützten diesen Kriegskurs. Die Türkei dagegen erhält militärische Hilfe von ihren NATO-Partnern, wie den USA und Deutschland. Der Grüne MdB Cem Özdemir, dessen Partei das Bomben von Serbien als einen Schlag gegen den Faschismus feierte, spricht sich sogar gegen jeglichen diplomatischen Druck gegen die Türkei aus. Es gehe vielmehr darum, die Türkei in die EU aufzunehmen, um sie durch Integration zu beeinflussen.
Warum diese unterschiedliche Behandlung? Weil die Türkei eine Verbündete der USA und Deutschlands ist. Sie spielt für die NATO als strategischer Punkt und Machtfaktor gegen Rußland und den Nahen Osten eine unverzichtbare Rolle.
In der Türkei selbst greift die nationalistische Hetze gegen die Kurden. Dies wurde offensichtlich während der Medienkampagne um den Schauprozess gegen Kurdenführer Öcalan. Ein Rechtsruck in der Türkei brachte sogar Faschisten erstmals in die Regierung. Türken aller Klassen schienen vereint in ihrem Haß auf die PKK und ihrer Opposition zu einer Selbstbestimmung der Kurden. Der türkischen Staat und das türkische Militär wurden angepriesen als der einzige Garant für das Wohlergehen des türkischen Volkes.

Verhältnisse
Das Erdbeben hat ein Licht auf die wahren Verhältnisse in der Türkei geworfen. Es hat nicht nur das Leben vieler Kurden und Türken zerstört. Es hat auch die eigentliche Kluft in der Gesellschaft aufgezeigt die zwischen Arm und Reich.
Das Erdbeben war zwar eine Naturkatastrophe. Nicht aber das kartenhausartige Zusammenbrechen von unzähligen Gebäuden. Es ist möglich, Häuser so zu bauen, daß sie nahezu jedem Erdbeben standhalten. Bei vielen Häusern und zwar bei denen der Armen wurden nicht nur diese Erdbebensicherungen eingespart, es wurde dem Beton sogar Sand beigemischt. Wie im Fernsehen zu sehen, kann man diesen Beton mit bloßen Händen zerbröseln. Das Ergebnis: Diese Häuser stürzten ein, während die der Reichen stehen blieben.
Gott wird die Baukonstrukteure bestrafen!, schrie eine Frau, die Mutter und Tochter unter den Trümmern verlor, vor laufenden Kameras. Ihre Wut richtet sich nicht nur gegen das Baugewerbe. Auch die Politiker stehen unter massivem Druck sie haben jahrelang jede Schlamperei der Bauherren geduldet. Viele Politiker kassierten Schmiergelder.

Armee
Was tat die türkische Armee, um diesen Menschen zu helfen? Mit einer viertelmillion Soldaten ist sie eine der größten Armeen der NATO. Sie führt einen Krieg gegen die Kurden mit den modernsten und teuersten Kampfmitteln ein Viertel des Türkischen Haushalts wird dafür ausgegeben. Nach dem Erdbeben hätte sie vieles tun können, um Menschen zu bergen und den Überlebenden zu helfen. Aber statt Schaufeln hielten die Soldaten Gewehre in ihren Händen. Es gab nicht eine einzige Rettungsstaffel, keinen einzigen Suchhund der türkischen Armee. Viele Menschen starben, weil keine Hilfe kam.
Fünf Tage nach dem Erdbeben besuchte ein hoher Offizier der USA die Türkei. Es ging nicht um humanitäre Hilfe, sondern um Gespräche mit dem Militär über die weitere Bombardierung des Irak.
Für die türkische Regierung, aber auch für die USA, sind ihre militärischen Strategien wichtiger als das Leid von hunderttausenden, die unter den Folgen des Erdbebens leiden.
Es waren arme Kurden und Türken, die bei dem Erdbeben sterben mußten. Kurden sind über Jahre von ihrer Heimat im Südosten in den Nordwesten der Türkei zwangsumgesiedelt worden oft genau in die Arbeiter – und Armensiedlungen, die beim Erdbeben zusammenbrachen.
Die Katastrophe war erschreckend. Sie hat gezeigt, daß es kein gemeinsames Interesse der türkischen Armen und der Arbeiter mit ihrer Obrigkeit gibt. Vielmehr sind es sowohl Türken als auch Kurden, die unter der Profitgier der Bosse und dem Militarismus des türkischen Staates leiden müssen. Die Staatskrise, die die Katastrophe ausgelöst hat, kann und muß benutzt werden für eine gemeinsame Erhebung von Kurden und Türken gegen den Regierungsrassismus und gegen die Armut, die sie auch in Zukunft gemeinsam unter Schutt und Asche zu begraben droht.

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