Den Imperialismus im Visier

Tausende Muslime aus Pakistan ziehen nach Afghanistan, um gegen die USA zu kämpfen. Bin Laden ruft zum "Heiligen Krieg" gegen die USA und den Westen auf. Islamisten bieten einen Kristallisationspunkt für Zehntausende, die sich gegen wirtschaftliche und militärische Unterdrückung wehren wollen. Können wir sie als Verbündete betrachten?


Die deutschen Medien stellen die Demonstranten häufig als radikale Minderheit dar, als Bedrohung für Zivilisation und Freiheit in ihren Ländern.


Aber die meisten Menschen in diesen Ländern sympathisieren mit den Forderungen der Demonstranten. Sie haben jahrzehntelang immer wieder erfahren müssen, dass die von Bush und Schröder propagierte westliche Zivilisation ihnen nur Armut und Unterdrückung bringt.


Die westlichen Institutionen wie Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) setzen brutale Strukturanpassungsprogramme im Interesse der Konzerne und Investoren durch. Millionen einfacher Menschen sind die Leidtragenden.


Regierungen, die sich trotz wirtschaftlichen Drucks nicht an die Spielregeln des IWF halten wollen, werden von unseren Politikern als Schurken bezeichnet und entweder gestürzt oder bombardiert.


Dabei nehmen die Vertreter der westlichen Welt keinerlei Rücksicht auf die Bevölkerung: Im Irak starben allein im Golfkrieg 1991 über 100.000 einfache Araber durch westliche Bomben, laut UN-Bericht starben weitere 300.000 an den Folgen der UN-Sanktionen.


Gegen diese Unterdrückung gibt es in fast allen Ländern Widerstand.


 

Verteilung

Oft nimmt der Widerstand religiöse Formen an. Als Alternative zu linken Gruppen wurden islamische Organisationen häufig sogar vom Westen oder den eigenen Regierungen unterstützt. So half Israel beim Aufbau der radikal islamischen Hamas.


Der Islam liefert eine scheinbar alternative soziale Ordnung. Häufig ist von gerechterer Verteilung die Rede und islamische Organisationen stellen soziale Dienste wie Gesundheitsversorgung und Schulen zur Verfügung. Dafür sind die Aktivisten bereit zu kämpfen.


Viele Regierungen in diesen Ländern sind auch islamisch. Aber sie kooperieren meist mit dem Westen und dem IWF – zu Lasten der einfachen Menschen.


Damit sie diese Politik gegen die eigene Bevölkerung durchsetzen können, bekommen die Regierungen von Ländern wie Saudi-Arabien, Pakistan und Ägypten massive westliche Hilfen. Im Gegenzug unterstützen sie die US-Politik, wie jetzt den Krieg gegen Afghanistan, und unterdrücken jegliche Opposition.


Deswegen richten sich die Demonstrationen in Indonesien, Pakistan und anderswo nicht nur gegen die USA, sondern auch gegen die US-freundliche Politik ihrer Regierungen.


Weil die Bewegungen gegen die westliche Vorherrschaft sich auch noch gegen korrupte Herrscher und ihre Unterstützer im eigenen Land durchsetzen müssen, brauchen die Aktivisten eine klare Strategie.


Die religiöse Form ist dabei ein ernsthaftes Hindernis. Die Konfrontation scheint dadurch zwischen Muslimen, Christen und Juden stattzufinden.


Die wahren Gegensätze, nämlich zwischen Ausbeutern und Unterdrückten, drohen zu verschwimmen. Sündenböcke können zum Ziel der Aggression werden. Alte religiöse Vorstellungen über die Rolle von Frauen führen zur Entmündigung der weiblichen Hälfte der Bewegung.


 

Antikapitalisten

Oft genug sehen religiöse Kämpfer in den linken Gruppen eine größere Gefahr, als in ihrer eigenen, "rechtgläubigen" Regierung. In Indonesien, der Heimat der größten muslimischen Gemeinde der Welt, haben AktivistInnen linke Strukturen in Gewerkschaften und an den Unis gebildet. Sie greifen nicht nur die westlichen Institutionen an, sie stellen auch die neoliberale Logik in Frage.


Als die Organisation "Zentrum für Reform und soziale Empanzipation" im Juli diesen Jahres in Jakarta einen Kongress über "Alternativen zu den IWF-Maßnahmen" abhielten, stürmte die Polizei die Veranstaltung. Dann wurden islamische Milizen hereingelassen, die mit Macheten und Schlagstöcken ein Massaker an den TeilnehmerInnen anrichteten.


Wir unterstützen islamische Kräfte im Kampf gegen Krieg und IWF und gegen die westlichen Regierungen, die hinter beidem stehen. Aber gleichzeitig wissen wir, dass die Bewegung nur mit einer Strategie gewinnen kann, die den Kapitalismus als Ursache des Elends benennt und dagegen vorgeht.


Der Kampf um die ideologische Führung der Bewegung ist nicht abgeschlossen. Auch in der 3. Welt entsteht eine antikapitalistische Bewegung. Für den 5. bis 8. November organisieren arabische Gewerkschafter und Kriegsgegner aus dem ganzen Nahen Osten in Beirut eine Gegenkonferenz zu der WTO-Tagung in Katar. Diese Seite müssen wir unterstützen, indem wir auch hier gegen den WTO-Gipfel in Katar aktiv werden.


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