Afghanistan: Keine Hoffnung in der NATO-Kolonie

Die Krieg geht weiter, die Armut bleibt: Durch die Besatzung hat sich für die Afghanen nichts verbessert.

Mehrheit dagegen

Erstmals lehnen mehr Menschen in Deutschland den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ab, als ihn befürworten: 47 Prozent gegenüber 46 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die die Welt am Sonntag am 11. April veröffentlicht hat. Bisher war die Zustimmung zu Schröders Politik in dieser Frage immer größer als die Ablehnung.

Auf der Afghanistan-Konferenz Ende März in Berlin hat Schröder das Land als „Modell“ bezeichnet. Doch ein Blick dorthin zeigt, dass es weder ein „Modell“ für eine militärische Besatzung ist, noch für einen Aufbau im Interesse der Afghanen.
Der Krieg geht weiter: Soldaten des usbekischen Kriegsherren Dostum haben am 7. April eine Provinz im Norden von Afghanistan besetzt. Dostum befehligt etwa 40.000 Soldaten. Erst zwei Wochen zuvor hatte der Kriegsherr Ismail Khan eine Provinz im Westen Afghanistans angegriffen.
Die Zentralregierung unter Präsident Karsai hat zwar in beiden Fällen Soldaten geschickt, die von NATO-Besatzungstruppen unterstützt wurden, aber ihr Einsatz blieb in beiden Fällen erfolglos.
Allein die Kämpfe zwischen Kriegsherren und Zentralregierung widerlegen Schröders Behauptung, dass die von ihm unterstützte Regierung Karsai das Land aufgebaut und stabil gemacht habe.
Als im Oktober 2001 US-Truppen Afghanistan besetzten, stützten sie sich beim Krieg gegen die Taliban auf die Truppen von Kriegsherren wie Dostum und Ismail Khan. Nach dem Fall der Hauptstadt Kabul wurden die Kriegsherren an der Regierung beteiligt. Dostum wurde zunächst stellvertretender Verteidigungsminister und ist heute Berater von Präsident Karsai.
Die Armut bleibt: Auf der Konferenz im März haben 65 Delegationen aus 56 Ländern Afghanistan 8,2 Milliarden US-Dollar für die nächsten drei Jahre zugesagt. Die Weltbank schätzt, dass das Land in dieser Zeit mindestens 27 Milliarden für den Wiederaufbau braucht.
Nach den Erfahrungen der letzten zweieinhalb Jahre ist zweifelhaft, ob die zugesagten Gelder auch fließen und ob sie den Menschen in Afghanistan nützen.
Seit Dezember 2001 sind in Afghanistan über drei Milliarden US-Dollar eingegangen. Das Geld wurde für Gehälter, den Wohnungsbau für Staatsbeamte und die Bildung zahlreicher Ministerien, Komitees und Kommissionen benutzt.
Bei den Afghanen, für die es eigentlich gedacht war, ist es nicht angekommen. Von den Milliarden sind nur sehr wenige Projekte bezahlt worden, die Arbeit gebracht, die Industrie aufgebaut oder die Infrastruktur instand gesetzt hätten.
Obwohl die Regierung Karsai ausschließlich die Interessen der Besatzer vertritt, darf sie die Hilfsgelder nicht selbst verwalten. Das Geld liegt auf Konten der Weltbank, die es auf Anweisung der Spender nach Kabul überweist, um dort Projekte zu finanzieren.
Das meiste Geld landet in den Kassen von Unternehmen aus den Ländern, die sich an der NATO-Besatzung beteiligen. Die Straßenbeleuchtung von Kabul ist so beispielsweise ist von der deutschen Abteilung der schwedischen Firma ABB aufgebaut worden.
99 Prozent aller Waren, die in Afghanistan gebraucht werden, werden importiert. Die deutschen Exporte nach Afghanistan sind insgesamt rund 100 Millionen Euro wert. Das ist nicht sehr viel, aber die Tendenz ist steigend.
Der NATO-Generalsekretär de Hoop Scheffer hat angekündigt, so lange in Afghanistan zu bleiben, „bis wir unseren Job erledigt haben“ – das heißt soviel wie: unbefristet. Ohne die NATO hätte die Regierung Karsai keine Chance zu überleben. In den letzten Jahren sind drei Minister ermordet worden, auch auf Karsai selbst hat es schon einen Anschlag gegeben. Wenn es nach Bush und Schröder geht, soll Afghanistan eine moderne Kolonie bleiben.

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