Herbstkampagne 2004: Zurück auf die Straße

Die „Herbstkampagne 2004“ soll der Bewegung gegen Sozialabbau neuen Auftrieb geben. Linksruck stellt die Forderungen vor und zeigt, was jeder machen kann.
Ein breites Bündnis aus Gewerkschaftern, Globalisierungskritikern und sozialen Bewegungen ist zusammengekommen, um der unsozialen Politik von Kanzler Schröder den Riegel vorzuschieben. Am 18. September wird mit einer Demonstration und einer Aktionskonferenz in Frankfurt am Main der Startschuss zur Herbstkampagne gegeben. Durch sie sollen die neoliberalen Politiker aller Parteien gezwungen werden, ihre Politik für Konzerne endlich aufzugeben.
Bis dahin bleiben drei Monate, um in jedem Betrieb, in jeder Uni und jeder Schule alle Leute zu mobilisieren, die sich eine Politik für Menschen statt für Profite wünschen. Wir müssen heute anfangen, Plakate aufzuhängen, Flugblätter zu verteilen und mit allen erreichbaren Menschen über die Herbstkampagne zu diskutieren. Wenn wir Erfolg haben, werden wir unser aller Leben verbessern und Millionen Menschen vor Armut und Sozialabbau bewahren. Deshalb müssen wir für diese Forderungen kämpfen:

Reichtum besteuern

Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt. Zwischen 2000 und 2003 ist das Bruttoinlandsprodukt von 2.030 auf 2.184 Milliarden Euro gestiegen: ein Plus von über 150 Milliarden Euro, das zu verteilen wäre.
Das Vermögen der privaten Haushalte hat sich seit 1980 verfünffacht. Es lag 2002 bei 3.658 Milliarden Euro. Aber über zwei Drittel dieser unvorstellbar großen Summe befindet sich in den Händen von nur einem Prozent der Bevölkerung.
Arbeiter, Studenten oder Rentner haben von diesem Reichtum nie etwas gesehen. Es sind die Arbeiter, die den gestiegenen Reichtum schaffen. Sie bezahlen seit Anfang der 80er Jahre durch Nullrunden und Sozialabbau dafür, dass die Konzerne, für die sie arbeiten, ihre Gewinne weiter steigern können.
Wenn Politiker von der Krise reden, verschleiern sie damit nur die ungerechte Verteilung des Reichtums in Deutschland.
Die Wiedereinführung der Vermögensteuer erbrächte 15 Milliarden Euro. Die Wiedereinführung alleine der Steuer auf Gewinne aus Verkäufen von Unternehmensbeteiligungen würde Mehreinnahmen von 2,1 Milliarden Euro bringen. Eine allgemeine Angleichung der deutschen Unternehmenssteuern auf den Durchschnitt der großen Industrieländer (OECD-Staaten) würde 30 Milliarden mehr Steuern erbringen.
Die Besteuerung großer Vermögen ist die wichtigste Forderung, um die Zukunft unseres Sozialstaats zu sichern.

Weg mit Hartz IV

Der erste Januar 2005 wird ein schwarzer Tag für Arbeitslose und Beschäftigte gleichermaßen. An diesem Tag soll die nächste Stufe der neuen Arbeitsmarktgesetze (Hartz IV) in Kraft treten. Von 2,2 Millionen Beziehern von Arbeitslosenhilfe verlieren 800.000 jeglichen Anspruch auf Unterstützung. Das geht aus internen Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. Denn mit dem Arbeitslosengeld II tritt eine neue Regelung in Kraft, nach der unter anderem das Einkommen von Ehepartnern angerechnet wird. In Ostdeutschland verlieren 36 Prozent der bisher Berechtigten ihre Unterstützung, im Westen sind es 20 Prozent.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund rechnet damit, dass insgesamt 5 Millionen Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und ihre Familien noch ärmer werden. 500.000 Kinder werden in die Armut gestürzt, wenn das Arbeitslosengeld II eingeführt wird, erklärte der deutsche Kinderschutzbund. Schon jetzt leben 1 Million Kinder in Armut. Zudem wird die Zahl der Sozialhilfeempfänger rasant steigen: von 2,8 Millionen auf 4,5 Millionen.
Auch Menschen, die noch beruftätig sind, werden von Hartz IV betroffen. Arbeitslose können künftig gezwungen werden, Arbeit auch weit unter Tariflohn anzunehmen. Die Schröder-Regierung schafft so einen Niedriglohnsektor, der Druck auf die Tariflöhne ausübt.
Aus diesem Grund ist die Forderung „Weg mit Hartz IV“ für Beschäftigte wie Arbeitslose gleichermaßen wichtig.

Weg mit Praxisgebühren und Zuzahlungen

Millionen Menschen haben die Auswirkungen der Gesundheitsreform am eigenen Leib zu spüren bekommen. Wegen der Praxisgebühr und der Zuzahlungen zu Medikamenten ist die Zahl der Arztbesuche drastisch gesunken – um durchschnittlich zehn Prozent. Das berichtet die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). In armen Stadtteilen, wie zum Beispiel Berlin-Neukölln, sind die Arztbesuche sogar noch stärker zurückgegangen.
Besonders besorgt sind Kinderärzte, weil „Eltern aus sozial schwachen Familien auf notwendige Behandlungen ihrer Kinder verzichten“. Das sagte der KBV-Sprecher Roland Stahl. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) beklagt, dass auch die Zahl der Impfungen gegen Masern, Rötel und Mumps um knapp ein Drittel gesunken sei.
Auch Säuglinge werden zu wenig geschützt: Die Schutzimpfungen gegen Wundstarrkrampf , Keuchhusten und Hirnhautentzündung seien um 10 Prozent zurückgegangen.
Damit Gesundheit nicht nur für Reiche zu haben ist, müssen diese Kürzungen zurückgenommen werden.

Keine Rentenkürzungen

Arm im Alter – in Schröders Deutschland Normalität. Die meisten alten Menschen brauchen eine Rentenerhöhung. Über die Hälfte der Rentnerinnen muss mit weniger als 257 Euro im Monat auskommen. Bei den Männern ist es jeder zehnte. Weniger als 767 Euro erhalten 97 Prozent der Frauen und 58 Prozent der Männer. Die Verzweiflung unter alten Menschen ist schon jetzt groß. Jeder dritte Selbstmörder ist älter als 60 Jahre.
Rot-Grün reicht diese Abzocke aber nicht. Seit Ende März bekommen alle Rentner ihr Geld erst einen Tag später ausgezahlt als bisher. Künftig erfolgt die Auszahlung erst am letzten Banktag des Monats.
Dieser Beschluss ist Teil des rot-grünen Kürzungspaketes und soll dem Bund jährliche Zinsgewinne von rund 14 Millionen Euro bringen. Zudem plant die Regierung, bestimmte Ausbildungsjahre ab 2009 nicht mehr steigernd auf die Rentenhöhe anzurechnen.
Das würde die Altersarmut verschärfen. Deshalb sagen wir: keine Rentenkürzungen.

Schluss mit Privatisierung

Bund, Länder und Kommunen verkaufen öffentliches Eigentum – zum Schaden der Allgemeinheit. Die Konzerne umkreisen die öffentlichen Dienstleistungen wie die Haie – schließlich ist dort Geld zu verdienen. Allein der Gesundheitsbereich entspricht einem globalen Markt von jährlich rund 3500 Milliarden US-Dollar.
Die Gier der Konzerne bezahlen wir – mit schlechteren Diensten. Investoren wollen Geld machen, und so zahlen wir in den meisten anderen Branchen spürbar mehr, wenn bei Gesundheit, im Nahverkehr oder in den Schwimmbäder der ungehemmte Markt regiert.
Das Angebot wird drastisch heruntergefahren. Beispiel Post: Die Deutsche Bundespost hatte 1994 noch 30.000 Filialen. Heute betreibt die Deutsche Post AG noch 12.700. Von den ehemals 380.000 Arbeitsplätzen sind bis 2002 nur 230.000 übrig geblieben.
Beispiel Bahn: Die Privatisierung vernichtet Arbeitsplätze. Das ist die Erfahrung der Bahnarbeiter seit 1994. Von den ehemaligen 325.000 Arbeitsplätzen gingen bisher 130.000 verloren.
Öffentliche Dienste gehören in die Hand der Öffentlichkeit und nicht in die Hände der Konzerne.

Keine Verlängerung der Arbeitszeit

Sowohl Arbeitgeber als auch Regierung fordern längere Arbeitszeiten – wir sollen 40 Stunden oder noch länger arbeiten. Nach einer Studie der Gewerkschaft IG Metall wären bei einer generellen Rückkehr zur 40-Stunden-Woche 435.000 Arbeitsplätze gefährdet. Wer seinen Job behält, müsste die Arbeit der Entlassenen mit erledigen.
Die Unternehmer wollen, dass länger gearbeitet wird, obwohl der technische Fortschritt und die steigende Produktivität es ermöglichen, in immer kürzerer Zeit immer mehr zu produzieren. 2000 wurden in Deutschland 3 Milliarden Arbeitsstunden weniger geleistet als 1991. Trotzdem ist die Produktion gestiegen.
Der wahre Grund für de Verlängerung der Arbeitszeiten ist die Profitgier der Bosse. Jeder Arbeiter verbringt nur einen Teil seines Arbeitstages damit, Waren und Dienstleistungen herzustellen, deren Wert der Höhe seines Lohn entspricht. Den Rest der Zeit müssen wir für den Kapitalisten arbeiten. Wir erhöhen damit den Profit, den sich der Boss in die Tasche steckt.
Deshalb versuchen die Bosse ständig, den Teil des Arbeitstages zu verlängern, an dem wir für sie Profit produzieren. Dafür bezahlen die Arbeiter: Während die beschäftigten Arbeitnehmer sich überarbeiten, kommen die Arbeitslosen nicht mehr in Lohn und Brot.

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