Ein Castro macht noch keinen Sozialismus

Unser Leser Karl Strand schrieb uns letzte Ausgabe und sagte: „Karl Marx hätte die Revolution auf Kuba begrüßt, obwohl sie von seiner Theorie abweicht.“

Marx hätte tatsächlich über die Vertreibung des korrupten kubanischen Batista-Regimes 1959 gejubelt. Marx war gegen jede Unterdrückung. Die Menschen in Kuba waren unterdrückt, vor allem von der US-amerikanischen Regierung und Konzernen. Seit 1924 waren zwei Drittel der kubanischen Zuckerproduktion im Besitz US-amerikanischer Firmen.

Während die Rohstoffe ausgebeutet wurde, lebten die Kubaner in bitterer Armut. Die Landarbeiter mussten meistens Baumrinde essen oder verhungern und fanden nur während der Ernte Arbeit. Als die Guerilla-Kämpfer um Fidel Castro und Che Guevara in der Hauptstadt Havanna einzogen und das Regime stürzten, jubelten die Kubaner und alle Linken weltweit.

Marx wäre bis heute auf Seite der Kubaner gestanden, während die US-Regierung mehrmals mit einer Invasion drohte und die Menschen mit einem Wirtschaftsembargo aushungerte. Zurzeit müssen die Iraker erleben, wie furchtbar die Besatzung der US-Armee ist. Die Verteidigung der Kubaner gegen diese Bedrohung ist Teil der Politik von Linksruck.

Marx hätte jedoch nie behauptet, dass Castros Diktatur sozialistisch sei. Das glauben jedoch viele Linke.
Castro hat nach seiner Machtübernahme die Konzerne verjagt und die Plantagen und Industrien verstaatlicht. Er hat das vorher kaum vorhandene Gesundheits- und Bildungssystem aufgebaut. Deshalb nannte er Kuba sozialistisch.

Doch Verstaatlichung und ein Sozialsystem machen noch keinen Sozialismus. Reichskanzler Bismarck hat Ende des 19. Jahrhunderts die Eisenbahn verstaatlicht, um die Macht des preußischen Staates ausweiten. Doch Bismarck war kein Sozialist.

Sozialismus, wie Marx und heute Linksruck ihn verstehen, bedeutet, dass die Mittel zur Produktion des Reichtums von der gesamten Bevölkerung kontrolliert werden und nicht von einer kleinen herrschenden Gruppe. Heute kontrollieren einige zehntausend nicht gewählte Vorstände und Manager den größten Teil des Reichtums weltweit. Die Arbeiter haben keine Kontrolle.

Im Ostblock kontrollierten Partei- und Staatsapparat die Wirtschaft. Auch hier hatte die Bevölkerung nichts zu sagen. Auch in Kuba beherrschen Castro und seine Vertrauten die Produktionsmittel – auch hier ohne Mitsprache der Kubaner.

Schon bei der kubanischen Revolution haben die meisten Menschen keine Rolle gespielt. Die Guerilla hat das Batista-Regime allein gestürzt. Genauso stellvertretend regiert Castro seitdem als „Übervater“, der den angeblichen Sozialismus per Diktatur vorschreibt. Wenn die Kubaner Forderungen erheben, werden sie unterdrückt. Freie Gewerkschaften sind verboten. Die Arbeiter haben kein Streikrecht. Es gibt keine freien Wahlen. Auch im Privatleben werden die Kubaner unterdrückt: Die Regierung diskriminiert Lesben und Schwule.

Wie Sozialismus tatsächlich aussehen könnte, hat schon Marx überlegt. Er schrieb über die Pariser Kommune 1871, wo die Arbeiter und Armen zwei Monate Paris beherrschten. Alle wirtschaftlichen Entscheidungen wurden demokratisch abgestimmt. Wenn die Arbeiter mit ihren Abgeordneten nicht zufrieden waren, konnten sie sie jederzeit absetzen.

Die Armee wurde abgeschafft und durch Arbeitermilizen ersetzt. Gewerkschaften wurden erlaubt und zum ersten Mal sicherten Tarifverträge das Auskommen der Arbeiter über wirtschaftliche Schwankungen hinweg. Fabriken, die wegen der Flucht der Besitzer geschlossen waren, wurden wieder eröffnet und an Arbeitergenossenschaften übergeben.

Die Kommune veränderte das Leben der Menschen und die Atmosphäre in der Stadt. „Niemals hatte Paris eine so vollkommene Ruhe genossen und niemals war es in materieller Hinsicht so wenig gefährdet. Es gab keine Gendarmen, keine Richter und keine einzige Straftat! Alle achteten selbst auf ihre Sicherheit und auf die Sicherheit der anderen“, so der Geschichtswissenschaftler Arthur Arnould.

Die Pariser Kommune war wesentlich demokratischer als der heutige Kapitalismus und die Regierung Castros. Eine solche Gesellschaft gibt es noch nicht. Aber es lohnt sich, dafür zu kämpfen.

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