Vera Ansbach, Berlin

Wie Herbert Baum mit seiner kommunistischen Jugendgruppe Widerstand leistete.

1941 lebte ich in der Emigration in England. Von dem Tag an, an dem ich dort meinen Mann kennen lernte, lernte ich indirekt auch Herbert Baum kennen. Er war ein enger Jugendfreund meines Mannes, gemeinsam haben sie in einer Widerstandsgruppe zusammengearbeitet.

Herbert Baum, 1912 in einer jüdischen Familie geboren, den Ersten Weltkrieg als Kind erlebt, Inflation, Weimarer Zeit, Weltwirtschaftskrise, das waren seine ersten politischen Eindrücke.

Mein Mann und Herbert sind 1929 in den Kommunistischen Jugendverband eingetreten, ebenso wie Herberts spätere Frau Marianne.

Seine Freunde fand er unter gleich gesinnten jungen Menschen, die – wie er – das Menschen verachtende Wesen des Faschismus erkannten. Als 1933 die Nazis an die Macht kamen, machte er erst recht den Widerstandskampf zu seinem Lebensinhalt. Er hatte schon einige Zeit Kindergruppen jüdischer Jugendverbände betreut. Noch immer wurde Sport und Spiel betrieben. Doch fortan wurde –besonders am Lagerfeuer– über den Faschismus, seine Ursachen und Auswirkungen gesprochen. Manche der Heranwachsenden wurden hier für ihr ganzes Leben geprägt.

Herbert Baum war schon seit 1933 Mitglied der Leitung des Unterbezirk Berlin-Südost des Kommunistischen Jugendverbandes. Zwischen dessen Schulungskreis und anderen Widerstandsgruppen entwickelte sich unter maßgeblicher Beteiligung von Herbert Baum eine enge Zusammenarbeit und teilweise Verflechtung. Für den Zeitraum bis 1937 sind mehr als 40 Namen aus diesen Verbänden bekannt; bis 1941 wurden es mehr als 50, obwohl nach den ersten Verhaftungen und Zuchthausurteilen 1934 und der zweiten großen Verhaftungswelle 1936 sowie wegen ihrer Flucht aus Deutschland eine Reihe von jüdischen Widerstandkämpfern ausgefallen waren.

Neben der Schulungsarbeit ging man jetzt mehr und mehr zu Aktionen in der Öffentlichkeit über. Flugzettel wurden verstreut, Flugblätter in Briefkästen gesteckt, Aufrufe geklebt. Um ein Beispiel zu nennen: Die Regierung hatte zur Vertuschung ihrer eigenen Kriegspläne die Gefahr feindlicher Luftangriffe verkündet und eine nächtliche Verdunkelung befohlen. Als die Menschen morgens zur Arbeit eilten, konnten sie Dutzende von Polizisten beobachten, die von den Mauern des Polizeipräsidiums mühsam Klebeblätter abkratzen, auf denen zu lesen war: „Heute noch bloße Übung – morgen schon bitterer Ernst“.
Und die Freude von Herbert und seinen Freunden, die aus der Ferne zuschauten!

Jung waren sie, mutig, manchmal bis zum Leichtsinn, und bei allem Ernst in der Einschätzung der Lage und der Entwicklung hin zum Krieg versuchten sie, doch dem Leben noch etwas Fröhliches abzugewinnen.

Der Höhepunkt der Widerstandsarbeit von Herbert Baum und seinen Freunden war ein geplanter Brandanschlag auf die am 8. Mai 1942 im Berliner Lustgarten eröffnete anti-sowjetische Propagandaausstellung „Das Sowjetparadies“. Der Anschlag wurde am 18. Mai 1942 durchgeführt, doch er misslang. Dennoch war er ein Fanal. Ein Bericht darüber gelangte in eine Schweizer Zeitung und danach in die ganze Welt! Aber die Brandleger wurden gefasst, nur ganz wenige der Gruppe überlebten das Nazi-Regime.

Im Berliner Lustgarten gibt es einen Gedenkstein für die mutigen jüdischen und nichtjüdischen Widerstandskämpfer. In einen Stein auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee sind unauslöschlich die Namen von 28 von ihnen eingekerbt.

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