Der nächste Schritt

Die weltweiten Antikriegsproteste haben den Kriegstreibern einen harten Schlag versetzt. Die Friedensbewegung muss jetzt nachsetzen.Es war ein historischer Tag. Über 10 Millionen Menschen gingen am 15. Februar weltweit gegen US-Präsident Bushs Krieg im Irak auf die Straße. In London fand die größte politische Demonstration Großbritanniens statt – 2 Millionen demonstrierten gegen Premierminister Blairs Kriegkurs.

In Spanien war jeder sechste Einwohner auf der Straße. In Washington demonstrierten trotz Verbots hunderttausende.

Die Proteste haben die Kriegstreiber überrascht und erschüttert. Der britische Außenminister Straw hat zugegeben, dass es ein Problem ist, den Krieg gegen die Mehrheit der Bevölkerung zu führen. Sogar ein Rücktritt Blairs, dem wichtigsten Verbündeten von Bush, ist möglich.

Doch so gewaltig die Proteste waren – die Kriegsgefahr besteht weiter. Die Bush-Regierung will sich vom UN-Sicherheitsrat in den nächsten Wochen einen Freibrief zum Krieg holen. Die US-Regierung versucht, arme Länder im UN-Sicherheitsrat zu erpressen und mächtige Staaten mit einer Beteiligung an der Beute aus dem Irak-Feldzug zu ködern

Deshalb muss die Bewegung gegen den Krieg weitergehen – auch hier in Deutschland. Die Demonstration am 15. Februar hat dafür eine hervorragende Ausgangsposition geschaffen. Mindestens eine halbe Million Menschen demonstrierten in Berlin – die größte Friedensdemonstration in Deutschland seit Jahrzehnten.

Gewerkschafter protestierten zusammen mit muslimischen Organisationen, Globalisierungskritiker mit den Grünen. Der Protest war so breit, dass selbst Kriegstreiber-Zeitungen wie Bild zugeben mussten, dass hier der Wille der Bevölkerung demonstriert wurde.

Leider sagen die rot-grünen Parteivertreter in der Friedensbewegung, dass die Demonstration am 15. Februar ein einmaliger Höhepunkt gewesen sei und weitere Proteste nicht nötig seien. Sie halten die Demonstration für eine Unterstützung von Kanzler Schröders angeblicher Antikriegspolitik.

Es wäre jedoch ein großer Fehler, wenn die Antikriegsbewegung jetzt von den Straßen verschwände. Denn Kriegsgegner, die sich auf Schröder und Außenminister Fischer verlassen, sind verlassen.

Nur zwei Tage nach der Demonstration unterzeichnete Schröder beim EU-Sondergipfel eine Erklärung, in der "Krieg als letztes Mittel" befürwortet wird. Deutsche Soldaten spähen in AWACS-Flugzeugen Bombenziele im Irak aus. Deutschland liefert Luftabwehrraketen an die Türkei, weil sie angeblich vom Irak bedroht sei. In Wahrheit stehen 80.000 türkische und 40.000 US-amerikanische Soldaten bereit, um von der Türkei aus in den Irak einzufallen. Die deutschen Raketen würden ihnen dabei helfen.

Noch immer sind deutsche Panzer mit Kriegsbesatzung in Kuwait und deutsche Kriegsschiffe vor Somalia. Und der US-Armee-Aufmarsch in den Nahen Osten läuft Tag und Nacht über Deutschland. "Truppen fluten durch die Rhein-Main-Airbase" protzt die US-Luftwaffe.

Dort berichtet ein für den Material-Transport zuständige Soldat McGreevy: "Ich bin seit 13 Jahren bei der Luftwaffe und habe noch nie soviel gearbeitet." Statt wie früher ein Dutzend verlassen heute täglich 40 voll beladene Maschinen den Militärflughafen – alle in den Nahen Osten. Niemand aus der deutschen Regierung hat bisher ein Ende der Kriegsvorbereitungen in Deutschland gefordert. Die Regierung redet zwar von Frieden, unterstützt Bushs Krieg aber praktisch weiter. Zur Sperrung Deutschlands für Krieg führende Armeen müssen wir Schröder zwingen.

Deshalb müssen wir weiter auf die Straße gehen. Tatsächlich waren letzte Woche wieder zehntausende Kriegsgegner auf der Straße – in Leipzig, Mannheim, Frankfurt, Nürnberg und vielen anderen Städten.

Die große Demonstration in Berlin hat bewiesen, dass der Widerstand gegen den Krieg aus allen Bevölkerungsgruppen kommt. Jetzt muss dieser Widerstand überall ausgebreitet werden: Montagsdemonstrationen können wie schon während der Wende im Osten 1989 zu regelmäßigem großem Protest ausgeweitet werden. An vielen Schulen werden bereits Streiks gegen den Krieg vorbereitet. In Nürnberg hat schon einer stattgefunden. Jeder Schüler sollte an seiner Schule versuchen, einen Streik durchzusetzen.

Auch viele Gewerkschafter haben in Berlin demonstriert. Sie können den Protest zurück in die Betriebe und Büros tragen. Vom Personalrat der Uni-Klinik Tübingen gibt es eine Initiative zu einem Streik am ersten Tag des Krieges. In Italien haben sich schon zahlreiche Gewerkschaften einem ähnlichen Aufruf angeschlossen. Jeder Arbeiter und Angestellte sollte in seinem Betrieb, in seiner Gewerkschaftsgliederung einen Streik gegen den Krieg vorschlagen.

Wie dürfen Bush nicht in Ruhe seinen Krieg führen lassen – und die deutsche Regierung darf ihn dabei nicht in Ruhe unterstützen.

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