Der Kampf gegen den Sparsenat

Die Angestellten der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) wollen unbefristet streiken, damit die Regierung sie nicht für die Schulden des Landes bezahlen lässt. Sarah Nagel sprach mit dem BVG-Arbeiter und Gewerkschafter Erdogan Kaya.

Warum Berlin pleite ist

1994 hat die Berliner Landesregierung die Bankgesellschaft Berlin (BGB) gegründet und über sie mit riskanten Geschäften Milliarden Euro verloren. Unter anderem hat Klaus Landowsky, der damalige Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende und führende Angestellte der BGB, 1995 Schmiergeld genommen. Dafür vergab die BGB einen Kredit von umgerechnet über 300 Millionen Euro an eine fast bankrotte Immobilienfirma.
Als die BGB 2001 fast pleite war, übernahm der Senat ihre Schulden in Höhe von 21,6 Milliarden Euro. Seitdem muss Berlin dafür jährlich 300 Millionen Zinsen zahlen. Dafür wurden allein 2003 150 Millionen im Sozialbereich gestrichen.

7500 Angestellte der BVG haben am 24. Mai sieben Stunden gestreikt, um den Berliner SPD/PDS-Senat unter Druck zu setzen. Denn der weigert sich, den ausgehandelten Tarifvertrag zu unterschreiben, obwohl die Arbeiter der Kürzung ihrer Löhne zugestimmt haben.

„Der Tarifvertrag beinhaltet 50 Millionen Euro Lohnkürzung für die Beschäftigten pro Jahr und das Urlaubsgeld wird gestrichen. Aber das reicht dem Senat nicht“, erklärt Erdogan Kaya, im Betrieb Vertrauensmann der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Die Regierung will bei der BVG jährlich 60 Millionen kürzen.

Auch nach dem Streik hat der Senat den Vertrag nicht unterschrieben. Jetzt planen die Angestellten eine Urabstimmung über einen unbefristeten Streik. „Wir haben genug geblutet“, meint Erdogan. „Wir werden so lang streiken, bis der Senat unterschreibt“.

Die Regierung will die BVG-Kollegen dafür zahlen lassen, dass sie sich verschuldet hat. „Jeder gesparte Cent soll die Löcher im Berliner Haushalt füllen“, sagt Erdogan.

„Berlin ist hoch verschuldet, aber diese Schulden haben nicht die Beschäftigten verursacht, sondern der Bankenskandal der Regierung. Täglich zahlt der Senat 12 Millionen an die Banken. Was wir jährlich einsparen sollen, wären fünf dieser Zahlungen.“

Die Regierung droht, die BVG zu privatisieren, falls die Angestellten keine weiteren Kürzungen hinnehmen. Die Zerschlagung der Gesellschaft könne „ein sinnvoller Weg sein“, behauptet Finanzsenator Wolf.

Seit Jahren privatisiert das Land Berlin Betriebe und entlässt dabei tausende Menschen. 2003 hat Berlin als erstes Land den Flächentarifvertrag des öffentlichen Dienstes gekündigt. Ver.di hat nichts dagegen getan.

Die Kollegen der BVG beginnen den unbefristeten Streik wahrscheinlich nach den Sommerferien ab 8. August. „Wir können gewinnen“, meint Erdogan, „aber dazu brauchen wir die Unterstützung anderer Betriebe.“

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.