Das Jahr des Durchbruchs

Der Linksblock in Portugal ist eine der erfolgreichsten Parteien der neuen Linken in Europa. Im Linksruck Aktivisten des Linksblocks stellen ihre Organisation vor.


Treffen des Linksblocks in Lissabon: Die Partei hat von allen portugiesischen Parteien die jüngste Mitgliedschaft

2005 war das Jahr des Durchbruchs für den Bloco des Esquerda, den portugiesischen Linksblock.

Bei den Parlamentswahlen im Februar erhöhte die Partei ihren Stimmanteil von 2,7 auf 6,4 Prozent. Im Parlament hat sie acht Abgeordnete.

Bei den jetzt stattgefundenen Kommunalwahlen verdreifachte der Linksblock seine Stimmen.

Die Partei wurde 1998 von radikalen Linken gegründet und hat in den letzten Jahren zahlreiche enttäuschte Sozialdemokraten und Kommunisten als Unterstützer gewonnen. Sie hat 4000 Mitglieder, bei einer Bevölkerungszahl Portugals von 10 Millionen.

Die Partei fordert die Besteuerung der Reichen, ein Beschäftigungsprogramm für mehr Arbeit und die Legalisierung von Abtreibung.

Ihre Aktivisten sind in Kampagnen aktiv, um diese Ziele durchzusetzen. Dazu mobilisierte der Linksblock zu den großen Treffen der globalisierungskritischen Bewegung, zum Beispiel zum Europäischen Sozialforum.


Fernando Rosas ist einer der bei der Parlamentswahl im Februar neu gewählten Abgeordneten für Setubal. Dieses Industriegebiet im Süden Portugals war eines der Zentren der Revolution von 1974-75, die die Militärdiktatur stürzte. Jetzt gehört Setubal zum Kernland des Linksblocks.
„Setubal ist ein sozialistisches Arbeitergebiet, wo in der Vergangenheit die wichtigsten Fabriken standen“, erklärt Fernando. „Es steht politisch wie geographisch links vom Tejo Fluss. Früher gewann die Kommunistische Partei alle Wahlen und führte die Kommunalregierung. In den 1980ern wurde das Gebiet ziemlich deindustrialisiert, und viele Fabriken schlossen ihre Tore. Die Arbeitslosigkeit stieg an, aber die linke Tradition blieb bestehen.
Immer mehr Menschen arbeiten hier im Dienstleistungsbereich. Sie sind meist jung und bekommen keinen Arbeitsvertrag. Sie sind keine Industriearbeiter, aber sie haben ein sehr hartes Leben.
Diese Leute waren entscheidend dafür, dass wir unseren Stimmenanteil in Setubal von vier auf zehn Prozent erhöhen konnten.
Wir müssen sicherstellen, dass diese Menschen sich von uns vertreten fühlen. Wir müssen auf den Straßen, in den Fabriken, den Dörfern präsent sein und nahe dran an den Problemen der Leute. Die Aufgabe eines Abgeordneten in so einem Wahlkreis ist es, zu agitieren und die Menschen zu organisieren. Wir müssen Ortsgruppen des Linksblock auch da aufbauen, wo wir bislang noch nicht präsent sind.“

Antonio Chora ist der Koordinator des Arbeiterkomitees des Volkswagenwerkes Autoeuropa in Setubal. In diesem Werk arbeiten 3000 Menschen. Es ist Portugals wichtigste Fabrik.
Antonio berichtet Linksruck: „Die Kandidaten des Linksblocks gewannen sieben von elf Sitzen in dem Arbeiterkomitee des Werkes. Das ist jetzt zum zweiten Mal in Folge passiert. Wir versprechen, für die bestehenden Rechte der Arbeiter zu kämpfen und neue zu erstreiten, wenn das möglich ist. Im Moment kämpfen wir um eine Verhinderung des geplanten Stellenabbaus. Die Arbeiter haben uns gewählt, weil sie Vertrauen in die Leute auf unserer Liste haben.
Der größte Sieg des Komitees ist, dass nur ein Prozent der Angestellten einen befristeten Arbeitsvertrag haben. Der Rest ist unbefristet. Dieses Werk ist das einzige multinationale in Portugal, wo das so ist.
Wenn wir uns in Verhandlungen mit den Bossen begeben, diskutieren wir alle Themen vorher mit der Gewerkschaft in der Fabrik und verteilen die Tagesordnung an jeden Arbeiter. Danach veranstalten wir eine Versammlung in jeder Schicht.
Erst nachdem die Arbeiter gesagt haben, welche Veränderungen sie wollen, treten wir mit den Bossen in Verhandlung. Und wir berichten den Arbeitern immer genau, was erreicht worden ist. Anschließend gibt es eine geheime Abstimmung unter den Arbeitern darüber, ob sie die Verhandlungsergebnisse akzeptieren wollen. Wir unterzeichnen nur, falls es eine Mehrheit für die Abkommen mit dem Management gibt.“

Alice Pinho ist 21 Jahre alt und Mitglied des Linken Blocks: „Junge Menschen kommen zum Linksblock wegen seiner neuen Ideen. Der Block setzt sich als einzige Partei für die Legalisierung der Abtreibung und weicher Drogen ein. Leute verstehen jetzt, was Frauen durchmachen. Wir haben das Gefühl, kämpfen zu müssen, und wir haben den Linksblock gewählt, weil er dafür das wirksamste Mittel ist.
Er zeigt viel Phantasie dabei, junge Leute mit seinen Aktionen und Werbespots anzusprechen. Junge Menschen, die kämpfen wollen, gehen zu den Treffen des Linksblocks.“

Alice Brito ist Anwältin in Setubal und Mitglied des Landesvorstandes des Linken Blockes: „Ich verteidige Frauen, die wegen einer Abtreibung, die in Portugal immer noch verboten ist, angeklagt werden. Der Linksblock hat Demonstrationen vor den Gerichten organisiert, um gegen die Kriminalisierung von Frauen zu protestieren.
Der Linksblock drängt die Regierung zu einer Volksabstimmung über das Recht auf Abtreibung. Er ist die einzige Partei in Portugal, wo Frauen deutlich ihre Anliegen aussprechen können.“

Alvaro Arranja ist Geschichtslehrer: „Ich war zehn Jahre lang, von 1985 bis 1995, Mitglied der Sozialistischen Partei, als die Konservativen an der Macht waren. Ich bin ausgetreten, als die Sozialisten an die Regierung kamen.
Hunderte von Wählern der Sozialistischen Partei haben bei den letzten Wahlen den Linksblock gewählt. Die regierenden Sozialisten greifen jetzt die Pensionen der Angestellten des öffentlichen Dienstes an. Viele Menschen setzen ihre Hoffnungen auf Widerstand gegen diese Maßnahmen in den Linksblock.
Der Block kämpft auch um die Rechte der Einwanderer. Um diese Fragen kümmert sich keine der anderen Parteien.“

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