Präsidentschaftswahl in Frankreich: Linke weit unter ihren Möglichkeiten

Die gute Nachricht vom ersten Wahlgang des Präsidentschaftswahlkampfes ist, dass der Nazikandidat Le Pen, anders als beim letzten mal, nicht in die Stichwahl einziehen wird. Le Pen hat trotz gestiegener Wahlbeteiligung (von 74% 2002 auf diesmal über 84%) eine Million Stimmen im Vergleich zum ersten Wahlgang vor 5 Jahren verloren und sackte von 17% auf 10,5% der Stimmen ab. Daten über die Wählerwanderungen liegen noch nicht vor, aber es ist anzunehmen, dass Le Pen viele Stimmen an den Konservativen Sarkozy abgegeben hat, der seinen Wahlkampf mit einem rechten Law and Order Profil führte. Mit einem Abstand von 1,5 Millionen Stimmen zu Sarkozy hat die Kandidatin der Sozialistischen Partei, Royal, das zweitbeste Ergebnis dieser Wahl erzielt. Die Konservativen und die Sozialdemokraten sind auch die Hauptprofiteure der gestiegenen Wahlbeteiligung: beide konnten die Zahl der abgegebenen Stimmen für sich verdoppeln und hievten die jeweiligen prozentualen Anteile um 10% nach oben: Sarkozy 31% (Chirac 2002: 20%); Royal 25,8% (Jospin 2002: 16%).

Die radikale Linke hat dagegen insgesamt sowohl prozentual als auch in absoluten Zahlen an Stimmen verloren. 2002 kamen die drei Kandidaten (LCR + LO + PCF) links der Sozialdemokratie mit 3,8 Millionen abgegebenen Stimmen auf 13,2%. Diesmal gab es sogar vier Kandidaten (zusätzlich: José Bové), die insgesamt jedoch nur 3,2 Mio. Stimmen, d.h. 8,8% auf sich vereinigen konnten. Unter den vier Kandidaten der radikalen Linken erzielte Oliver Besancenot von der LCR mit 1,5 Millionen Stimmen (4,1%) das mit Abstand beste Ergebnis. Im Vergleich zu 2002 wurden diesmal 300.000 Stimmen mehr für ihn abgegeben. Insgesamt hat es die radikale Linke jedoch nicht geschafft, sich bei den Wahlen als authentischer Motor der erfolgreichen Bewegungen gegen die EU-Verfassung und gegen das CPE zu behaupten. Das liegt daran, dass sich das breite antineoliberale Bewegungsbündnis nicht in einer gemeinsamen Kandidatur materialisiert hat, sondern in drei Kandidaturen zerfiel. Dadurch hat die Linke eine historische Chance vertan. Davon profitierte letztlich die Sozialistische Partei, die sich auch an den Protesten gegen das CPE beteiligt hatte, jedoch mit dem Programm ihrer Kandidatin Ségolène Royal keine soziale Alternative zum Neoliberalismus anzubieten hat.

Während also der konservative Kandidat Sarkozy erfolgreich rassistische Ressentiments (z.B. gegen Jugendliche aus den sozialen Brennpunkten) mobilisieren konnte, konnte die Sozialistische Partei (PS) den Hauptstrom der linken Stimmen auf ihre Kandidatin Ségolène Royal lenken. In der Stichwahl ruft die radikale Linke nun richtigerweise gegen Sarkozy zur Wahl von Royal auf. Die Lehren aus der vertanen Chance für einen Neuanfang muss sie allerdings noch ziehen.

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