Stichwort NeoliberalismusDer stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft IG Metall Jürgen Peters nennt Schröder zurecht "neoliberal". Denn er macht Politik für Konzerne. Das Wort "Neoliberalismus" entstand während der weltweiten Wirtschaftskrise Anfang der 70er. Der Begriff bezeichnet eine Politik, in welcher der Staat möglichst wenig in die Wirtschaft eingreifen soll. |
Rückblende: So wurde Kohl geschlagen
Der Kampf gegen die Kürzungen des ehemaligen CDU-Kanzlers Kohl haben gezeigt, dass Sozialabbau verhindert werden kann
Samstag, 15. Juni 1996, Bonn: 350.000 Gewerkschafter demonstrieren gegen die als "Sparpaket" getarnten Kürzungen der Kohl-Regierung. Es war die größte Gewerkschaftsdemonstration seit 1945.
Die Bosse hatten vom Kanzler schon länger gefordert, Arbeiterrechte deutlich einzuschränken. Die Verhandlungen der Gewerkschaften mit den Arbeitgebern im angeblichen "Bündnis für Arbeit" hatten nichts gebracht.
Der damalige Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) Henkel ließ es platzen und forderte: "Schluss mit der Salamitaktik", und stattdessen deutliche Einschnitte bei Sozialleistungen. Die CDU-FDP-Regierung folgte.
Ein wesentlicher Teil ihrer Pläne war die Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die 1957 Metallarbeiter erkämpft haben. Kaum war eine Fortzahlung von nur 80 Prozent erlaubt, wurde sie von vielen Unternehmern eingeführt, allen voran Daimler-Benz-Chef Schrempp.
Daimler-Arbeiter in Stuttgart sind es auch gewesen, die mit den "Wut-Streiks" (Bild) für die volle Lohnfortzahlung begonnen haben. Die Gewerkschaftsführung war völlig überrascht, denn der Streik wurde ohne sie von Betriebsräten begonnen.
Nach wenigen Tagen hat Schrempp aus Angst vor einer Ausweitung des Streiks nachgegeben und dem Beibehalten der vollen Lohnfortzahlung zugestimmt. Kurz darauf haben auch in Bayern 150.000 Metallarbeiter für den Erhalt der vollen Lohnfortzahlung gestreikt. Kohls Gesetz ist bedeutungslos geworden. In ganz Deutschland musste kein einziger Arbeitnehmer auf die Lohnfortzahlung von 100 Prozent verzichten.
"Das ganze ist ein Desaster", bewertete der damalige Vizepräsident des BDI Necker das Ergebnis für die Bosse. Die Zeitung Die Woche fasste zusammen: Stell dir vor, eine Regierung macht ein Gesetz und keiner wendet es an. Mit dem Lohnfortzahlungsdrama haben sich die Politiker so gut blamiert, wie es eben geht."
Kohl war mit einem wichtigen Teil seines Kürzungspakets am Widerstand der Arbeiter gescheitert. CDU, FDP und Unternehmerverbände beschimpften sich in den nächsten Jahren vor allem gegenseitig. Der Streik für den Erhalt der Lohnfortzahlung war der Anfang vom Ende der Regierung Kohl, die bei den nächsten Wahlen 1998 abgelöst wurde.