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Von der Revolution im Iran ist oft nur ein verzerrtes Bild übrig.
Daß das Regime des Schahs durch die Massen hinweggefegt wurde, ließ
sich aus der Geschichte nicht streichen. Aber der Umsturz wird als Terror
unter Führung fanatischer Islamisten dargestellt. Die wahre Geschichte
der iranischen Revolution ist ein Festival der Unterdrückten auf der
Grundlage von Arbeiterräten und Massenbewegungen. Wie konnte daraus
die Diktatur der Mullahs entstehen?
Der Iran galt einmal als Vorzeige-Entwicklungland. Öleinkünfte
ermöglichten ein riesiges Wirtschaftswachstum. Die Verhandlungsposition
der jungen iranischen Arbeiterklasse war so stark, daß jährliche
Lohnzuwächse von 30-50% möglich waren.
Ab 1975 gingen die Öleinnahmen zurück, was zu hoher Verschuldung
führte. Schließlich entstand eine Inflation, die die Iraner
mit dem Gesicht in den Dreck der Wellblechslums drückte.
Die Zahl der städtischen Armen explodierte. Es kam zu Zusammenstößen
zwischen Staatsmacht und demonstrierenden Studenten oder Slumbewohnern.
Trotzdem erklärte der Schah im Juni 1978: "Niemand kann mich stürzen.
Ich habe die Unterstützung von 700.000 Soldaten, eines Großteils
des Volkes und aller Arbeiter."
Das änderte sich grundlegend. Die Forderungen der Arbeiter, die
oft auf die Betriebe beschränkt gewesen waren, konnten immer seltener
erfüllt werden und neue Streikforderungen tauchten auf : "Beendigung
des Notstands" oder "Freilassung aller politischen Gefangenen".
Im September 1978 traten die mächtigen Ölarbeiter in den
Ausstand.
Sie kamen aus den Fabriken und versammelten sich millionenstark in
den Zentren der Industriestädte.
Die Flut stieg täglich. Medienarbeiter verhinderten regimetreue
Radio- und Fernsehsendungen. Eisenbahner weigerten sich, Militär zu
befördern. Die Arbeiter in den Atomkraftwerken streikten und erklärten:
"Die AKW sind dem Iran durch die Großmächte im Interesse des
Atomkrieges aufgezwungen worden."
Die Bosse verließen fluchtartig das Land.
Revolution
Die herrenlosen Fabriken wurden von den Arbeitern übernommen,
die in Schoras (iran.: Räte) die Produktion kontrollierten.
Am 16. Januar 1979 mußte der verhaßte Schah endlich das
Land verlassen. Euphorie breitete sich aus: Die Mengen warfen den Soldaten
Blumen zu und verbrüderten sich mit ihnen. Gemeinsam stürzten
sie die Statuen des Diktators.
Am 1. Februar kehrte Ajatollah Khomeini aus dem Exil zurück. Er
erklärte sich fünf Tage später zum Staatsoberhaupt. Der
Staatsapparat und das Militär kooperierten sofort, heilfroh, sich
gegen die Arbeiter zusammenschließen zu können.
Eine Doppelherrschaft war entstanden: die Macht über die Betriebe
lag bei den Schoras, aber die Macht über den Staat hielt Khomeini
in seinen Händen. Die Einmischung von Arbeitern in leitende Funktionen
wurde von der Regierung sofort für unislamisch erklärt.
Ein Shellarbeiter erzählt: "Die vom Staat ernannten Manager haben
die gleiche Einstellung wie die alten Manager. Die wissen, daß ihr
Schicksal besiegelt ist, wenn die Schoras ihre Macht behalten. Sie können
ihre arbeiterfeindliche Politik nicht direkt umsetzen; also bekämpfen
sie die Schoras erstmal auf der Grundlage des religiösen Glaubens."
Ende Februar erließ Khomeini Gesetze, die gegen die Frauen gerichtet
waren. Das Scheidungsrecht wurde allein den Männern zuteil, gleichzeitig
wurde ihnen die Polygamie erlaubt. Tag für Tag wurden Frauen aus neuen
Berufen verdrängt.
Am Frauentag, dem 8.März, wurde eine Gegendemonstration von Regierungstreuen
angegriffen. Die gesamte Linke ließ die Frauen im Stich und behauptete,
Frauenrechte seien nur "bürgerliche Forderungen". Die islamische Reaktion
erschien um so stärker, weil die Linke sich nicht wehrte.
Machtkampf
Doch so schnell kam der Sieg nicht. Als eine Arbeitslosendemonstration
von Khomeinis Revolutionsgarden zusammengeschossen wurde, besetzten Arbeiter
das Justiz- und das Arbeitsministerium. Einer von ihnen sagte: "Ich schlage
vor, daß wir an diesem Ort bleiben, bis dieses Ministerium der Bosse
zu einem Ministerium der Arbeiter wird. Werft uns nicht Ungläubigkeit
vor. Ihr erfüllt unsere Forderungen und wir werden 37 mal am Tag beten
statt 17 mal."
Auch die Demonstration am 1. Mai zeigte die Stärke der iranischen
Arbeiter. Eineinhalb Millionen Menschen marschierten sechseinhalb Stunden
lang. Ihre Banner trugen Slogans wie "Nieder mit den alten Arbeitsgesetzen
schreibt ein neues Gesetz unter Mitwirkung der Arbeiter!" oder "Schulen
für Kinder, nicht Kinderarbeit!"
Die Islamisten hetzten Schlägertrupps auf die Arbeiter. Die Linke
reagierte wieder nicht, weil sie argumentierte, daß sie nur eine
Minderheit seien. Also gelang es den Trupps, Parolen wie "Lang lebe der
Islam, Tod den Kommunisten!" zu rufen und Banner niederzureißen.
Die Guerilleros der Modschahedin fürchteten, man könne ihnen
Gegnerschaft zur islamischen Republik vorwerfen und blieben der Kundgebung
fern.
Schritt für Schritt drängte Khomeini mit religiösen
Argumenten seine Gegner zurück.
Doch bis zum Herbst stand der Iran im Zeichen der Revolution: Frauen
widersetzten sich massenhaft den Gesetzen, die Schoras arbeiteten weiter
und überall fanden Demonstrationen statt.
Niederlage
Im November ließ Khomeini die US-Botschaft in Teheran besetzen.
Er behauptete, damit den Kampf gegen den Imperialismus aufzunehmen.
Er appellierte an die nationale Einheit und erklärte damit alle
Aktivitäten, die der Regierungslinie widersprachen, für imperialistisch.
Alle linken Parteien akzeptierten dieses Argument. Sie fielen den Arbeitern
in den Rücken. Um das zu rechtfertigen, sagten sie, der Bewußtseinsstand
der Arbeiter sei zu niedrig die Schoras hätten bloß wirtschaftlichen
Charakter!
Als 1980 der Irak in den Iran einmarschierte, schlug Khomeini erneut
erfolgreich in die Kerbe der "nationalen Einheit".
Damit war der größte Teil der Opposition gebrochen. Die
Linke hatte sich von ihrer Unabhängigkeit verabschiedet.
Das war aber nicht unvermeidlich. Sie hätte auf Grundlage der
Schoras für die Übernahme der politischen Macht kämpfen
können. Einzig die politischen Fehler der Linken haben den Sieg der
Mullahs zu verantworten. Eine revolutionäre Bewegung braucht eine
politische Partei, die kompromißlos für die Macht der Arbeiter
kämpft.